Solidarität
Alte Idee, neue Kraft.
„Tragt aus Solidarität Masken. Verzichtet aus Solidarität auf soziale Kontakte. Solidarität mit George Floyd!“ Der Begriff Solidarität hat 2020 eine Art Rennaissance erlebt. Egal ob Corona, George Floyd oder #metoo – Solidarität ist wieder in aller Munde.
Wikipedia definiert sie als „Haltung der Verbundenheit mit – und Unterstützung von – Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer“. Keine Gesellschaft kann ohne Solidarität dauerhaft bestehen. Sie ist ein Grundprinzip des menschlichen Zusammenlebens.
Allerdings: Der Begriff ist weit komplexer als man auf den ersten Eindruck annehmen könnte. Denn Solidarität lässt sich in den seltensten Fällen aufzwingen.
Einerseits beruht Solidarität in gewissen Maßen auf einer „wie du mir, so ich dir“-Mentalität. Gleichzeitig funktioniert sie nicht wie ein Vertrag, den man einklagen könnte. Das Prinzip der Solidarität fußt darauf, dass jeder aus Überzeugung daran mitwirkt. Sie funktioniert nur, wenn auch wirklich alle – oder zumindest ein entsprechend großer Teil der Gesellschaft – daran teilhaben.
In der Bibel taucht sie als Begriff nicht auf. Doch man kann sie mit Fug und Recht die kleine Schwester der Nächstenliebe bezeichnen. All das sind gute Gründe, sich genauer mit diesem Prinzip zu beschäftigen.
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Tumaini – Hoffnung für Chelebei
Jeder Mensch kann aus unterschiedlichsten Gründen in Bedrängnis geraten: Unerwartete Krankheit, ein Unfall, ein Schadensereignis – Hochwasser, Hausbrand, Einbruch – Einkommens- oder Jobverlust. Dann ist es gut, wenn er oder sie von einer solidarischen Gemeinschaft aufgefangen wird. Das ist keine Idee der Neuzeit, sondern ein steinaltes Prinzip des menschlichen Zusammenlebens. Und das hieß die längste Zeit hindurch nicht Solidarität, sondern einfach Zusammenhalt [...].

Markus Baum, Programmreferent bei ERF Plus
Solidarität kann sich ohne große innere Beteiligung zeigen. Unsere Redakteurin Sarah-Melissa Loewen schreibt: „Klatschen für die Helfer in der Coronakrise – ich bin bis heute zurückhaltend. Für mich geht die Rechnung nicht auf. Ein bisschen Klatschen, ein Post im Netz – das ist einfach, aber reicht das? Nette Geste oder echte Hilfe? Wenn ich mein Mitgefühl und meinen guten Willen ausdrücke, bin ich dann schon solidarisch?“
Solidarisch bin ich dann, wenn ich meine eigenen Interessen und meinen eigenen Nutzen hintenanstelle und gegebenenfalls auch Nachteile in Kauf nehme.“
Sarah-Melissa Loewen geht den nächsten Schritt: „Das Thema Ehrenamt beschäftigt mich beispielsweise schon länger. Ich habe in mich hineingehorcht und festgestellt, dass ich mit anpacken möchte. Mich begeistert die Arbeit der städtischen Tafeln: Gute Lebensmittel werden vor der Mülltonne bewahrt, bedürftige Menschen in ihrem täglichen Bedarf unterstützt. Solch ein Ehrenamt ist eine gute Gelegenheit, mich sozial zu engagieren und mit den Menschen meiner Stadt in Kontakt zu kommen.“
Ich möchte immer mehr lernen, mit wachen Augen, offenen Ohren und einem weichen Herzen durch die Welt zu gehen. Der erste Schritt ist erfahrungsgemäß der schwerste. Für mich besonders, wenn er auf fremde Menschen zu- und in unbekannte Situationen hineinführt. Aber ich glaube, es kommt darauf an loszugehen, dem inneren Impuls immer wieder zu folgen [...].

Sarah-Melissa Loewen, Crossmedia-Redakteurin
Solidarität – was kann ich persönlich tun?
Ob Mutter Theresa, die sich als Nonne mit ihrem gesamten Leben für Arme in den Slums von Indien einsetzte oder der Mönch Abbé Pierre, der französische Obdachlose vor dem sicheren Erfrierungstod bewahrte – Menschen wie diese haben sich solidarisch mit notleidenen Menschen gezeigt und sind damit in die Geschichte eingegangen.
Dagegen mag der eigene Wirkungskreis fast unbedeutend erscheinen. Doch Veränderung beginnt immer im Kleinen, im unscheinbaren Handeln. Es geht schlicht darum, die Augen offenzuhalten und zu überlegen:
Wie kann ich anderen helfen? Wo gibt es in meinem Umfeld Menschen, die schlimmer dran sind als ich, und die meine Unterstützung gebrauchen könnten?
Mehr zum Thema im Magazin ERF Antenne
Solidarität – vor Ort und weltweit
Solidarität kann auch auf größere Entfernung funktionieren. Da, wo viele Verbraucherinnen und Verbraucher sich für faire Produktionsbedingungen und faire Löhne einsetzen in anderen Ländern, können sie etwas bewirken.
Sie müssen dann aber auch bereit sein, den Preis dafür zu zahlen. Im konkreten Fall den höheren Preis zum Beispiel für Kaffee, Tee oder Kakaoprodukte oder auch für Oberbekleidung.
Nur sollte jeder und jedem klar sein: Solidarität verpflichtet insgesamt, die Augen offenzuhalten und mit wachen Sinnen durchs Leben zu gehen. Es gibt einige Organisationen, die sich den Kampf für Benachteiligte oder Entrechtete auf die Fahnen geschrieben haben. Wir stellen einige davon vor.
Für Jesus ist Solidarität mehr als ein bisschen moralisch ansehnliches Mitleid. Sie ist tiefes Mitleiden mit jedem einzelnen Menschen. Und wenn Gott vom Himmel auf die Erde kommt, um seine Menschen aus ihrer Gottesferne zu retten – ist das nicht der tiefste Ausdruck von Solidarität? Wer diesem Retter-Gott vertraut, muss im Rahmen der persönlichen Möglichkeiten einfach solidarisch sein mit anderen Menschen, alles andere wäre Verrat an der eigenen DNA [...].

Dr. Jörg Dechert, Vorstandsvorsitzender von ERF
Solidarität – was sagt die Bibel dazu?
„Die kleinste denkbare Solidargemeinschaft hat exakt zwei Mitglieder und kommt bereits auf der zweiten Seite der Bibel zur Sprache. Allein geht man ein. Deshalb gibt’s die Menschheit in zwei Ausführungen, immer aufeinander bezogen. Männlein, Weiblein. (...) „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (1. Mose 2,18).
Schon im Alten Testament fordert Gott sein Volk auf, sich um die Armen und Weisen zu kümmern – sich also mit ihnen solidarisch zu zeigen. Im Zwillingsgebot „Du sollst Gott lieben und den Nächsten wie Dich selbst“ findet diese ‚Aufforderung‘ zur Solidarität ebenfalls einen sehr pointierten Ausdruck.
Und nicht zuletzt Jesus steht mit seinem Wirken für gelebte Solidarität. Er hat sich immer für die Menschen eingesetzt: Egal, ob sie Zöllner, Prostitutierte, Eherecherinnen oder Verbrecher waren.
Das ultimative Zeichen seiner Solidarität mit uns Menschen hat er durch seinen Tod am Kreuz zum Ausdruck gebracht. Ihm war und ist die Gemeinschaft mit uns Menschen so wichtig, dass er dafür bereit war, sein Leben zu geben.
Freut euch mit denen, die sich freuen; weint mit denen, die weinen. Lasst euch im Umgang miteinander davon bestimmen, dass ihr ein gemeinsames Ziel habt. Seid nicht überheblich, sondern sucht die Gemeinschaft mit denen, die unscheinbar und unbedeutend sind. Haltet euch nicht selbst für klug.
Die Bibel, Römer 12,15
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