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/ Bibel heute

Mahnungen an die Ältesten und die Gemeinde

Albrecht Gralle über 1. Petrus 5,1-7.

Die Ältesten unter euch ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden Christi, der ich auch teilhabe an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll: Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist, und achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt, nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund, nicht als solche, die über die Gemeinden herrschen, sondern als Vorbilder der Herde.[...]

1. Petrus 5,1–7

Wir schreiben das Jahr 67 nach Christus. Der Apostel Petrus ist inzwischen ein alter Mann mit den üblichen Altersbeschwerden. Aber zur Ruhe hat er sich nicht gesetzt. Das Wort Rente kennt er nicht. Er befindet sich in Rom und macht sich Gedanken über die Gemeinden in Kleinasien, der heutigen Türkei. Und er muss vorsichtig sein, denn die Weltmacht Rom ist misstrauisch geworden gegenüber den Christen. Deshalb verwendet Petrus am Anfang und Schluss den Decknamen Babylon für Rom und nennt die Christen: Die Zerstreuten in Babylon.

Manche Geschichtswissenschaftler haben sich über das schöne Griechisch gewundert, das ein schlichter Fischer hier verwendet und haben behauptet, dass dieser Brief gar nicht von Petrus stammen könnte.

Aber warum sollte ihn Petrus nicht geschrieben haben? Natürlich sprach er Griechisch. Er hatte einen Familienbetrieb im römischen Weltreich geleitet, war Geschäftsmann gewesen und musste sich auf seine Kunden einstellen, die sich auf Griechisch, der damaligen Weltsprache, ausdrückten.

Den Brief hat er zusammen mit seinem Mitarbeiter Silvanus verfasst, ein gebildeter junger Mann, der dem alten Petrus sicher bei Formulierungen geholfen hat und wusste, wie man sich ausdrückt.

 

Wer die Petrusbriefe liest, stellt sehr schnell fest: Wir befinden uns nicht mehr in der ersten Euphorie, der Begeisterung einer Erweckungszeit. Jahrzehnte sind ins Land gegangen und die Gemeinden haben sich etabliert. Fragen der Leitung und Ordnung werden mehr und mehr diskutiert. Und wir sehen hier, dass die bewährte jüdische Leitungsstruktur von Ältesten sich durchgesetzt hat: Ein Kreis von gewählten Christen, die die Geschicke der Gemeinden zu leiten versuchen.

Ich spüre eine gewisse Altersweisheit zwischen den Zeilen. Der junge Haudegen Petrus, der in Konflikten mit dem Kurzschwert um sich geschlagen hat, ist ruhiger geworden und bemüht sich um Ausgleich.

Zum Beispiel bei dem Thema Leitung. Damals ging es hoch her. Wen wundert es, dass es heftige Spannungen in den Gemeinden gab? Ein Großgrundbesitzer saß neben einem Sklaven beim Abendmahl und sollte ihn auch noch als seinen Bruder bezeichnen! Frauen waren durch die Art Jesu aufgewertet worden und ergriffen das Wort, auch wenn sie damals keine Führungspositionen einnahmen.

Petrus versucht nun, den jungen Christen klar zu machen, dass sie die Alten respektieren sollten. Offensichtlich war die Jugend mit der Leitung der Ältesten nicht immer einverstanden. Petrus bittet sie um Demut, auf Deutsch: den Mut, zu dem zu stehen, was man hat, und nicht unrealistische Forderungen aufzustellen.

Den Ältesten schreibt er ins Stammbuch, dass sie nicht denken sollen, sie könnten Menschen beherrschen. Das führe nur zu Machtmissbrauch.

Ein beachtenswertes Wort bei den aktuell aufgetauchten Missbrauchsvorwürfen innerhalb der evangelischen Kirchen in Deutschland. Das Motiv, so hieß es nach der Auswertung vieler Opferprotokolle, schien nicht in erster Linie sexuelle Gewalt gewesen zu sein, sondern die Versuchung, Jüngere zu beherrschen. 

Das andere Thema, das der Brief anschneidet, sind die damals üblichen Christenverfolgungen, weil Christen die alten römischen Götter ablehnten. Außerdem erkannten sie nicht die göttliche Autorität des Kaisers an. Das blieb nicht ohne Folgen.

Noch werden die Nachfolger Jesu nicht systematisch verfolgt wie fünfundzwanzig Jahre später zur Zeit des Kaisers Domitian, aber der Widerstand Roms ist deutlich zu spüren. Und Petrus muss damit rechnen, dass sein Brief in falsche Hände gerät. Deswegen ist es sicherer, statt von Rom, von Babylon zu schreiben. Der Apostel sieht sogar in den Verfolgungen einen positiven Sinn: Wenn ich mit Christus leide, schreibt er, habe ich auch Teil an seiner Herrlichkeit.

Überraschenderweise schließt unser Abschnitt mit einem wunderbar entlastenden Wort für Junge und Alte. Ein Satz, den Petrus aus jüngeren Tagen in ähnlicher Form von Jesus selbst gehört hat, als Jesus in der Bergpredigt sagte: „Sorgt nicht […]. Seht die Vögel des Himmels an. Sie säen nicht und ernten nicht. Und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?“

Petrus drückt es folgendermaßen aus: „Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“

Ein Mann ist zu Fuß auf der Landstraße unterwegs mit einem schweren Rucksack. Plötzlich hält ein Lastwagen neben ihm. Der Fahrer öffnet die Tür und fragt: „Soll ich Sie ein Stück mitnehmen?“

„Gerne“, sagt der Wanderer und steigt erleichtert ein. Nach einiger Zeit blickt der Fahrer zu seinem Gast hinüber und sieht, dass der immer noch seinen schweren Rucksack auf dem Rücken trägt. Er wendet sich an den Mann und sagt: „Sie können jetzt gerne ihren Rucksack abnehmen und hinten auf die Ladefläche legen.“

„Ach, wissen Sie“, sagt der Wanderer. „Sie waren so freundlich zu mir und haben mich mitgenommen, so dass ich die letzte Strecke nicht zu Fuß gehen muss, da will ich nicht auch noch ihren Wagen mit meinem Rucksack belasten. Ich behalte ihn an.“

Der Fahrer konnte über die Dummheit dieses Wanderers nur den Kopf schütteln.

Aber manchmal habe ich mich dabei ertappt, dass ich es ähnlich mache wie dieser Wanderer.

Ich breite im Gebet meine Sorgen vor Gott aus. Dann sage ich Amen und habe gar nicht gemerkt, dass ich die Last meiner Sorgen gar nicht richtig abgegeben habe. Meinen Sorgenrucksack trage ich immer noch auf dem Rücken. Denn es ist gar nicht so einfach, Dinge, die einen belasten, wirklich loszulassen.

Der Apostel macht uns dazu Mut. Das Wort „werfen“, das er hier benutzt, klingt sogar aggressiv. Und das bedeutet: Ich darf meine Sorgen Jesus vor die Füße werfen und sagen: „Hier sind sie. Ich komme damit nicht zurecht, sorg du dafür.“

Und wenn es Ihnen hilft, nehmen Sie doch ein paar Steine, schreiben Sie Ihre Sorgen darauf und werfen Sie sie bei Gelegenheit mit einem Gebet in den nächsten Fluss oder in den Wald und vertrauen Sie darauf, dass Jesus sich jetzt darum kümmert.

Viel Freude beim Sorgenwerfen!

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Kommentare (1)

Ulla S. /

Vielen Dank für diese guten Ermutigungen, ich bin so eine , die die Sorgen wieder mitnimmt ! Danke ! Es fällt mir so schwer , meine Sorgen Jesus hinzuwerfen , dann aber auch wirklich bei ihm zu lassen! Ich will es erneut versuchen!