/ Bibel heute
Die Abschiedsrede des Paulus an die Ältesten von Ephesus
Der Bibeltext Apostelgeschichte 20,17-38 – ausgelegt von Horst Bergmann.
Aber von Milet sandte er nach Ephesus und ließ die Ältesten der Gemeinde rufen. Als sie aber zu ihm kamen, sprach er zu ihnen: Ihr wisst, wie ich mich vom ersten Tag an, als ich in die Provinz Asia gekommen bin, die ganze Zeit bei euch verhalten habe, wie ich dem Herrn gedient habe in aller Demut und mit Tränen und unter Anfechtungen, die mir durch die Nachstellungen der Juden widerfahren sind.[...]
Abschied nehmen ist eine schwierige Angelegenheit. Gut, wenn man weiß, dass man sich bald wieder sieht, dann ist das nicht so dramatisch. Man sagt halt: Bis bald! – Schwieriger ist’s schon, wenn die Trennung eine längere Zeit währen wird. Da kann’s schon Tränen geben. Und wenn’s dann gar ein endgültiger Abschied ist! Gut, wenn mir der andere nicht so sehr wichtig ist, dann geht’s ja auch noch. Das Leben besteht eben aus Abschieden. Aber wenn mir der Mensch ans Herz gewachsen ist, der weggeht – das ist schon hart. Bzw. wenn mir die, die ich zurücklassen muss, sehr wertvoll sind – ja, das ist hart.
Und solch ein Abschied ist nun Thema unseres Bibelabschnitts. Da verabschiedet sich der Apostel Paulus von den Gemeindeleitern aus Ephesus. Sie haben so einiges miteinander erlebt. Nicht nur menschlich. Sondern gerade auch, was die Gemeinde Jesu Christi angeht. Miteinander haben sie die Anfänge in Ephesus bestaunen dürfen: wie sich da verschiedenste Menschen Jesus zugewandt haben; wie sie sich über das Heil in Jesus freuten; darüber, dass sie nun zum lebendigen Gott gehören durften. Miteinander haben sie so manche Kämpfe bestritten, manche Angst geteilt – wie da die Menge im Theater tobte. Da war so viel. Und nun – Abschied. Und Paulus ist sich sicher: Das ist einer für immer. Sie werden sich nicht mehr sehen. Entsprechend emotional geht’s hier zu. Und damit es nicht zu lange dauert mit diesem schmerzlichen Sich-Trennen, bestellt Paulus sie nach Milet, wo er auf seiner Reise nach Jerusalem Station macht. Das sind ca. 50 km Luftlinie, da waren die Leute 2 Tage lang hinwärts unterwegs - und 2 Tage lang zurück. Und das alles, um Abschied zu nehmen, endgültigen Abschied.
Was sagt man bei einer solchen Gelegenheit? – Es gibt einen Rückblick. Und einen Einblick in die Planungen, was den weiteren Weg angeht. Und einen Ausblick mit einigen Tipps. So wie bei uns, wenn wir Abschied nehmen – und genauso geschah es damals. Nicht so klar gegliedert, sondern wie bei einem emotionalen Abschied üblich ein wenig durcheinander. Das schauen wir uns nun an.
Der Rückblick zieht sich durch die ganze Rede des Apostels. Immer wieder taucht er auf. Nein, es ist keiner wie bei uns oft, so unter dem Thema: War das schön miteinander! - Es ist eher ein Rechenschaftsbericht. Vielleicht ahnt der Apostel, dass bald Leute kommen werden, die ihn schlecht machen wollen. Darum führt er alles an, was ihm wichtig ist im Rückblick. Er sagt nicht, dass er alles richtig gemacht hat. Aber dass er für Jesus da war. Mit voller Hingabe. Und in großer Not manchmal. Und dass er alles Notwendige weitergegeben hat. Damit ein Leben im Glauben an Jesus möglich ist. Das ist ihm wichtig. Alles andere hat demgegenüber zurückzutreten. Aber d a s betont er im Lauf seiner Rede noch einige Male: dass er den ganzen Ratschluss Gottes verkündigt hat – und keiner ihm deshalb einen Vorwurf machen kann (so in V.26 und 27). Und dass er niemandem zur Last fallen wollte, sondern selbst für seinen Lebensunterhalt gesorgt hat (so in V. 33 bis 35). Zusammengefasst: mit vollem Einsatz hat er dafür gesorgt, dass die Menschen in Ephesus mit dem auferstandenen Jesus Christus leben konnten; befreit von den Lasten der Vergangenheit durch seine Vergebung; getrost und mutig durch das Wissen um seine unsichtbare Gegenwart und seine Führung ins Neue hinein; froh, in der Nähe des allmächtigen Gottes als seine Kinder leben zu können; in der Gemeinschaft mit anderen. Rechenschaftsbericht beim Rückblick. – Ist u n s das eigentlich auch so wichtig, wenn wir andere zurücklassen? Dass d a s ihnen deutlich gemacht wurde – durch uns?
Nach dem Rückblick kommt ein anderer Blick, der Einblick. Der Einblick in Paulus Zukunftsgedanken. Bei unseren Abschieden erzählen wir ja auch von Plänen und was wir so alles vorhaben. Meist soll’s ja besser werden. Sonst würden wir nicht weggehen. Hier ist’s anders: Der Apostel Paulus ahnt, dass Schweres auf ihn zukommt. Und gleich zweimal macht er deutlich, dass es ihm hier nicht um seine Pläne und Ideen geht. Er spricht vom Geist, der ihn bindet. Und vom Geist, der ihm Gefangenschaft und Not ankündigt. Der Heilige Geist ist das, der Geist Jesu; nicht ein Menschengeist, nicht menschliche Ideen. Wie er ihm das deutlich gemacht hat, wissen wir nicht. Er hat’s. Und Paulus geht. Auch in eine unsichere und schwere Zukunft. Wenn der Weg nur mit Jesus zusammen gegangen wird, dann ist’s ein guter Weg. Können w i r das auch so sagen?
Und nach dem Rückblick und dem Einblick in seine Zukunftsperspektive kommt dann der Ausblick. Paulus blickt auf das, was auf die Freunde alles zukommen wird. Und gibt ihnen allerlei Ratschläge mit auf den Weg. So wie wir’s ja auch tun: Vergiss das und jenes nicht! – Denk an das und jenes! – Aber woran sollen die Ältesten aus Ephesus nun denken? – Sie haben eine große Aufgabe, nicht von sich aus, sondern – und hier wird der Apostel ganz feierlich - als vom heiligen Geist eingesetzte Hirten. Sie sollen auf die Herde achten – eben wie Hirten. Dass die Schafe, die ihnen anvertraut sind, recht leben können, geistliche Nahrung finden und –vor allem- bewahrt werden vor Angriffen. So wie Wölfe Appetit auf Schaffleisch haben, so wollen auch in übertragener Weise Angreifer das Leben der Christen zerstören. Und die kommen nicht nur von außen, sondern auch von innen. Da müssen die Hirten schon besonders wachsam sein. Oft sind die lauten Angriffe von außen ja gar nicht so gefährlich. Man kann sie ja als Angriffe erkennen, auch wenn sie Angst machen. Aber sie schweißen die Gemeinde zusammen. Viel gefährlicher sind die inneren Angriffe: wo Menschen, vielleicht sehr schlaue und faszinierende Menschen, andere an sich binden und sich unmerklich Stück für Stück an die Stelle Jesu setzen. Achtung! Wachsam sein! – empfiehlt der Apostel. Eine große Aufgabe. Auch für uns.
Rückblick mit Rechenschaft. Einblick in Zukunftsgedanken im Einvernehmen mit Gottes Willen. Ausblick mit Aufforderung: Wachsam sein.
Und dann geschieht das Wichtigste beim Abschiednehmen: das Gebet. Die anderen in Gottes Hand legen. Gott bleibt doch mit den Bleibenden – und geht mit den Weggehenden. Und verbindet sie beide. So Abschied zu nehmen ist gut. Auch bei uns. Abschied nehmen gehört zum Leben. Leider. Wie man gut Abschied nehmen kann, das können wir aus diesem Bibelabschnitt lernen.
Ihr Kommentar