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Sendung des Timotheus und Rückkehr des Epaphroditus

Der Bibeltext Philipper 2,19-30 – ausgelegt von Reinhold Weber.

Ich hoffe aber in dem Herrn Jesus, dass ich Timotheus bald zu euch senden werde, damit ich auch erquickt werde, wenn ich erfahre, wie es um euch steht. Denn ich habe keinen, der so ganz meines Sinnes ist, der so herzlich für euch sorgen wird. Denn sie suchen alle das Ihre, nicht das, was Jesu Christi ist.[...]

Philipper 2,19–30

Ich stelle die nachfolgenden Gedanken unter die Überschrift „Vom Reden über Geschwister“ und möchte auf drei Akzente aus dem Text aufmerksam machen.

Ein erster Gedanke: In Liebe den Anderen sehen

Timotheus und Epaphroditus, zwei der engsten Vertrauten, sind hier namentlich genannt. Aber auch die Gemeinde in Philippi liegt Paulus am Herzen. Wieviel liebevolles Empfinden schwingt hier mit! Die Nachricht von der Gemeinde erquickt Paulus. Von Timotheus weiß er zu sagen, dass dieser „ganz seines Sinnes“ ist, der innerlich so ganz mit ihm übereinstimmt, mit dem er „ein Herz und eine Seele ist“. Die Genesung, die Epaphroditus widerfahren ist, empfindet Paulus als eine Wohltat an sich selbst. Und er malt sich die Freude aus, die bei der Gemeinde entsteht, wenn er diesen Mitarbeiter wieder nach Philippi sendet. Dies wiederum lässt sein Herz jubeln.

Ich habe mich gefragt: Was leuchtet bei mir auf, wenn ich den einen oder anderen Namen höre? Ist es die Liebe? Ist es die innige Gemeinschaft? Ist es das herzliche Mitempfinden? Oder gehen bei mir gleich andere Schubladen auf, wenn dieser oder jener Name fällt? „Ach, der Egoist“ – „Der redet zu viel“ – „Der hat mich mal beleidigt“ – „Der ist unpünktlich, unzuverlässig“. Und wenn es sich dabei um Verkündiger handelt: „Der hat immer dasselbe Thema, immer sein Steckenpferd, den kann ich bald nicht mehr hören!“

Waren das wirklich so ganz andere Menschen, dieser Timotheus und Epaphroditus, makellose Musterchristen? Dass von ihnen keine Negativdinge berichtet werden, muss nicht heißen, dass es sie nicht gab. Aber das heißt auf jeden Fall, dass Paulus die beiden zuerst mit den Augen der Liebe sieht. Und was er immer zuallererst sieht, Gott hat den Anderen lieb. Habe ich diesen Blick auf die Geschwister? Und kann ich sie deshalb auch selbst lieben?

Es war einmal bei einer Sitzung in einem kirchlichen Gremium. In einem bestimmten Zusammenhang meldete sich einer und sagte: „Es gibt Brüder, die dürfen wir von ganzem Herzen liebhaben. Und es gibt Brüder, die sollen wir liebhaben. Und dann gibt es noch andere Brüder, die muss der Herr Jesus liebhaben.“ Unsere Liebe zu dem Bruder, der Schwester darf sich nicht daran messen, ob und wie sie uns lieben. Die Liebe um Jesu willen ist voraussetzungslos. In einem Lied formuliert es Bodo Hoppe so: „Wenn Christus heute Menschen sucht, durch die er lieben will die Welt, will auch ich nicht ferne stehn. Hier bin ich, Herr, stärke mich!“

Ein zweiter Gedanke aus unserem Text:

Die Gaben des Anderen würdigen

Wenn Paulus an Timotheus denkt, dann denkt er auch an Gottes Handeln an diesem jungen Bruder. Zweimal hat Paulus ihn darauf hingewiesen. „Lass nicht außer Acht die Gabe, die dir gegeben ist …“ lesen wir in seinem ersten Brief an ihn (1. Tim. 4,14).

Und in einem späteren Brief sagt Paulus: „Ich erinnere dich daran, dass du erweckst die Gabe Gottes, die in dir ist …, denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Tim. 1,6-8) Gerade dieser Zuspruch weist hin auf die Fähigkeiten, die Timotheus jetzt nötig braucht.

Wie ist das mit den Gaben unter uns? Erkenne ich bei dem Bruder neben mir die Gabe, die Gott ihm gegeben hat? Sage ich es ihm auch? Und kann ich wirklich neidlos von der Gabe des Anderen sprechen? Was Paul Gerhardt in seinem Lied von der güldenen Sonne in einer Strophe im Blick auf irdische Güter sagt, gilt doch ganz besonders auch hier: „Lass mich mit Freuden ohn’ alles Neiden sehen den Segen, den du wirst legen in meines Bruders und Nächsten Haus“. Die Gaben und die Beauftragung des Anderen sehen und anerkennen, heißt ihn in der Originalität annehmen, in der Gott ihn geschaffen hat. Das heißt aber auch immer, ein Ja zu den eigenen Gaben und auch zu den eigenen Grenzen zu haben.

Drittens: Den Fleiß des Anderen anerkennen

Paulus zählt vieles auf, was die Brüder an Fleiß und Einsatz geleistet haben. Hier nur ein paar Beispiele. Vers 20: Timotheus hat mit ganzem Einsatz für die Gemeinde in Philippi gesorgt und wird das auch weiter tun. Oder Vers 22: Er hat sich bewährt und wie ein Kind dem Vater, so hat er mit Paulus dem Evangelium gedient. Den Epaphroditus nennt er in Vers 25 seinen Mitarbeiter und Mitstreiter und Helfer in seiner, des Paulus, Not. Und ihm bescheinigt er auch, dass er um des Werkes Christi willen in Todesgefahr gekommen ist und sein Leben nicht geschont hat, um Paulus zu dienen. Sogar die Bereitschaft zum Martyrium erkennt Paulus bei ihm an (Vers 30).

Das sind bewegende Zeugnisse von totalem Einsatz. Was Paulus bei sich selbst für selbstverständlich hält, hebt er bei seinen Mitstreitern besonders hervor. Von sich selbst kann er sagen: „Dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen, denn ich muss es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predige!“ (1. Kor. 9,16).

Und an anderer Stelle: „Ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist“ (1. Kor. 15). Paulus weiß auch um seinen eigenen Wert. Er war kein Faulenzer. Aber seine Leistung, sein Wirken ist jetzt nicht Thema. Ihm geht es um die Brüder. Sie will er in das rechte Licht rücken.

Ich frage: Wie denke und spreche ich vom Einsatz der Brüder und Schwestern? Spiele ich ihr Tun, ihren Einsatz nicht gerne herunter, um selbst gut dazustehen? Oft ahne ich gar nicht, was dieser und jener so ganz im Verborgenen tut und leistet. Da ist jemand, der macht Hausbesuche. Ein anderer hat es als seine Aufgabe übernommen, einem Rollstuhlfahrer zu helfen, wo es nötig ist. Wieder andere tun einen treuen, aber intensiven missionarischen Dienst, indem sie Traktate verteilen und, wo immer möglich, von Jesus reden. Wer denkt denn auch nur darüber nach, wieviel redaktionelle Arbeit nötig ist, bis wieder eine Ausgabe des Gemeindeblattes gedruckt ist, und dies meist durch ehrenamtliche Leute. Von der verborgenen, aber wichtigen Arbeit des Gebetes ganz zu schweigen.

Und für alle Diener gilt: Sie tun es im Auftrag Jesu, er ist der eigentliche Dienstherr. Das bedeutet: Das Maß meines Tuns ist nicht abhängig von anderen Menschen, sondern von der Liebe zu Jesus. Ihm bin ich verantwortlich. Das kann und soll mich auch unabhängig machen von Erfolg oder Misserfolg, von Ansehen oder Verachtung durch Menschen.

Und noch eines ist wichtig: Wer im Dienst Jesu steht, der hat sich nicht selbst zum Dienst eingesetzt, und der kann sich auch nicht selbst wieder entlassen. Paulus weiß seine Brüder und sich selbst in der Verantwortung vor Gott. Das ist gelebte Dienstgemeinschaft für Jesus.

 Wie rede ich über andere Christen?

  • In Liebe den Anderen sehen
  • Die Gaben des Anderen würdigen
  • Den Fleiß des Anderen anerkennen

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Kommentare (1)

Rike /

Eine sehr gute und gleichzeitig im positiven Sinne sehr herausfordernde Textauslegung, herzlichen Dank!