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© Andre Benz / unsplash.com

28.03.2012 / Themenreihe Japan / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Anika Lepski

Glauben im Land des Lächelns

Japan – das sind shintoistische Schreine und buddhistische Tempel. Doch auch das Christentum hat dort eine längere Geschichte, als viele ahnen.

Eine Statistik über Japan besagt, dass etwa 70% der Japaner Buddhisten sind. Erstaunlicherweise liegt die Prozentzahl für Shintoisten etwa bei 80%.1 Auch das japanische Stadtbild ist geprägt von buddhistischen Tempeln und shintoistischen Schreinen. Sind die Menschen in Japan also besonders religiös? Oder nehmen sie es mit der Religion nur einfach nicht so wichtig? Darüber will dieser Artikel informieren.

Die wichtigen religiösen Strömungen

Der Shintoismus (oder Shinto – oft übersetzt mit „Weg der Götter“) bezeichnet den Glauben der Japaner an die einheimischen und zahlenmäßig unbegrenzten Gottheiten. An der Spitze des Shinto steht die Sonnengöttin Amaterasu, als deren Nachkomme der japanische Kaiser gilt. Der Shintoismus besitzt keine theoretischen Schriften und bietet auch keine offizielle Mitgliedschaft an.2

Die Anhängerzahlen des Shintoismus gehen je nach Datenerhebung sehr weit auseinander. Nimmt man die Anzahl der Schreinbesucher an Feiertagen als Grundlage, ergibt sich daraus eine Anhängerschaft von 84%. Befragt man Japaner direkt, sehen sich lediglich 3,3% als Shintoisten.3

Der Buddhismus ist mit einer Vielfalt von Glaubensrichtungen in Japan vertreten. Während uns Europäern wohl vor allem der

Zen-Buddhismus bekannt ist, sind es in Japan die Schulen des Amida-Buddhismus und der Nichiren-Buddhismus, die viele Anhänger haben. Sie alle bieten sehr unterschiedliche Erlösungskonzepte an, mit denen man das Nirvana erreichen kann.4 Eingeführt wurde der Buddhismus im 6. Jh. nach Christus aus China. China hatte in Ostasien eine ähnliche kulturschaffende Wirkung wie das Römische Reich in unserem Kulturraum. So wie einst für die Nordeuropäer eine Konversion zum christlichen Glauben zugleich auch Machtzuwachs bedeutete, orientierte man sich in Japan lange Zeit an China und damit am Buddhismus.5

Während bis ins 13. Jahrhundert viele verschiedene buddhistische Richtungen in Japan entstanden, entwickelte sich im Kontrast dazu aus den Naturkulten der Shintoismus. Die beiden Religionen wurden vielfach in Beziehung zueinander gesetzt und vermischten sich teilweise stark. Vielleicht fällt es daher den Menschen im heutigen Japan nicht schwer, beide Religionen auszuüben.

Einfluss auf die japanische Denkweise hatte auch der Konfuzianismus, einer von Konfuzius begründeten Philosophie aus China.6 Loyalität, Verehrung von Eltern und Ahnen sowie die Einhaltung von Riten sind zentrale Inhalte dieser Denkrichtung.7 Vor allem in dem faschistisch ausgerichteten Zeitraum von 1868 bis 1945 waren diese moralischen Werte von großer Bedeutung.8

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden darüber hinaus neue religiöse Bewegungen, die sich meist um einen charismatischen Gründer gruppieren. Inhaltlich am Shintoismus, Buddhismus und anderen Glaubensrichtungen orientiert, nehmen sie sich vor allem sozialer Themen an.9

Alltag

Ein Sprichwort in Japan besagt: „Shintoistisch geboren, christlich geheiratet, buddhistisch sterben.“ Neugeborene werden in Schreinen registriert, Japaner heiraten gern westlich in eigens zu diesem Zweck erbauten Kirchen und wenn man stirbt, lässt man sich buddhistisch bestatten.

Die Japaner haben einen lockereren Umgang mit Religionen. Im Stadtbild finden sich zwar überall buddhistische Tempel und

shintoistische Schreine – in kleinerer Ausgabe sogar in Häusern und Firmen. Aber den Umgang mit Religionen könnte man vermutlich eher mit dem Glauben an Horoskope vergleichen. Die Menschen in Japan glauben oft an Geister und Götter, die Beziehung zu ihnen beschränkt sich aber meist darauf, sie nicht verärgern zu wollen und sich deren Wohlwollen zu versichern.

Der Buddhismus hat hingegen eine festere Anhängerschaft. Aber Versammlungen wie der uns bekannte Gottesdienst gibt es eher selten.10 Wenn man einen Tempel aufsucht, dann meist deshalb, weil ein buddhistisches Fest stattfindet und weil die Tempel für die Familiengräber zuständig sind. Auch im Buddhismus ist eine persönliche Gott-Mensch-Beziehung unbekannt. Buddha ist selbst kein Gott – er steht im buddhistischen Denken über den Göttern, weil diese wie die Menschen erlösungsbedürftig sind. Viele Japaner werden aber an buddhistische Rituale ebenso gewöhnt sein wie Europäer an das Christentum, ohne dass die Teilnahme daran etwas über den persönlichen Glauben aussagt.

Das christliche Jahrhundert

Der christliche Glaube wurde schon im 16. Jahrhundert durch Jesuiten nach Japan gebracht.11 Franz Xaver errichtete Missionsschulen und es ist überliefert, dass er die Japaner als sehr offen für das Christentum eingeschätzt hat. Mit der Verbreitung des Christentums ging auch die Knüpfung von Handelsbeziehungen nach Europa einher. Diese waren ein Grund, warum gerade Adlige sich gern zum Christentum bekehren ließen – sie erhofften sich Handelsvorteile. Doch der neue Glaube war zudem fremdartig und dadurch sehr faszinierend. In den folgenden Jahrzehnten breitete sich das Christentum unter dem Wohlwollen des Herrschenden rasant aus.

Historischer Exkurs: Japan wurde im 16. Jahrhundert von europäischen Händlern entdeckt. Weil die japanischen Feudalherren aber eine Kolonialisierung fürchteten, wurde das Land 1637 komplett nach außen (und innen) abgeriegelt. Amerikanische Kriegsschiffe zwangen das Land 1854 zu einer Öffnung der Häfen. Das führte zu großen kulturellen und sozialen Umwälzungen im feudalistischen Japan. Die Kriegsherren (=Shogune), die bis dahin geherrscht hatten, mussten ihre Macht an den Kaiser zurückgeben.
Im Jahr 1868 wurde der Kaiser Mutsuhito unter seinem Regierungsnamen Meiji wieder eingesetzt.In der Meiji-Ära (bis zum Tod des Kaisers 1912) wurde aus einer konfuzianisch-shintoistischen Mischform der Staats-Shinto kreiert, der ein politischer Kult war und dazu diente, die Untertanen in Loyalität und Pflichtbewusstsein an den als göttlich gedachten Kaiser zu binden. Der Staats-Shinto wurde nach dem Ende des zweiten Weltkrieges verboten.

Wie Buddhismus, Shintoismus und Konfuzianismus aufeinander einwirken, veranschaulicht diese Graphik.

Doch schnell stellten sich auch Probleme ein: Weil die christlichen Begriffe in eine buddhistische Terminologie übersetzt wurden, glaubten viele Japaner, es handele sich hierbei nur um eine neue Variante des Buddhismus. Zudem hatte der Nachfolger von Franz Xaver kein rechtes Herz für die Mission. Was vorher gut voranging, geriet nun ins Stocken. Hinzu kamen politische Umwälzungen. Als die Machtverhältnisse sich stabilisiert hatten, kam ein Herrscher an die Macht, der Europäern nicht wohl gesonnen war. Er befürchtete, dass die Ausländer zu großen Einfluss auf seine japanischen Untertanen ausübten – auch durch die neue Religion. Zudem teilten die Christen den Konsens nicht, dass alle Religionen letztlich die gleiche Wahrheit ausdrücken. Diese buddhistische Denkweise wurde auch von den damaligen Herrschern geteilt. Wenn eine Religionsform (wie das Christentum oder der Nichiren-Buddhismus) diese nicht teilte, wurde sie verfolgt.12 Im Jahr 1637 riegelten die Kriegsherren das Land schließlich nach außen ab und verboten das Christentum. Um versteckte Christen zu finden, musste sich jeder Japaner in einem buddhistischen Tempel registrieren lassen. Weil man den unbedingten Glauben der Christen kannte, ließ man die Menschen auf Kruzifixen oder Bildnissen von Jesus und Maria herumtrampeln. Wer sich weigerte, wurde hingerichtet. Viele Christen wurden in jener Zeit gekreuzigt oder in kochende Lava gestoßen (als Sinnbild für die Hölle). Wenige Christen lebten ihren Glauben aber im Verborgenen weiter.

Nach der Öffnung des Landes

Von einem Wunder ist die Aufhebung des Verbotes 1873 begleitet. Zu diesem Zeitpunkt durften Ausländer zwar schon wieder ins Land, aber sowohl Buddhisten als auch Christen hatten massiv unter einer Verfolgung zu leiden. Denn das Ziel der damaligen Regierung war es, den Shinto als Staatsreligion zu etablieren. Andere Religionen passten nicht in dieses Konzept. Wieder hatte man mehrere tausend Christen gefangen genommen, verschleppt und drohte ihnen allen mit dem Tod, sollten sie sich nicht von Jesus abwenden.

Just während dieser Zeit war eine japanische Gesandtschaft in Europa und Amerika unterwegs, um von den westlichen Ländern zu lernen. Sie glaubten, der Grund für die politische und wirtschaftliche Macht dieser Länder liege im Christentum. Als sie durch Proteste erfuhren, was gerade in Japan mit den Christen geschah, schickten sie Nachrichten dorthin, um Schlimmeres zu unterbinden. Die Christen wurden frei gelassen und durften in ihre Heimatstädte zurückkehren.

Japan heute

Heute sind nur 1,3% aller Japaner christlich. Zuwachs soll die christliche Bewegung aber durch die freikirchliche Mission in Japan bekommen haben.

Es ist allerdings nicht einfach, Menschen für den christlichen Glauben zu gewinnen. Japaner sind ein Inselvolk, das sich in seiner Geschichte oft bewusst von anderen Nationalitäten abgegrenzt hat. Dieses Denken und die damit einhergehende Verschlossenheit gegenüber Ausländern sind durchaus heute noch zu spüren. Als Ausländer wird man nur schwerlich Zugang zu Japanern haben, wenn man nicht bereit ist, viel von seiner eigenen Erziehung und Denkweise über Bord zu werfen und sich an die japanische Gesellschaft anzupassen. Auch wenn das gerade für westliche Ausländer einen schmerzhaften Verlust von Individualität zur Folge haben kann. Europäische Missionskonzepte ungeprüft und unbedacht nach Japan mitzunehmen, ist daher schwierig. Außerdem ist die japanische Religiosität sehr stark im Diesseits verhaftet. Japaner möchten nicht auf später vertröstet werden, sie möchten hier und jetzt Hilfe – oder sie helfen sich selbst.

Die Hindernisse für Mission in Japan liegen also in der Anpassung an eine Gesellschaft, die sich von der unsrigen wesentlich unterscheidet. Doch andererseits ist es eine Chance für das Christentum, dass es Antworten für die Japaner bietet, die auf der Suche nach einer persönlichen Gottesbeziehung sind.

 

Ihr Kommentar

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Kommentare (2)

peter /

yolo !!!!!!!!!

FranzX /

Mensch, schön, hier auf diesen evangelikalen Seiten etwas von meinem Namenspatron Franz Xaver zu hören! :-)
Franz ist *der* Vorkämpfer der neuzeitlichen Mission, soweit ich ihn kennengelernt habe mehr

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