
31.05.2011 / Social Media und die Sehnsucht, Gutes zu tun / Lesezeit: ~ 6 min
Autor/-in: Michael GersterMit 140 Zeichen die Welt retten
Blake Canterbury glaubt, dass Facebook und Twitter die Welt besser machen. Zumindest, wenn man sie richtig einsetzt.
Beremedy ist eine Organisation, die Menschen in Not mit denen zusammenbringt, die helfen können. Und zwar durch soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter. ERF Online hat mit Blake Canterbury über beremedy und die Möglichkeiten gesprochen, die sich für Hilfsorgansiationen durch die neuen Kommunikationskanäle ergeben.
ERF Online: Blake, wie bist du auf die Idee mit beremedy gekommen?
Als Kind und auch später als Jugendlicher ist mir in meinem Freundeskreis aufgefallen, wie groß der Unterschied zwischen denen ist, die viel haben und denen, die nur sehr wenig besitzen. Und wenn man zwölf Jahre alt ist, weißt man nicht, wie man den reichen Eltern seiner Freunde sagen kann, dass andere genau das brauchen, was sie besitzen. Das hat mir immer wieder zu schaffen gemacht. Und die Kluft zwischen Arm und Reich wurde zudem größer. Als ich später in die Großstadt zog, bin ich Menschen begegnet, die noch viel reicher waren als all diejenigen, die ich in meiner Kindheit für wohlhabend hielt. Zugleich habe ich aber auch Menschen getroffen, die kein Dach über dem Kopf hatten.
ERF Online: Wie ging es dann weiter?
Irgendwann entdeckte ich, welches Potenzial in sozialen Netzwerken steckt und dass man damit gleichzeitig Millionen von Menschen erreichen kann. Ich habe ich mich gefragt: Könnte man diese Medien einsetzen, um die Not von Menschen zu lindern? Wäre es möglich, hilfsbereiten Nutzern von Facebook und Twitter die Möglichkeit zu geben, schnell und unkompliziert anderen zu helfen? Ich habe dann ein Konzept entwickelt, das folgendermaßen aussieht: Wir gehen eine strategische Partnerschaft mit Hilfsorganisationen ein. Diese informieren uns über die Dinge, die sie brauchen und wir streuen das dann über die verschiedenen Medienkanäle. Der erste, der sich meldet und bei einer ganz konkreten Sache helfen will, bekommt den Zuschlag und darf spenden.
ERF Online: Worin genau unterscheidet sich euer Ansatz von dem anderer Hilfsorganisationen?
Im Grunde genommen wollen wir ein Kommunikationskanal für Hilfsorganisationen sein, um ihnen einen größeres Publikum und mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, damit sie ihre Botschaft verbreiten können. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es in jedem Dorf und in jeder Stadt genau die Ressourcen gibt, die es braucht, um die Probleme vor Ort zu lösen. Die Not muss nur in einer Art und Weise kommuniziert werden, dass Menschen die helfen können, diese Botschaft auch hören wollen. Für Hilfsorganisationen, die sie anrufen, an der Tür klingeln oder E-Mails schicken, sind diese Menschen nicht immer offen. Aber sie sind bereit, eine kurze Info über Twitter oder Facebook zu bekommen, der von jemandem berichtet, der in Not ist und der ihr Nachbar sein könnte. Davon werden sie sich ansprechen lassen.
ERF Online: Warum spenden manche Nutzer von Twitter und Facebook einfach so einen Kühlschrank? Warum kaufen andere sogar ein neues Bett, um einem Menschen in Not zu helfen?
Das liegt daran, dass eine Geschichte hinter jeder Anfrage steht. Menschen möchten mit einer Geld- oder Sachspende lieber einem anderen Menschen direkt helfen, als etwas bei einer großen Organisation abzuliefern. Im Grunde erzählen wir eine Geschichte und obwohl die Unterstützer den Hilfesuchenden in der Regel nie begegnen, haben sie doch das Gefühl, diese Leute zu kennen. Das ist das, was wir am häufigsten von Menschen hören. Wir fragen sie: Warum gebt ihr das uns und nicht einer anderen Organisation? Und die Antwort ist immer: „Es ist diese Geschichte. Ich habe das Gefühl, dass ich die Person kenne, der ich helfe.“ Ich glaube, es ist genau das: Zu wissen, dass man jemandem direkt und ganz unmittelbar hilft. Das tun Menschen einfach gerne.
ERF Online: Ihr habt Tausenden von Menschen geholfen. Gibt es eine Geschichte, die dich besonders berührt hat?
Wir bekommen meistens eine E-Mail, in der die Not eines Menschen geschildert wird. Ich habe nicht die Chance, jede Familie persönlich zu treffen. Aber es gab da eine Familie, die einen Kühlschrank brauchte. Es handelte sich dabei um eine alleinerziehende Mutter, deren Ehemann verstorben war. Sie trug die alleinige Verantwortung für ihren 40 Jahre alten Sohn mit Down-Syndrom und ihre Urenkelin. Sie wohnten in einem Haus, das im Prinzip nur aus einem einzigen Raum bestand. Badezimmer, Küche, Schlafzimmer – alles in einem großen Raum. Als wir ihr den Kühlschrank vorbeibrachten, den jemand für sie gekauft hatte, liefen ihr Tränen übers Gesicht. Sie erzählte, dass sie ihrem Sohn im Sommer kein kaltes Wasser geben konnte. Die Leitung gab nur lauwarmes Wasser her. Jetzt konnte sie etliche Becher Wasser in den Kühlschrank stellen, um ihrem Sohn auch im Sommer kühles Wasser zu geben. Das war nur eine Kleinigkeit, aber es hat ihr Leben verändert. Ihre Art, ihre Persönlichkeit, ihre Aufrichtigkeit – diese Geschichte bewegt mich immer noch.
ERF Online: Was motiviert dich bei deiner Arbeit?
Ich glaube, wir haben es hier mit einer Riesenchance zu tun. Ich habe die Hoffnung, dass wir Menschen auf eine Art und Weise helfen können, wie das bisher nie geschehen ist. Und das motiviert mich. Jedes Mal, wenn wir einer Person helfen, verbinde ich damit die Hoffnung, dass das für die anderen Millionen Menschen, die Hilfe brauchen, auch funktioniert. Die Hoffnung, dass an jedem Tag einem Menschen ganz konkret geholfen wird und alles ein bisschen besser wird, das motiviert mich. Das ist der Grund, warum ich jeden Morgen aufstehe.
ERF Online: Welche Rolle spielt dein Glaube?
Die Bibel sagt: Kümmere dich um die Witwen, die Waisen und die Armen. Das sind die Menschen, die tagtäglich durch beremedy Hilfe erhalten. Und wir verlangen auch im Gegenzug nichts dafür. Wenn du jemandem auf dieser Ebene hilfst, habe ich das Gefühl, dass du eine echte Beziehung beginnst. Und dann kannst du auch über andere Dinge reden. Dinge, die auch irgendwann das Gespräch auf Gott kommen lassen. Es fängt also alles damit an, dass ich nach den Prinzipien lebe, die sich aus meinem Glauben ergebe.
ERF Online: Beremedy ist eine sehr neue Organisation. Was sind die Herausforderungen für die Zukunft?
Die Herausforderung wird definitiv darin bestehen, das Ganze auszubauen und das Modell auf ganz Amerika zu übertragen und es eventuell sogar weltweit anzubieten.
ERF Online: Manche Menschen meinen, dass es bei Facbeook und Twitter nur um oberflächliche Tweets und Status-Updates geht, die selten über den Gehalt eines Marmeladenbrotes hinausgehen. Du siehst mehr Potenzial in Social Media.
Auf jeden Fall. Die Oberflächlichkeit, die du ansprichst, ist genau der Grund, warum wir so viel Beachtung finden. Ich habe immer gesagt, dass es bislang bei Facebook darum geht, von jenem besagten Marmeladenbrot zu erzählen. Und letztlich interessiert das doch keinen. Aber sobald in meinem Nachrichtenfeed neben dem Marmeladenbrot plötzlich steht: "Ein Schüler der Mittelstufe braucht ein paar Schuhe“ und du hast genau ein Paar in deinem Schrank stehen, das du nicht brauchst, dann empfindest du so etwas wie Sinnhaftigkeit in dieser Nachricht. Ich denke, das ist der Grund, warum wir so erfolgreich sind. Wir bringen Sinn und Relevanz in den Social-Media-Bereich. Das hat es in dem Umfang bisher nicht gegeben
ERF Online: Du bist überzeugt, dass Menschen auf der Suche nach sinnvollen Konversationen in Facebook sind?
Ja, wobei ich nicht der Ansicht bin, dass Menschen diese Medien bewusst nutzen, um sinnerfüllte Konversationen zu führen. Aber sobald sie dort etwas von Bedeutung sehen, übt das eine ungeheure Anziehungskraft aus, der sie nicht widerstehen können.
ERF Online: Blake, vielen Dank für das Gespräch und dir und beremedy alles Gute für die Zukunft.
Ihr Kommentar
Kommentare (2)
Prima Idee, hoffentlich verbreitet sie sich jetzt richtig schnell! Gott segne Euch dafür!
Landeinnahme ist angesagt gerade auch bei Facebook&Co. Weiter so