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31.08.2010 / Rezension / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Hanna Keller

Mehr als eine Zweckgemeinschaft

Nicht nur Studenten lieben WGs. Auch ältere Singles oder Familien träumen davon, ihr Leben mit anderen zu teilen. Funktioniert das tatsächlich?

„Lieber gemeinsam leben als einsam sterben“ - diese provokante Aussage fasst zusammen, worum es in „Es gibt etwas Anderes! Gemeinschaftliches Leben für Singles und Familien“ geht. Die Singlefrau Astrid Eichler und das Ehepaar Widmer-Huber schreiben über ihre Suche und ihre Erfahrungen nach verbindlicher Gemeinschaft in einer Gesellschaft, die überwiegend aus Kleinfamilien und Einpersonenhaushalten besteht.

 
Gemeinschaftliches Leben formt den eigenen Charakter:
„Vermutlich fängt die Veränderung der Welt damit an, dass ich verändert werde. Und das wird letztlich dort geschehen, wo ich mich der Gemeinschaft aussetze, wo ich mein Leben mit anderen teile und ihnen das Recht gebe, in mein Leben hineinzusprechen und –zuwirken.“

 

Singlefrau und Ehepaar mit gemeinsamer Vision

Obwohl die Autoren diese gemeinsame Vision teilen, sind ihre Geschichten unterschiedlich: Astrid Eichler wünschte sich als alleinstehende Pastorin Menschen, mit denen sie ihr Leben teilen und verweben konnte. Sie beschreibt, wie sie in einer Kommunität Fuß fassen wollte und dann doch merkte, dass es nicht geht. Auch mit WG-Kolleginnen klappte es nicht immer so, wie sie es sich gewünscht hatte. Erst nach einigen Fehlschlägen hat sie schließlich ein Ehepaar und eine weitere Frau gefunden, mit denen sie das erlebt, was sie sich gewünscht hat – selbst wenn 500km zwischen ihnen liegen.

Thomas und Irene Widmer-Huber hatten als junges Ehepaar gemeinsames Leben mit anderen nicht auf ihrem Schirm. Bei einem einjährigen Aufenthalt in Indien erlebten sie aber, wie intensiv Gemeinschaft unter Christen sein kann. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz konnten sie sich das normale „Ich bleibe hinter meinem Gartenzaun und du hinter deinem“ nicht mehr vorstellen. Inzwischen haben sie in mehreren Basler Wohnprojekten ihr Leben mit vielen Menschen geteilt und sind gerade wieder dabei, eine Hausgemeinschaft mit aufzubauen.

Diese Erfahrungen sind der Hintergrund, vor dem die Autoren im vorliegenden Buch ihr Wissen an andere weitergeben möchten. Sie erzählen deswegen nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern stellen in einem praktischen Teil auch verschieden Modelle gemeinschaftlichen Lebens vor. In einem weiteren Kapitel erklären sie, welche organisatorischen Dinge man klären sollte, wenn man selbst ein solches Projekt starten oder sich einem anschließen möchte. Bei all dem betonen sie, dass Wohn- und Lebensgemeinschaften immer auch individuell auf die zugeschnitten sind, die mitmachen: „Wir wünschen Ihnen, dass Sie ihren persönlichen Weg finden. Als Gottes Ebenbild dürfen auch Sie schöpferisch und gründend tätig sein! Machen Sie sich mit anderen auf den Weg uns lassen Sie sich von Rückschlägen und Hindernissen nicht entmutigen.“

Nicht immer ein Zuckerschlecken

Dass Hindernisse, Enttäuschungen und Schwierigkeiten dazugehören, wenn man sein Leben verbindlich mit anderen teilen möchte, machen Frau Eichler und das Ehepaar Widmer-Huber anhand von persönlichen und teilweise sehr ehrlichen Beispielen deutlich. Ein Kapitel des Buches geht deswegen auf häufig gestellte Fragen wie „Was ist, wenn es kracht?“ oder „Wie geht es den Kindern? Wie macht ihr es, dass sie [in der Lebensgemeinschaft] nicht zu kurz kommen?“ ein.

Trotz dieser möglichen Disharmonien sind die drei überzeugt, dass es sich lohnt, wenn Singles, Paare und Familien ihr Leben miteinander teilen. Astrid Eichler schreibt: „Es wurde nicht versprochen, dass es einfach ist. Aber es ist ganz sicher, dass es ein hoher Gewinn ist, wenn wir gemeinsam auf dem Weg sind und bleiben – und das eben nicht nur für ein paar Veranstaltungen, nicht nur, um über einen Text oder ein Thema zu reden, um ein Projekt voranzutreiben, sondern um das Leben miteinander zu teilen und dann irgendwann auch immer mehr unseren Alltag.“

„Es gibt was Anderes!“ ist für Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich auf eine verbindliche Zweier – oder Dreierschaft, eine Haus- oder Wohngemeinschaft einzulassen, ein praktischer und zugleich geistlicher Wegbegleiter. Wer sich einen solchen Lebensstil nicht vorstellen kann, profitiert dennoch von dem Buch. Denn der offene Einblick der Autoren regt dazu an, über den Stellenwert von Gemeinschaft und Beziehungen im eigenen Leben nachzudenken.


Bild: Brockhaus

Es gibt was Anderes!
Gemeinschaftliches Leben für Singles und Familien
Astrid Eichler, Thomas und Irene Widmer-Huber
Brockhaus
ISBN: 3417263476
192 S.
11,95 EUR

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Leseprobe bei SCM-Brockhaus

 

 

 


Mehr zum Thema auf ERF.de: Auch in "Großfamile 2.0" geht es um das Thema gemeinschaftliches Wohnen.

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