Navigation überspringen
© Andreas Lehmann

19.08.2010 / Interview mit "Schlunz"-Regisseuer Rainer Hackstock / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Michael Gerster

"Action-Kinder-Comedy mit christlichem Thema"

Regisseur Rainer Hackstock hat Krimi-Serien wie "Kommissar Rex" gedreht. Nun hat er die erfolgreiche Buchserie "Der Schlunz" verfilmt.

ERF.de: Der Dreh ist geschafft, Herr Hackstock. Wie geschafft sind Sie?

Rainer Hackstock: Es geht. Eigentlich bin ich guter Dinge. Wenn das Endprodukt gut ist, dann ist die Müdigkeit auch bald vergessen.

ERF.de: Knappes Budget, knapper Zeitrahmen und ein christliches Kinderbuch als Vorlage – nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Filmprojekt. Warum haben Sie die Herausforderung angenommen?

Rainer Hackstock: Es hat mich genau aus diesem Grund gereizt, weil es eben eine große Herausforderung war. Ich habe noch nie Regie und Drehbuch gleichzeitig gemacht. Ich habe für nahmhafte Produktionen in Österreich oder Deutschland entweder das Drehbuch geschrieben oder Regie gemacht - aber noch nie beides. Diese Doppelfunktion hat mich sehr interessiert. Außerdem habe ich in diesem Ausmaß noch nichts Christliches gemacht. Und dann fand ich die Vorlage sehr spannend und sehr herausfordernd, weil es eigentlich im ersten Moment als unverfilmbar erschien.

ERF.de: Aus welchem Grund hielten Sie den Stoff zunächst für unverfilmbar?

Rainer Hackstock: In der Buchserie prallen sehr verschiedene, starke Elemente aufeinander, die schwer unterzubringen sind. Die schwierige Aufgabe bestand darin, eine Buchreihe mit sieben Bänden zu verfilmen. Im ersten Arbeitschritt dachten wir: Jeder Roman wird eine Folge. Doch wir sind schnell darauf gekommen, dass das nicht funktioniert, weil die Romane einen ganz starken dramaturgischen Bogen haben: Wo kommt der Schlunz her? Was ist mit seinen Eltern passiert? Das ist ein richtiger Krimibogen, den wir so nicht richtig in den Folgen gebacken kriegen. Deshalb haben wir eine Schlussstrich gezogen und gesagt: „Nein, wir machen es anders!“ Wir bedienen uns nur der Charaktere und nehmen sie als Ausgangsbasis und machen eine Art "Action-Kinder-Comedy" mit christlichem Thema. In jeder Folge steht jetzt 25 Minuten lang die Unterhaltung im Vordergrund, verbunden wird das Ganze mit einem biblischen Thema. Dieses Thema wird zu Beginn einer Folge in einer Bible-Story im Kindergottesdienst abgehandelt. Jedes Thema wird also gleichnishaft in einer Actionhandlung mit den Kindern widergespiegelt. Dadurch erleben es die Kinder und es wird ihnen nicht nur erzählt.

ERF.de: Was macht für Sie den Reiz vom Schlunz aus, dieser Geschichte um einen Waisenjungen?

Rainer Hackstock: Der große Reiz der Geschichte ist der, dass der Schlunz in der wunderbaren Tradition einer Pippi Langstrumpf, eines Michel von Lönneberga oder eines Alf steht. Der Schlunz ist wie sie eine Person mit Narrenfreiheit. Wenn man sich bei Amazon die Kritiken anschaut, stellt man fest, dass es oft die Eltern sind, die da schreiben. Und sie sagen, dass dieser Schlunz gerade auch für sie Fragen stellt, die man sich eigentlich als Erwachsener gar nicht zu fragen traut. Genau das soll die Serie auch machen. Sie soll gerade diesen Blickwinkel eines verrückten Jungen vermitteln, der viel vergessen hat und der sich alles zu fragen traut. Dadurch können nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen viel lernen.

ERF.de: Zeit und Budget waren wie bereits erwähnt knapp bemessen. Hinzu kam, dass es in den Drehmonaten in Deutschland extrem heiß war. Das Drehen mit Kindern bringt auch ganz besondere Herausforderungen mit sich. Was waren die größten Herausforderungen in den Wochen des Drehs?

Rainer Hackstock: Die größte Herausforderung lag darin, dass die Drehbücher versuchen, möglichst nah an den Charakteren zu sein, vor allem an Schlunz und Lukas, den beiden Protagonisten. Die beiden sind fast in jeder Szene drin. Das heißt, unsere Kinder hatten wirklich diese 25 Drehtage. Sie mussten jeden Tag drehen und das viele, viele Stunden. Und das in der großen Hitze. Der Knackpunkt war also jeden Tag: Wie lange können die Kinder ihre Konzentration aufrechterhalten? An schattigen Tagen oder wenn man irgendwo drinnen ist, alles kein Problem. Nur wenn die Sonne runter brennt und es bereits um 11 Uhr 35 Grad hat, dann dauert es nicht mehr lange und die Kinder können einfach nicht mehr. Dann gilt es, sie zu motivieren, sie kurz mal schwimmen zu schicken, eine Wasserbombenschlacht zu machen oder eine Runde Eis zu schmeißen.

ERF.de: Ist mal so richtig etwas schief gegangen bei den Drehtagen?

Rainer Hackstock: Es ist einmal etwas schiefgegangen, das aber noch mal gut ausging. Wir hatten eine große Explosion auf einer Wiese geplant, mit vier Kameras. Von der Geschichte her sollte die Explosion in einem Dokumentarfilmdreh stattfinden. Da kommt der Papa mit den Jungs zum Dreh, die schießen mit einem Ball aufs Steuerpult und die Explosion geht zu früh hoch und damit ist der Dokumentarfilmdreh geschmissen.

In der Realität war das ähnlich. Ich hatte Proben gemacht. Wir hatten nur eine Hütte und nur eine Sprengladung. Das hieß, es musste funktionieren. Ich habe dem ganzen Team gesagt: „So, wir probieren das jetzt. Das Kommando lautet ‚Kamera ab!’, dann kommen die Rückmeldungen: ‚Kamera eins läuft, zwei läuft, drei läuft, vier läuft.’ Und anschließend kommt „Feuer frei!“. Dann kann der Sprengmeister draufdrücken.“ Bei der vierten Probe, nachdem es dreimal geklappt hat, habe ich gesagt: „Ok, jetzt machen wir es scharf". Der Sprengmeister fragt: "Jetzt machen wir es scharf?". Und ich sag „Ja!“ und fange an: „Kamera 1“ - und er drückt gleich drauf. Er hat also sofort drauf gedrückt, statt bis zur vierten Rückmeldung zu warten. Auf der Wiese waren 50 Leute, die haben sich alle total erschrocken. Das heißt, alle haben das so verstanden, wie ich es meinte. Er war der Einzige, der es missverstanden hatte. Doch Gott sei Dank sind von diesen vier Kameras schon drei gelaufen. Außerdem hatten wir noch eine Making-of-Kamera im Hintergrund. Das heißt, es liefen dann doch dreieinhalb Kameras mit. Dadurch hatten wir nicht nur alles gecovert, sondern die Protagonisten, die mit den Bauhelmen rumstanden, waren so erschrocken, dass es so richtig live und richtig echt gewirkt hat.

ERF.de: Nach so einem Mammutprojekt bleiben aber meistens doch die schönen Erinnerungen. Welche waren das bei Ihnen?

Rainer Hackstock: Ich glaube, der schönste Moment war, als ich mit meinen Hauptdarstellern nach dem Dreh baden war. Es war ein heißer Drehtag, es hat alles geklappt und wir haben gesagt: „Jetzt lasst und baden gehen!“. Die schönsten Momente sind eigentlich immer die Drehschlüsse. Und dann natürlich die komischen Momente und Szenen, die aufgehen wie geplant, Szenen, die schwierig sind und trotzdem funktionieren. Wir hatten sehr komplizierte Szenen. Bei einer Szene zum Beispiel probiert Schlunz verbotenerweise einen Rasentraktor aus. Er fetzt durch einen fremden Garten, mäht dort ziemlich viele Sachen nieder, rast dann noch durch einen Gartenzaun aus Holz und dann in einen Kaffeetisch, an dem eine Frau Kaffee trinkt und räumt den Kaffeetisch auch noch weg. Das ist relativ kompliziert und wir haben gut einen halben Tag an diesen zwei Minuten gedreht. Das war schon sehr gut, als dann alles im Kasten war. Denn wir konnten diese Zaunszene aus Budgetgründen auch nur einmal drehen.

ERF.de: Noch ein Blick in die Zukunft: Glauben Sie, dass der Schlunz das Zeug hat, auch über den christlichen Markt hinaus Beachtung zu finden?

Rainer Hackstock: Das ist von Anfang an mein großes Ziel gewesen. Ich finde, dass die Produktion - nicht wertend gemeint - zu schade ist, um als christliches Entertainment zu verkommen. Denn viele Christen kennen diese Botschaften bereits. Obwohl es nicht schadet, dass die Kinder, die schon gläubig sind, das noch mal sehen. Ich glaube aber, das große Potenzial im Schlunz liegt darin, dass man durch Entertainment, durch Action und durch Spaß biblische Messages transportieren kann. Ich glaube ganz fest daran, dass es gelingen wird. Es ist eine Frage, wie man dieses Ziel mit Beharrlichkeit verfolgt.

ERF.de: Was sind diese zentralen Botschaften der Serie?

Rainer Hackstock: Wir haben das relativ klar strukturiert. Wir haben jeder Folge eine Bibelstelle oder ein Gleichnis zu Grunde gelegt. Zum Beispiel David und Goliat. Da geht es darum, seine Riesen zu besiegen und auf Gott zu vertrauen und Mut zu haben. In einer anderen Folge geht es um den Verlorenen Sohn oder um den Barmherzigen Samariter. Und es geht um das Fest, zu dem Gott einlädt. Diese Botschaften wurden recht unverblümt in einer Kindergottesdienstgeschichte mit einer ziemlich peppigen Flashanimation dargestellt, finden dann aber auch Niederschlag in den Handlungen. Denn der Schlunz setzt so wie Till Eulenspiegel die Dinge manchmal wörtlich um. Also geht er dann auch zu den Hecken und Zäunen, um Leute einzuladen. Das ermöglicht dem Zuschauer, sich Gedanken zu machen, was da eigentlich steht.

ERF.de: Drei gute Gründe, warum man den Schlunz unbedingt sehen muss?

Rainer Hackstock: Er ist unterhaltsam, zeitgemäß und lehrreich.

ERF.de: Herr Hackstock, vielen Dank für das Interview


Weitere Infos: www.erf.de/schlunz

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Kommentare (2)

Peter Hoffmann /

Hallo, ich lese zur Zeit den letzten Teil Nr.7. Mich würde interessieren wann kommt die DVD in die Christkichen Bücherstuben ( Dillenburg ) wo man sie erwerben kann.
Ich würde mich auf eine Antwort mehr

Sandra /

Mein Sohn und ich lesen gerade den zweiten Band und wir sind total begeistert von der Story. Da war meine Freude natürlich riesengroß, als ich erfuhr, dass das ganze auch noch verfilmt wird. Und wie mehr

Das könnte Sie auch interessieren