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/ Bibel heute

In Athen

Der Bibeltext von Apostelgeschichte 17,16-34 – ausgelegt von Karl-Heinz Schlittenhardt.

Als aber Paulus in Athen auf sie wartete, ergrimmte sein Geist in ihm, da er die Stadt voller Götzenbilder sah. Und er redete zu den Juden und den Gottesfürchtigen in der Synagoge und täglich auf dem Markt zu denen, die sich einfanden. Einige Philosophen aber, Epikureer und Stoiker*, stritten mit ihm. Und einige von ihnen sprachen: Was will dieser Schwätzer sagen? Andere aber: Es sieht aus, als wolle er fremde Götter verkündigen. Denn er verkündigte das Evangelium von Jesus und von der Auferstehung.[...]

Apostelgeschichte 17,16–34

„Tempelweihung für antike Götter“, so lautet die Überschrift einer Pressemeldung Anfang April dieses Jahres. Ihr Inhalt: „In der Region Arkadien in Griechenland ist der erste Tempel zu Ehren antiker Götter seit rund 1.700 Jahren geweiht worden. Medien zufolge nahmen an den Feierlichkeiten nahe des Dorfes Kalliani Hunderte Menschen teil. Sie huldigten den Göttern Zeus, Dionysos und Pan. Der Tempel soll liturgischen Zwecken dienen, im Inneren steht eine Statue des Hirtengottes Pan.“

Götzenkult

Der Rückbau des Christentums in der westlich geprägten Welt ist in vollem Gange. Er führt aber nicht in die Neutralität. Statt einem Kreuz an der Wand steht heute eine Buddha-Statue auf der Fensterbank oder im Garten – und kaum einer stört sich daran. Moderner Götzendienst. Menschen auf religiösen Abwegen, aber auch nach Sinnsuche und Halt. Das ist nichts Neues. Als Paulus nach Athen kam, dem kulturellen und religiösen Zentrum des Hellenismus, nahm er den ganzen vielgestaltigen Götzenkult wahr. Athen war damals „eine Stadt voll Götzenbilder“ (so Apostelgeschichte17,16). Paulus hat sich darüber aufgeregt. Allerdings hinderte es ihn später nicht daran, ohne Vorwürfe und sehr diszipliniert aufzutreten und von Jesus, von der Auferstehung und der Veränderung des Lebens wertschätzend, gewinnend und einfühlsam zu reden.

Was nimmt Paulus auf seiner „Sightseeing-Tour“ durch die Weltmetropole Athen wahr? Ich frage mich: Was kann ich von ihm lernen?

1. Ein mutiger Auftritt

Neben seiner Gewohnheit, überall, wohin er kam, zunächst in die Synagoge zu gehen, um dort das Evangelium zu verkündigen, ging Paulus in Athen auch auf den Marktplatz, um dort vom Glauben an Jesus zu reden. Das brachte ihm Diskussionen mit Philosophen, gleich auch den verächtlichen Spott von einigen Leuten ein. Es gab aber auch Menschen, die interessiert waren. Auf ihre Bitten kam Paulus mit auf den Areopag, den zentralen Gerichtsplatz Athens. Er zierte sich nicht, an diesem weltlichen Ort die Botschaft von Jesus zu sagen und Rede und Antwort zu stehen. Paulus nutzte, aus Sorge um die verlorenen Menschen, die Gunst der Stunde. Schließlich sind die Athener neugierig (Apostelgeschichte 17,21).

Es ist gewiss nicht jedermanns Ding und auch nicht jedermanns Auftrag, auf der Straße und den Marktplätzen für den christlichen Glauben zu werben. Aber wer es kann und den Auftrag empfindet, sollte es tun! Hat nicht Jesus schon im Gleichnis darauf hingewiesen, „auf die Landstraßen und an die Zäune“ zu gehen, um einzuladen (Lukas 14,23). Nein, das Evangelium gehört nicht nur hinter Kirchenmauern, in Wohnzimmer oder Vortragssäle. Es gehört mitten unter das Volk. Besondere Gottesdienste an besonderen Orten, in Parks, am Strand, … nur Mut! Die Botschaft Jesu hat einen öffentlichen Anspruch. Alle sollen sie hören.

Das setzt nicht außer Kraft, dass alle Christen den Auftrag haben, „bereit zu sein, von ihrer Hoffnung zu reden, wenn sie danach gefragt werden“ (1. Petrus 3,15). Manchmal ist es schon mutig, in der eigenen Familie, Verwandtschaft oder am Arbeitsplatz mit seinem Glauben nicht hinter dem Berg zu halten.

2. Ein mutiger Anknüpfungspunkt

Manchmal geht es mir so: Ich würde gerne mit jemand über den Glauben reden, aber wie soll ich beginnen? Bei seinem Rundgang durch Athen entdeckt Paulus einen Altar, der „Dem unbekannten Gott“ geweiht ist. Ich spüre etwas von der Angst, die allen Religionen eigen ist. Nur keinen der Götter vergessen, der mir deshalb dann übel mitspielen könnte. Daran knüpft Paulus an. Er holt sie bei ihren eigenen Vorstellungen ab und macht ihnen den einen Gott, der ihnen noch völlig unbekannt ist, bekannt. Jetzt ist bei Paulus aller Zorn über den Götzendienst verrauscht. Einfühlsam knüpft er an der Erfahrungswelt (Apostelgeschichte 17, 22 ff.) seiner Zuhörer an. Er zitiert sogar einen griechischen Dichter (Apostelgeschichte 17,28), um ihnen Gott als Schöpfer aller Dinge vorzustellen. Da ist eine gemeinsame Basis. Von dieser leitet er über und redet von Jesus.

Beim Reden vom Glauben gilt es, Anknüpfungspunkte zu suchen und zu nutzen. Wenn mir im Schwimmbad ab und zu jemand sagt, dass er es erholsam und erfrischend findet, schwimmen zu können, stimme ich gerne zu. Aber ich versuche auch, das Gespräch zu erweitern. „Ja“, sage ich dann gern, „ich versuche, regelmäßig zu schwimmen. Das ist für mich, neben dem Gottesdienst am Sonntag, der zweite Höhepunkt der Woche.“ Nicht immer ergibt sich ein weiteres Gespräch daraus. Aber meine Gesprächspartner haben es gehört! Wie sie dann weiter damit umgehen, überlasse ich ihnen. Ich hoffe und bete, dass es sie ins Nachdenken bringt. Kurze, präzise Fragen eignen sich besonders gut, um ein Gespräch zu beginnen.

3. Eine mutige Botschaft

Schon in der Synagoge hat Paulus klar und eindeutig von Jesus und der Auferstehung gesprochen. Das tut er auch auf dem Marktplatz und dem Areopag. In seiner Verkündigung geht es Paulus nicht um allgemeine christliche Lebensregeln, um Problembewältigung, damit Menschen ihr Leben besser meistern, Tiefschläge verarbeiten, neuen Lebensmut gewinnen. Das alles ist auch wichtig, steht aber nicht an erster Stelle. Das war das Thema der Philosophen. Die Athener verehrten viele Götter, aber den wahren, lebendigen Gott kennen sie nicht. Ihn sollen sie kennenlernen. Ohne andere Ansichten herabzusetzen, lässt Paulus keinen Zweifel daran, dass Gott ganz anders ist als alle menschlichen Bilder und Vorstellungen von ihm. Ziel der Rede und Gespräche von Paulus ist es darum, dass seine Zuhörer erkennen, wie Gott ist, wie er sie sieht, dass sie einmal ihr Leben vor Gott verantworten müssen und dass die Hinkehr zu Jesus die einzige Chance ist, vor Gott zu bestehen. Er bleibt seinem eigenen Motto treu (1. Korinther 1,23): „Wir predigen den gekreuzigten Christus“. Eine Botschaft, die bis heute gilt und weitergegeben werden muss.

4. Eine mutige Entscheidung

An der Botschaft der Auferstehung scheiden sich die Geister. Die Griechen lehrten zwar die Unsterblichkeit der Seele, aber nicht die Auferstehung des Leibes. Da entsteht Widerstand. Viele spotteten und wandten sich ab. Das wird es immer geben! Ich kann das nicht ändern, nehme auch das ernst. Ich darf diese Botschaft deshalb aber nicht verschweigen!

Bei aller Ablehnung ist der Einsatz des Paulus in Athen trotzdem nicht vergeblich. „Einige“ kamen zum Glauben, trafen eine mutige Entscheidung, die ihr Leben veränderte. Zwei Namen werden uns sogar überliefert (Apostelgeschichte 17,34). In Athen entstand die erste christliche Gemeinde. Ich erwarte, bete darum, dass auch heute, wenn das Evangelium verkündigt wird, „einige“ eine mutige Entscheidung treffen und zu Jesus und durch Jesus Rettung finden. Das Evangelium ist nicht nur ein Angebot, es ruft zu Umkehr und Neuanfang.

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Kommentare (2)

Rike /

Alles in allem hervorragend - gut erklärt, viele lebenspraktische Tipps, deutliche Botschaft! Herzlichen Dank dafür!

Wilfried C. /

Ein wunderschöner Text. Den Glauben nicht zu verstecken, aber ihn anderen nicht aufzwingen zu wollen, denn dies würde aus meiner Sicht einen Widerstand erzeugen. Aber jede Möglichkeit zu nutzen ein mehr