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09.04.2011 / Frauen der Kirchengeschichte / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Helga Lampe

Makrina: Nächstenliebe als Lebensstil

Sie zählt zu den Heiligen der katholischen Kirche. Makrinas kompromiss- und selbstloser Lebensstil beeindruckt noch heute viele Menschen.

Makrina gehört zu den Frauengestalten der Spätantike, die durch ihre Gesinnung, ihren Lebenswandel und ihren Einsatz im Dienst am Nächsten das christliche Leben ihrer Zeit maßgeblich geprägt haben. Sie wurde durch ihr Leben und Wirken zum  Leitbild der christlichen Gemeinde in damaliger Zeit, dem 4. Jahrhundert n.Chr. Makrina war die Schwester der beiden bekannten Bischöfe Basilius von Cäsarea und Gregor von Nyssa. Das Beispiel, das Makrina der Welt gab, erschien ihrem Bruder Gregor so bedeutungsvoll, dass er meinte, „ein derartiges Leben sollte der Nachwelt nicht verborgen bleiben“. So schilderte er Makrinas Leben in Form eines ausführlichen Briefes und bewahrte somit die Erinnerung an sie über die Zeiten hinweg bis in unsere Gegenwart.

Vielseitig begabt und fest im Glauben

Schon die Großmutter der Geschwister, die ebenfalls Makrina hieß, muss eine eindrucksvolle Persönlichkeit gewesen sein. Auch sie würdigt Gregor als eine „weltberühmte Frau“, die noch Jahrhunderte nach ihrem Tod in den christlichen Gemeinden Kleinasiens unvergessen blieb. Ihr Sohn Basilius, ein angesehener Jurist, war mit der Kappadocierin Emilia verheiratet. Das Paar bekam zehn Kinder, von denen drei Söhne Bischöfe wurden: Basilius, Gregor und Petrus. Ihre älteste Tochter, nach der Großmutter benannt, war Makrina.

Schon früh zeigte sich ihre hohe Intelligenz, die wiederum eine breite Allgemeinbildung im antiken Sinne bewirkte. Alles das war geprägt vom christlichen Geist der Familie, der sich in Frömmigkeit und Wohltätigkeit äußerte und der Familie in ganz Kleinasien Achtung und Wertschätzung entgegenbrachte. „Wenn sie mit ihren Studien begann“, schreibt Gregor, „wenn sie sich vom Tisch erhob oder zur Ruhe ging, immer hatte sie den Psalter zur Hand wie einen guten Weggenossen, der sie zu keiner Zeit im Stiche ließ.“

Einsatz für Arme und Kranke

Schon mit zwölf Jahren wurde Makrina einem jungen Juristen aus vornehmen Hause versprochen. Aber es kam nicht zur Ehe, weil der Verlobte vorzeitig starb. Makrina deutete dies als ein Zeichen, die Erfüllung ihres Lebens auf einem anderen Weg zu suchen. Sicher wurde diese Einstellung beeinflusst von der Tendenz jener Zeit, in der das Mönchstum aufkam und Enthaltsamkeit als hohes Ideal galt. Entsagung hieß der neue Weg, den Glauben zu leben und vor der Welt zu bezeugen.

Das bedeutete für Makrina aber nicht, sich aus der Welt zurück zu ziehen, sondern sie stellte sich den Aufgaben, die ihr das Leben gab. Da galt es zunächst, nach dem Tod des Vaters die Mutter zu unterstützen in der Verwaltung der weit verstreuten Güter der Familie. Darin muss sie sich als ausgesprochen tüchtig erwiesen haben, wie Gregor schreibt, denn obwohl die Besitzungen des Großvaters mütterlicherseits, der als Christ hingerichtet worden war, verloren gegangen waren, mehrte sie das Vermögen der Familie auf eine Weise, die es ermöglichte, ein Hospital für Kranke und Arme zu bauen.

Makrina als Stützpfeiler der Familie

Eine weitere Lebensaufgabe stellte sich ihr in der Erziehung ihres jüngsten Bruders Petrus. Er wurde nicht, wie in wohlhabenden Familien damaliger Zeit üblich, von einer Pflegerin betreut, sondern sie unterrichtete ihn selbst und führte ihn „zur vollendeten höheren Bildung“. In Gregors Bericht heißt es, dass sie dem jungen Bruder „Vater, Erzieher, Mutter, Lehrer und Ratgeber war.“ Sie führte ihn auf den Weg eines christlichen Lebens und förderte seine Fähigkeiten und Begabungen. So entwickelte sich die „große Schwester“ zur führenden Persönlichkeit in der Familie und war nicht nur in weltlichen, sondern auch in geistlichen Dingen als Ratgeberin gefragt.

Sie scheute sich auch nicht, ihren ehrgeizigen Bruder Basilius, der in Konstantinopel und Athen studiert hatte und recht eingebildet auf sein Wissen und Können auftrat, zurecht zu weisen, ihm das Anmaßende seiner Selbsteinschätzung vor Augen zu halten und ihm klar zu machen, dass sein Streben nach Ruhm und Ehre unvereinbar sei mit dem christlichen Glauben. Und tatsächlich, sie hatte Erfolg und bewirkte einen Sinneswandel bei Basilius, denn Gregor berichtet, „dass sie den Bruder dafür gewann, auf die eitle Ehre der Welt zu verzichten und seinen Lebensunterhalt durch seiner Hände Arbeit zu bestreiten.“ So war es ihr Einfluss, der dem Bruder zur inneren Umkehr verhalf und ihm den Weg wies, Gott zu dienen. Ohne sie wäre Basilius wohl nie der große Bischof von Kappadocien geworden.

 

Erst im Unglück bewährt sich wahrer Glaube

Als ihr Bruder Naukratius durch einen Jagdunfall ums Leben kam, bewies Makrina christliche Lebenshaltung und Glaubensstärke. Ein harter Schicksalsschlag, der die Mutter in die Verzweiflung trieb, hatte doch ihr Sohn Arme und Kranke bei sich aufgenommen, um ihnen im Geist der Nächstenliebe zu dienen. Mit einem Freund war er auf Jagd gegangen, um für seine Schützlinge den nötigen Lebensunterhalt zu beschaffen. Beide kamen nie zurück. Jetzt war Makrina gefragt. Sie hatte in Naukratius ihren Lieblingsbruder verloren, und doch war sie bereit, diesen Schicksalsschlag als einen höheren Ratschluss Gottes anzunehmen. Sie bestand diese Probe und konnte die Mutter trösten und die Familie vor dumpfer Resignation bewahren.

Noch lebte die Familie in Cäsarea im prunkvollen Haushalt mit Dienerschaft und Sklaven. Aber je länger Makrina so lebte, desto mehr schien ihr dies dem christlichen Glauben zu widersprechen. Sie überredete deshalb die Mutter, diesen Lebensstiel aufzugeben und alle ihre Sklavinnen und Dienerinnen zu „gleichgeachteten Schwestern“ zu machen. Sie bezogen ein Landhaus im Pontus und lebten dort mit ihrer Dienerschaft in einer „Gemeinschaft, in der jeder Unterschied in der Lebensführung zwischen ihnen beseitigt war.“ Damit gaben sie ein Beispiel für den sozialen Wandel, der sich durch das Christentum langsam aber stetig vollzog.

Makrina wirkt - das erste Krankenhaus

Als eine Hungersnot in ihrer Gegend ausbrach, versorgte Makrina die Notleidenden mit Lebensmitteln und pflegte die Kranken und Schwachen. Solche Hilfsaktionen, die uns heute selbstverständlich sind, waren damals etwas Neues. Es kamen soviel Hilfsbedürftige, dass sich die einsame Gegend im Pontus „in eine Stadt verwandelte.“ So war es Bischof Basilius, der in Cäsarea das erste Krankenhaus der Antike baute – wahrlich eine große Tat!

Makrinas Wirkungsstätte im Pontus wurde von Historikern oft als Kloster bezeichnet. Jedoch trifft dies nur bedingt zu. Es handelte sich eher um eine Art Einkehrhaus, in dem man sich zu Andacht und Gespräch versammelte. Ein Freundeskreis gebildeter Leute und angesehener Kirchenfürsten kehrten bei ihr ein. Als die Mutter starb, war Basilius gerade zum Bischof geweiht worden. Acht Jahre später starb auch er. Die ganze Christenheit Kleinasiens trauerte um ihn. Standhaft fügte sich Makrina in Gottes Willen. Voll Bewunderung schrieb Gregor: „Sie stand wie ein unbesiegter Kämpfer, ohne dem Sturm der Leiden zu erliegen.“

 

Auch auf dem Sterbebett Gott im Blick

Es kam die Zeit, da auch Makrinas Leben zu Ende ging. Als sie schwer erkrankte, besuchte Gregor sie zum letzten Mal. In seinem Brief erzählt er von ihren Gesprächen im Schatten des Todes. Als er ihr von seinen Kämpfen und Schwierigkeiten im Bischofsamt berichtet, ermahnt sie ihn zur Dankbarkeit. Er solle die Gnade Gottes nicht vergessen und gering schätzen, die er doch in so vielfältiger Weise erfahren habe. „Dich schicken und rufen die Kirchen als Mitkämpfer und Erneuerer – und du siehst die Gnade nicht?“ Sie starb voll Zuversicht auf das ewige Leben und die vergebende Liebe Gottes.

Mag der Bericht Gregors, der die Schwester „die Große“ nennt, auch nicht frei von verklärenden Zügen sein, so gehört Makrina doch zweifelsfrei zu den bedeutenden Frauengestalten der Spätantike, die das christliche Leben ihrer Zeit entscheidend geprägt haben.


 

Literatur:

- Frauen der frühen Kirche (Liselotte von Eltz-Hoffmann)

- Heilige Frauen des Altertums (Hg.: Wilhelm Schamoni)

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