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/ Bibel heute

Paulus vor dem Hohen Rat

Der Bibeltext Apostelgeschichte 23,1-11 – ausgelegt von Wolfgang Hoppstädter.

Paulus aber sah den Hohen Rat an und sprach: Ihr Männer, liebe Brüder, ich habe mein Leben mit gutem Gewissen vor Gott geführt bis auf diesen Tag. Der Hohepriester Hananias aber befahl denen, die um ihn standen, ihn auf den Mund zu schlagen. Da sprach Paulus zu ihm: Gott wird dich schlagen, du getünchte Wand! Du sitzt da und richtest mich nach dem Gesetz und lässt mich schlagen gegen das Gesetz?[...]

Apostelgeschichte 23,1–11

Der Mensch denkt und Gott lenkt. Das fiel mir zuerst während der Beschäftigung mit diesem Abschnitt ein. Warum?

Nun, weil es oft anders kommt als Menschen es planen. Dabei will ich das Sprichwort nicht falsch verstehen: Es lehrt keinen Schicksalsglauben. Es geht also nicht darum, dass es völlig egal ist, was Menschen sich vornehmen, weil sie sowieso nur ein Spielball in der Hand Gottes sind. Nein, so ist das nicht.

Ich habe meinen Spielraum. Ich kann mein Leben gestalten. Aber meine Möglichkeiten sind begrenzt. Eigene Pläne scheitern. Denn ich bin nicht allmächtig, auch wenn ich mich manchmal so aufführe, als wäre ich es.

Allmächtig ist nur Gott. Und er setzt seinen Ratschluss auch gegen alle Widerstände durch. Gott fügt alles so, dass sich am Ende seine Heilsabsichten verwirklichen und das Evangelium läuft. Denn während die jüdische Führung den Apostel Paulus mit seiner Christusverkündigung für immer zum Schweigen bringen will, verhindert ein Nichtjude das große Unrecht. Darum:

1. Ein Heide handelt vorbildlich!

Er ist in dieser Stunde ein Werkzeug Gottes, der seinen Boten am Leben erhält. Denn als römischer Oberst rettet er Paulus aus der Hand seiner Feinde (zuvor schon in Apostelgeschichte 21,31). Er verhält sich damit korrekt und handelt nach dem römischen Recht.

Und das kann ich nicht hoch genug schätzen, wenn ein Staatswesen nach rechtsstaatlichen Prinzipien handelt. Paulus kommt das jetzt zugute. Denn als römischer Bürger hat er gewisse Rechte. Und nun kommt ihm die staatliche Ordnung zu Hilfe.

In Apostelgeschichte 23,10 steht: „Als aber die Zweitracht groß wurde, befürchtete der Oberst, sie könnten Paulus zerreißen, und ließ Soldaten hinabgehen und Paulus ihnen entreißen und in die Burg führen.“

So kann die Hilfe Gottes also auch ausschauen. Es ist ihm nicht schwer, die Seinen auf viele Weise zu bewahren. Und er tut das diesmal in Form eines aufrichtigen römischen Soldaten. Darum können die Feinde des Evangeliums ihren Plan nicht umsetzen. Trotzdem ist es für Paulus schmerzlich zu erfahren, wie groß die Blindheit in seinem Volk ist. Und diejenigen, die Hirten des Volkes sein sollten, kommen ihrer Aufgabe nicht nach.

Denn es ist der Hohe Rat, der gegen den Apostel vorgeht. Diese Männer bilden die geistliche Führung. Aber weil sie Jesus Christus abgelehnt haben, sind sie selbst zunehmend von Blindheit geschlagen. Und so handelt ein Heide vorbildlich, während führende Juden Schuld auf sich laden. Denn:

2. Die jüdische Führung versagt!

Und sie brechen ihre eigenen Gesetze. Denn ganz korrekt geht es in diesem Prozess nicht zu. Das erkenne ich schon daran, dass Paulus den Hohenpriester nicht direkt erkennt. Wäre dieser in seiner Amtskleidung erschienen, dann hätte der Apostel sofort gewusst, mit wem er es zu tun hat.

Jedenfalls sieht es so aus, dass es in diesem Verfahren nicht rechtmäßig zugeht. Stattdessen wird Paulus ohne Grund geschlagen, so wie es vor ihm schon Jesus Christus selbst im Prozess gegen sich erlebt hat.

Und auch Jesus hat dabei das Unrecht beim Namen genannt. Nur geht Paulus noch weiter als sein Herr, indem er seinen Peiniger unter das Gericht Gottes stellt. Ja, seine Worte klingen hart: „Gott wird dich schlagen, du getünchte Wand“.

Wände hat man damals mit Farbe gestrichen, um ihren schadhaften Zustand zu kaschieren. Ein deutlicher Fingerzeig auf das heuchlerische Verhalten der jüdischen Führung. Denn sie sind Eiferer für das Gesetz und brechen es doch selbst, wie gerade der Umgang mit dem Apostel zeigt. Aber auch Paulus muss sich korrigieren, als er hört: „Schmähst du den Hohenpriester Gottes?“

Damit gerät der Apostel nun selbst in den Konflikt mit dem Gesetz. Paulus verweist auf seine Unwissenheit, Apostelgeschichte 23,5: „Ich wusste es nicht, dass er der Hohepriester ist.“

Seine Legitimität als Oberster seines Volkes erkennt Paulus an. Darum rudert er nun zurück.

Er mag dabei von taktischen Überlegungen nicht ganz frei gewesen sein. Denn seine Reaktion gegenüber dem Hohepriester kommt auch bei den Pharisäern nicht gut an. Immerhin steht er ihnen nahe, ist er doch selbst Pharisäer. Und diese stehen insgesamt der Botschaft von Jesus offener gegenüber als die Sadduzäer.

Paulus nutzt das Konfliktpotential der beiden jüdischen Gruppen (Sadduzäer und Pharisäer) geschickt zu seinen Gunsten und für seinen Auftrag als Bote des Evangeliums.

Apostelgeschichte 23,6: „Als aber Paulus erkannte, dass ein Teil Sadduzäer war und der andere Teil Pharisäer, rief er im Rat: Ihr Männer, liebe Brüder, ich bin ein Pharisäer und ein Sohn von Pharisäern. Ich werde angeklagt um der Hoffnung und um die Auferstehung der Toten willen.“ Damit:

3. Der Apostel verteidigt sich!

Und das ist eben kein Gegensatz. Dass einer bereit ist, für das Evangelium zu leiden, wenn es sein muss. Das ist Paulus wie kaum ein anderer.

Aber das hindert ihn nicht, dass er weise und schlagfertig genug ist, die Gunst der Stunde zu nutzen. Denn darin kann er sich der Unterstützung der Pharisäer sicher sein: Sie lehren die Auferstehung und erkennen die ganze Bibel, das Alte Testament, an, im Gegensatz zu den Sadduzäern, die sich mehr und mehr der griechischen Kultur und ihrer Philosophie angenähert haben.

Kurzum: Die Sadduzäer erkennen nur die ersten fünf Bücher Mose an. Den Glauben an Engel und die Auferstehung lehnen sie strikt ab. Dafür halten sie viel von der Freiheit des menschlichen Willens.

Das ist den Pharisäern zuwider. Für sie ist alles festes Glaubensgut, was die Sadduzäer ablehnen (vgl. Apostelgeschichte 23,8). Darum kann Paulus bei ihnen punkten, als er auf seinen Glauben an die Auferstehung verweist. Deshalb kommt es nun zum Eklat.

Ja, die Pharisäer finden nichts Böses an ihm. Natürlich können sie nicht zugestehen, dass Jesus Christus auferstanden ist. Aber immerhin können sie das grundsätzlich überhaupt für möglich halten. Und sie schließen es nicht aus, dass Gott bei Paulus die Hand im Spiel hat und ein Geist (meinen sie Jesus) oder ein Engel mit ihm geredet hat.

Jedenfalls liegen die Positionen der beiden Parteien im Hohen Rat sehr weit auseinander und Paulus kann das für sich nutzen. Der aufkommende Tumult lässt den Oberst handeln. Er muss davon mitbekommen haben und gibt Befehl, Paulus in Sicherheit zu bringen. Wieder greift also der römische Staat zugunsten von Paulus ein.

Dahinter steht die göttliche Fügung. Denn noch hat Paulus seinen Lebenslauf nicht vollendet. Er soll auch noch in Rom Zeuge des auferstandenen Herrn sein. Und darauf bereitet ihn der Herr selbst vor. Er spricht Paulus Mut zu. Und das ist gewiss auch nötig, als er mächtigen Widerstand erfährt.

Es ändert aber nichts daran: So wie in Jerusalem so wird Paulus auch in Rom ein Zeuge von Jesus Christus sein. Denn die Botschaft von Jesus Christus lässt sich nicht aufhalten. Gott setzt seinen Heilsplan durch. Darauf können wir uns verlassen. Sein Reich kommt.

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