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/ Bibel heute

Die Gefangenschaft des Paulus und die Verkündigung des Evangeliums (2)

Der Bibeltext Philipper 1,18b-26 – ausgelegt von Traugott Farnbacher.

Was tut’s aber? Wenn nur Christus verkündigt wird auf jede Weise, es geschehe zum Vorwand oder in Wahrheit, so freue ich mich darüber. Aber ich werde mich auch weiterhin freuen; denn ich weiß, dass mir dies zum Heil ausgehen wird durch euer Gebet und durch den Beistand des Geistes Jesu Christi, wie ich sehnlich erwarte und hoffe, dass ich in keinem Stück zuschanden werde, sondern dass frei und offen, wie allezeit so auch jetzt, Christus verherrlicht werde an meinem Leibe, es sei durch Leben oder durch Tod.[...]

Philipper 1,18b–26

Milliarden Schreibvorgänge gehen täglich um die Welt. Ich schreibe Verwandten, Freunden, Privates und Geschäftliches. Alles Denkbare kommt in die Schreibe – persönliches Ergehen, Erreichtes und Verfehltes, Schönes, Trauriges, Hoffnungen und Ängste. Je nach Gegenüber öffne ich mich oder bleibe formal, schreibe kurz oder aber ellenlang. Welche Briefe bewahren Sie denn auf oder lesen dann und wann darin? Mir ganz wichtige Schreiben „entsorge“ ich nicht.

Der Brief des Apostel Paulus an die Philipper ist nicht irgendeiner. Er liest sich wie ein Vermächtnis: Was Paulus erfüllt, will er unterstreichen, unbedingt bewahren und weitergeben. Ihm geht es um etwas ganz anderes, als sich über Befindlichkeiten auszutauschen.

Sein alles bestimmendes Thema ist der große Dritte im Bund: Christus. Ihn beschreibt er als „Inbegriff meines Lebens“ – laut meiner Bibelübersetzung. Vor meinem inneren Auge erspähe ich, wie dieser - in meinen Augen - größte Missionar der Christenheit in seiner Zelle sitzt und in misslichen Umständen seine Lage, seine Erkenntnisse wie auch Bekenntnisse mit viel Herzblut in die Feder fließen lässt – ganz ohne Beratungsvorgang oder mithilfe eines Korrekturprogramms. Als ich vor Jahren an einer Hochschule diesen Brief behandelte, da reichten mir die 40 Seminarstunden im Semester kaum aus, um alle 4 Kapitel durchzuackern – so sehr haben mich diese Zeilen zum Nachdenken gebracht, zum Innehalten. Ich wurde dazu geführt, tiefer zu schürfen; mein Geist wurde klarer, meine Berufung gefestigt. Danke, Paulus, dass Du uns hier in innerste Bereiche Deines Glaubens und Dienens im Namen Jesu hineinblicken lässt. Wenngleich es der wohl persönlichste Brief im Neuen Testament ist, geben keine Eigeninteressen den Ton an.

Auf seiner zweiten Missionsreise hatte er diese Stadt Philippi erstmals besucht. Durch seine Verkündigung kam die Purpurhändlerin Lydia samt ihrer Familie zum Glauben. Sein Predigen führte auch zum Aufruhr, als er eine Wahrsagerin bloßstellte. Seine darauffolgende Tortur und den Gefängnisaufenthalt hatte er genau in Erinnerung. Der Gefängnisaufseher hatte über dem Wunder der friedlichen Befreiung des Paulus und seines Gefährten zum Glauben gefunden; weitere wurden getauft. So bildete sich allmählich die erste Gemeinde auf europäischem Boden. Sein Leitgedanke ist vor allem Dank an Gott für all das, was sein Dienst in Philippi bewirkte in der Kraft des Geistes. Ein Ergebnis davon war, dass einige Christen schon verschiedene Ämter innehatten. Sie und alle anderen waren durch die Gnade Gottes Heilige geworden, die im Glauben wachsen. Das enge, liebevolle Verhältnis zwischen der Gemeinde und Paulus zeigt sich auch darin, dass er nach seiner Zeit in Mazedonien von ihr materiell unterstützt wurde, von Epaphroditus vermittelt; Paulus nahm an dessen schwerer Krankheit und deren Überwindung teil. Also ein funktionierendes geistliches Teamwork – auch mit anderen Missionaren.

Wenn ich dieses Eingangskapitel lese, springt etwas von der Freude und Gewissheit des Glaubens auf mich über: Erkenntnisse, die fast nicht in Worte zu fassen sind. Hier scheint etwas von der Kraft des Erhöhten selber hindurch, werde ich in die Mission des Paulus hineingestellt, seine Lebensgeschichte, seine unerschütterliche Hoffnung. Denn Christus hat seinen Lebensweg dermaßen neu ausgerichtet, dass er sich in seinem Auftrag der Verkündigung und im Gemeindeaufbau ganz gewiss war und alles zur Ehre des Herrn geben will. Was eigentlich macht den Paulus so froh? Offenbar sein Glaube, dass dieser Jesus lebt, Menschen mit Gott versöhnt und dass er dies predigen darf.

Warum ist er sich seiner Sache so gewiss? Weil, wie er schreibt, Christus in ihm selbst lebt, ja Mitte seines Lebens ist. Was er erlebt und tut, all das dient letztlich dem Heilswerk Gottes in der Gemeinde und ihrer Sendung. Komme ich über den Weg und das Wirken Jesu einmal ins Zweifeln, dann lasse ich mich davon berühren, wie unmittelbar und aufrichtig Paulus solches niederschreibt. In seinen Briefen belegt er immer neu, dass seine Mission auf seiner Begegnung mit Jesus beruht. Daher geht Paulus seine Wege mit und unter Jesus.  Die Lebenskraft dieses Herrn ist so stark, dass sogar das Sterben des Paulus nur Gewinn sein kann. Dies malt er allen vor Augen. Nehmen Sie dieses Bekenntnis zu Herzen und geben es weiter, dann erhalten Sie auch in dunkelsten Seiten Zuversicht; nichts davon ist veraltet oder wirkungslos!

Paulus hofft, die Gemeinde noch einmal wiederzusehen – zum Einen, weil er sie im Glauben festigen will – aber auch weil sie Teil seines Lebens wurde. Es ist eben etwas ganz anderes, sich mal zu schreiben – oder aber sich persönlich zu begegnen. Miteinander vor Gott bringen, was wir erleben, erleiden, erhoffen, wünschen, uns anficht oder bestärkt. Wegen Christus vermag Paulus alles, schreibt er einmal; seine Kraft wirkt in ihm weiter. Daher bedarf es keiner neuen „Lehren über Christus“, um die man sich streitet – wie es damals schon manche besser wissen wollten als er. Schon machten falsche Lehren die Runde, sodass Paulus scharfe Worte wählt – um die rechte Lehre zu bewahren. Nichts wirft ihn aus der Bahn, weil er seine Einsichten durch Christus selbst bekam. In allem drückt er immer wieder seine Freude aus – ja fordert die Gemeinde auf, ihr Raum zu geben und daraus Kraft zu schöpfen.

Die Mitte des Briefes bildet der uns bekannte, sogenannte Christus-Hymnus in Kap. 2. Eine Frucht des Weges Jesu in die Erniedrigung und in die Erhöhung ist: Alle Christen haben ihr entscheidendes Erlebnis in der Wiederkunft noch vor sich, wenn sie einst mit Ihm vereint, überkleidet oder aber verwandelt werden. Darauf möchte Paulus selber nicht zu lange warten. Seine tiefste Sehnsucht ist, mit dem Herrn in seiner vollendeten Himmelswelt bald geeint zu sein, durch sein Abscheiden. Er hat zwar nicht die Wahl, wann dies geschieht, aber ist voller Erwartung. Solch dichte Aussagen über die Hoffnung von Christen auf die Begegnung mit ihrem Herrn finden sich nur in einigen seiner Briefe; sie sind mir besonders wertvoll: Christus ist unser Leben – und das kann kein Tod töten!

Die Sehnsucht auf die volle Gemeinschaft mit dem Herrn verschafft ihm eine völlig neue Perspektive: Das Beste kommt erst! Paulus ist frei zu gehen, aber auch bereit weiterzuleben – wenn es sein muss, eben dann zur Förderung des Glaubens und Lebens der Gemeinde. Weder Leistungsbilanz noch Eigenruhm als Schlussakkord. Alles dreht sich um die Verherrlichung Christi - heißt: Dass Jesus Christus als Herr erkannt wird; das zählt. Ich wünsche mir und Ihnen diese Ausrichtung und die Gewissheit des Paulus – in Jesu Nähe unsre Wege zu gehen und Christus ganz vorne anzusetzen.

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