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Vor dem Statthalter Felix
Der Bibeltext Apostelgeschichte 24,1-21 – ausgelegt von Friedrich Schechinger.
Nach fünf Tagen kam der Hohepriester Hananias mit einigen Ältesten und dem Anwalt Tertullus herab; die erschienen vor dem Statthalter gegen Paulus. Als der aber herbeigerufen worden war, fing Tertullus an, ihn anzuklagen, und sprach: Dass wir in großem Frieden leben unter dir und dass sich für dieses Volk vieles gebessert hat durch deine Fürsorge, das erkennen wir allezeit und allenthalben mit aller Dankbarkeit an, hochgeehrter Felix.[...]
Paulus ist in Haft. Im herrlich gelegenen Königspalast Caesarea. Dort am Ufer des Mittelmeeres residiert der römische Prokurator Felix. Wahrlich eine zwielichtige Person. Römische Geschichtsschreiber berichten, dass er ein Sklave war. Durch die Einflussnahme seines Bruders beim Kaiser Claudius in Rom wurde Felix Statthalter in Judäa. Er war ein willkürlicher, grausamer und gieriger Machthaber. Gegen religiöse jüdische Fanatiker ging er unmenschlich vor. Nun ist er der Richter in dem Strafprozess, den der Hohepriester Hananias gegen den Apostel Paulus einleitete.
Hananias war der Vertreter des gesamten Judentums. Zusammen mit einigen Mitgliedern des Hohen Rates bildete er eine Art Volksvertretung. Auch er war kein unbeschriebenes Blatt. Als brutal, korrupt und habgierig wird er beschrieben.
Die jüdischen Religionsbehörden wollten die Akte „Paulus“ möglichst schnell wieder schließen und den Fall gemäß ihren Vorstellungen zum Abschluss bringen. Deshalb haben sie sich gut vorbereitet und einen Juristen, namens Tertullus zur Klageerhebung zu Felix mitgenommen. Wegen seines Redetalents heuerten sie diesen Anwalt an.
Anklage
Mit seiner juristischen Schmeichelrede spricht Tertullus die Gefühle des Statthalters an. „Wir Juden leben in großem Frieden unter dir. Wir sind dankbar für Deine Amtsführung und deine Fürsorge.“ Das Gegenteil ist jedoch der Fall. In Wirklichkeit hat Felix in jeder Hinsicht seinen eigenen Vorteil gesucht. Diese Loyalitätsbezeugung ist im Kern unwahrhaftig und gründlich vorgetäuscht. Eine Heuchelei allererster Güte.
Und in dieser Unwahrhaftigkeit setzt sich die Anklage fort:
Paulus sei ein Unruhestifter bei allen Juden auf der ganzen Welt. Er ist eine Pestbeule. Also ein kranker Mann, der seine tödliche Krankheit auch noch überall verbreitet. Außerdem ist er der Anführer einer staatsgefährdenten Sekte. Tertullus schwenkt ganz einfach von einem Extrem ins anderen. Er rühmt Felix als hochgestellten Mann, während er im gleichen Atemzug den Apostel Paulus als eine Pest bezeichnet, welcher der ganzen Volksgesundheit schadet.
Es ist wahr, überall wo Paulus hinkam und von Jesus, dem auferstandenen Sohn Gottes erzählte, entstand unter den Juden Aufruhr und Unruhe. Allerdings waren die Juden immer selbst die Unruhestifter. Wo bei uns heute Gottes Wort verkündigt wird, bleibt da alles still oder kommen die Zuhörer in Bewegung? Ich wünschte mir das.
Tertullus beschreibt Paulus weiter als einen Bandenführer der „Sekte der Nazaräer“. Das war ein Name für die Christen. Er macht aus der Gemeinde Jesu eine Bande.
Und im dritten Anklagepunkt soll sich Paulus der Tempelentheiligung schuldig gemacht haben. Einen Heiden habe er in den nur für Juden zugänglichen Tempelbereich eingeschleust.
Während Tertullus sein Plädoyer hält, stimmten die anwesenden Juden ihm zu.
Verteidigung
Dann erhält Paulus von Felix die Gelegenheit, sich zu verteidigen. Er tut das alleine und mit einer Würde, die das Geschwätz des Tertullus völlig in den Schatten stellt. Paulus verwirklicht, was im 1. Petrusbrief, Kapitel 3,15 steht: „Seid aber jederzeit bereit zur Verantwortung gegen jeden, der Rechenschaft von euch fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“ (1. Petrus, 3,15) In Ruhe und mit der Gewissheit des Glaubens legt Paulus hier ein Zeugnis für Jesus ab.
In der richtigen Art und Weise das zu sagen, was dran ist, gilt es am Zeugnis des Paulus zu lernen. Der Heilige Geist leitet seine Kinder und gibt Weisheit und Kraft, das Richtige zu sagen. Dazu müssen wir allerdings das Wort Gottes kennen. Der Heilige Geist ist der Anwalt der Jesusleute. Er ist ihr Fürsprecher und Tröster. Es gibt keinen besseren „Anwalt“, der für die Sache der Seinen eintritt und sie leitet und führt. So gibt er Paulus die Weisheit, das Richtige im richtigen Augenblick zu sagen.
Ohne einen Anflug von Schmeichelei anerkennt er Felix als Richter über das Judenvolk und bringt ein nachprüfbares Alibi: „Vor 12 Tagen bin ich in Jerusalem angekommen, um im Tempel anzubeten. Der christlichen Gemeinde in Jerusalem hatte ich Spenden zu überbringen und im Tempel wollte ich opfern, deshalb bin ich hierhergekommen. Mit niemanden habe ich gestritten oder einen Volksauflauf inszeniert. Das ist doch kein Grund mich anzuklagen?“
Weiter legt Paulus dar, dass er kein abgefallener Jude sei, sondern dass er dem Gott seiner Väter dient. Er bekennt, alles zu glauben, was im Gesetz Moses und in den prophetischen Büchern steht. „Ich diene Gott“, das ist die Lebenshaltung von Paulus.
Darf ich Sie bitten, liebe Hörerin und lieber Hörer, dieses Zeugnis des Paulus auch für sich zu prüfen? Mit Ihren Möglichkeiten und mit Ihren Fähigkeiten dem lebendigen Herrn Jesus Christus zu dienen und ihm zu folgen!
Jesus Christus ist für Paulus die Grundlage seiner Hoffnung. Er ist auferstanden und wird wiederkommen. Das ist die sichere Erfüllung der Verheißungen, die Gott seinem Volk gegeben hat. Als Paulus die Auferstehung erwähnt, konfrontiert er den Statthalter Felix mit dem Zustand nach dem Tod. Darüber müsste Felix mal nachdenken. In dieser Hoffnung und Erwartung lebt Paulus. Das ist für ihn das Motiv, Gott mit einem guten Gewissen ohne Anstoß zu dienen. Keinesfalls wollte er etwas tun, wodurch die innige Beziehung mit Gott verlorenginge und er keine Sicht mehr auf die Erfüllung der Verheißungen Gottes hätte.
Sehr gut erinnere ich mich, wie wir als junge Männer im Park von Helsingborg saßen und mein Freund Walter uns den Satz zurief: „Darin übe ich mich, allezeit ein unverletztes Gewissen zu haben vor Gott und den Menschen. (Apostelgeschichte 24, 16)“
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