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Der Aufruhr des Demetrius

Der Bibeltext Apostelgeschichte 19,23-40 – ausgelegt von Gernot Spelsberg.

Es erhob sich aber um diese Zeit eine nicht geringe Unruhe über den Weg. Denn einer mit Namen Demetrius, ein Silberschmied, machte silberne Tempel der Artemis* und verschaffte den Handwerkern nicht geringen Gewinn. Diese und die Zuarbeiter dieses Handwerks versammelte er und sprach: Ihr Männer, ihr wisst, dass unser Wohlstand von diesem Gewerbe kommt;[...]

Apostelgeschichte 19,23–40

Wenn die Götter wackeln.

Ephesus, die Weltstadt in Kleinasien, hatte ein großes Freilufttheater, eine Arena, mit 66 kreisförmig übereinander liegenden Sitzreihen mit etwa 25.000 Sitzplätzen. Stellen wir uns einen Moment lang heutige Fußball-Arenen vor, und hören wir, wie die Gefühle von Tausenden sich in Chören Luft machen und gegenseitig verstärken. Das hören wir bereits weit vor der Arena. In solchen Lärm hinein führt uns der gerade gehörte Bericht.

Doch bevor wir uns unter die aufgebrachte Menge mischen, blicken wir noch hinauf zu dem gegenüber liegenden Hügel. In majestätischer Ruhe thront dort eines der 7 Weltwunder:

Der Tempel der Artemis/Diana. Ein uraltes Heiligtum. Innen thront eine Diana-Figur, die einst direkt vom Himmel gefallen und an dieser Stelle gefunden worden sei, sagt man in Ephesus. Von hier aus wird sie als Fruchtbarkeitsgöttin rings um das Mittelmeer verehrt. Sie hat viele Brüste, trägt Kornähren, wird von einer Rehgeiß und einer Hirschkuh mit prallen Eutern begleitet. Ihr Kult ist zur Zeit unseres Berichtes noch weit verbreitet rings um das Mittelmeer. Ephesus aber ist zu ihrem hochkarätigen Wallfahrtsort geworden.

Aber wie lange noch? Denn: In den Geschäftsbüchern eines Silberschmiedes namens Demetrios zeigt sich eine merkwürdige Tendenz. Seit etwa 2 Jahren gehen die Umsätze zurück, die Nachfrage nach Abbildungen des Tempels und der Diana lässt erkennbar nach. Er und viele Handwerker, Arbeiter und Wiederverkäufer würden erhebliche Verluste haben, wenn das so weitergeht. Also versammelt er sie und hält eine flammende Rede, etwa so: „Hinter dieser katastrophalen Entwicklung steckt Paulus, der jüdische Wanderprediger, der seit 2 Jahren unter uns wohnt und hier, wie in ganz (Klein-)Asien verbreitet: ‚Das sind keine Götter, die mit Händen gemacht sind.‘ Und: ‚Gott wohnt nicht in Tempeln von Menschen gemacht.‘ Wenn das so weitergeht, wird es nicht nur unserem Handel schaden, sondern auch dem Tempel und der großen Göttin Diana, deren Verehrung im ganzen Weltkreis untergehen wird!“ – Und mit ihr die alte Götterwelt. Man ahnt es wohl: Die Götter wackeln.

Lokalpatriotismus

Diese Brandrede zündet ein gewaltiges Feuer an, das schnell auf die ganze Stadt überspringt. „Groß ist die Diana der Epheser!“ wird zum Schlachtruf, dem sich die Menge selbstverständlich anschließt, auch wenn den meisten nicht ganz klar ist, worum es eigentlich geht. Die Hörer der Rede aber werden die anderen so weit wie möglich, in Kurzform, informieren: Es geht um Glauben, Wohlstand und (Lokal-)Patriotismus. – Oder auch in umgekehrter Reihenfolge: Patriotismus, Wohlstand, Glauben - jedenfalls für jeden etwas und für alle alles.

Dieser Dreiklang kommt mir bekannt vor, erscheint immer wieder in politischen Programmen und griffigen Parolen. Und es gab nicht nur eine Diana der Epheser, es gab auch eine Diana der Deutschen, es gibt sie wieder als Kolossal-Diana der Russen, als Super-Diana der Amerikaner, also in Ost und West. Immer groß ist die Diana. Immer wenn Menschen oder Ideologien unsere Verehrung fordern und das auch noch religiös begründen oder mit Wohlstand und Patriotismus.

Zurück nach Ephesus. Betreten wir den Hexenkessel der Arena. Ein unbeschreiblicher Tumult. Die meisten wissen auch hier nicht, worum es eigentlich geht. Wir entdecken auch niemand, der nun das Wort ergreift. Demetrius, der Anstifter des Ganzen, ist nicht zu sehen. Vielleicht ist ihm diese Folge seiner Rede über den Kopf gewachsen. Wir vermissen auch Paulus. Später hören wir, dass er bei dem befreundeten christlichen Ehepaar Aquila und Priscilla den Aufruhr verbracht hat. Sicher in inständigem Gebet mit ihnen. Da wird es um die Menschen in der Arena, darunter zwei Gefährten des Paulus, gegangen sein. Die Gefahr eines Progroms lag in der Luft. Deshalb hatten einflussreiche Leute ihn abgehalten, selber dort zu erscheinen. Wenn er später den Korinthern von Ephesus aus schreibt, er habe hier im Theater „mit wilden Tieren gekämpft“ so kann das wohl nur heißen, dass er im Geist im Gebetskampf in der Arena war, und dass er dabei dem handgreiflichen Widerstand feindlicher Kräfte ausgesetzt war.

Ablehnung des jüdischen und christlichen Glaubens

Hier am Ort des Geschehens hat sich wohl herumgesprochen, dass der Aufruhr etwas mit den Juden zu tun habe. Die Synagogen-Leiter spüren die Gefahr – wohl nicht zum ersten Mal. Sie können einen ihrer Vertreter, Alexander, durch die Menge vorschieben bis zur Rednertribüne. Er soll eine Erklärung abgeben, dass es sich diesmal nun wirklich nicht um Juden handele, bzw. nicht um Juden ihrer Synagoge. Er hebt die Hand und wird sofort als Jude erkannt. Die Masse schreit ihn nieder, bevor er auch nur ein Wort sagen kann. Und dann bricht sich erneut der scheinbar so harmlose Ruf Bahn: „Groß ist die Diana der Epheser!“ Immer wieder, eine Viertelstunde, eine halbe Stunde, eineinhalb ja zwei Stunden lang die gleiche Parole! Die richtet sich jetzt gefährlich nicht mehr hauptsächlich gegen Paulus, sondern ganz eindeutig gegen „die Juden“. Ein Ausbruch von Antijudaismus. Aber natürlich sind Paulus und die jüdischen Christen in Ephesus voll mitbetroffen von diesem zweistündigen Dauerbeschuss, und auch die Heidenchristen in der Gemeinde am Ort kann das nicht kaltgelassen haben.

Geistlicher Kampf

Wie hält man das durch, diese totale Ablehnung durch viele Tausende Mitbürger? Der Aufstand der Silberschmiede ist zu einem Aufstand gegen Juden und Christen geworden. Ein Aufstand gegen die, die bekennen, dass Gott nur Einer ist, nämlich der, der Himmel und Erde gemacht hat. „Groß ist die Diana der Epheser!“ – immer wieder in diesem Hexenkessel geschrien, – braut sich auf zum Gegenprogramm, zum Kampf gegen den „Einen“. Und das hat etwas Dämonisches. Ein geistlicher Kampf zieht auf. Und Christen wissen, dass der durch Jesus schon entschieden ist. Sie brauchen sich nicht vor dem Gebrüll aus der Tiefe erschrecken. Sie erkennen darin eher die Verzweiflung von heillos gebundenen Seelen, die aufschreien, wenn ihnen das Heil zu nahekommt. So wird es in den Evangelien mehrfach berichtet, bevor Jesus ihre Dämonen austreibt und Menschen befreit.

Solche Befreiungen haben durch Paulus in Ephesus und darüber hinaus bereits viele erlebt. „Jesus ist Sieger!“ (Blumhardt). Das ist die Erfahrung und Gewissheit, die helfen wird in den erst noch kommenden römischen Verfolgungen. Die neue Parole im oft schwierigen geistlichen Kampf ist das Bekenntnis: „Kyrios Jesus! Herr ist Jesus!“ (Philipper 2, 11). Jesus ist Sieger – die Götter wackeln.
 

Das ist wichtig für Jesus-Nachfolger in den Bedrohungen, die die ganze Welt und jeden Menschen seit einigen Jahren erschrecken und in ihrer Fülle mutlos bis verzweifelt werden lassen. Mich bewegt bis heute der barbarische Überfall auf Israel vom 7.Oktober 2023 und nach der Empathie für die Opfer die unfassliche Welle des Antisemitismus in aller Welt. Welche geradezu dämonischen Kräfte sind da am Werk! Sie wenden sich auch offen gegen Christen. Noch nie in der Weltgeschichte wurden so viele Christen verfolgt, drangsaliert, getötet. Juden- und Christenverfolgung haben einen Höhepunkt erreicht und auch demokratische Staaten sind nicht gefeit vor diesen Einflüssen.

Am 6. November 2024 ganz früh morgens fand meine Frau dieses Zitat: „Um uns herum ist Fallen und Zerbrechen, aber Jesus steht aufrecht im Sturm der Zeit.“ Es war der Tag, der zwei Nachrichten brachte: Die „Ampel“ war zerbrochen und Donald Trump war gewählt. Das Zitat begleitet und stärkt uns seitdem in unserem geistlichen Kampf. Und auch ein Gebet der Zuversicht, das ich gerne mit Ihnen teile:

„Du wirst Dein herrlich Werk vollenden, der Du der Welten Heil und Richter bist. Du wirst der Menschheit Jammer wenden, so dunkel jetzt Dein Weg, o Heilger ist. Drum hört der Glaub nicht auf, zu Dir zu flehn, Du tust doch über Bitten und Verstehn.“ ( EG 241, 8 )

Ihr Kommentar

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Kommentare (2)

Sabine F. /

Da schließe ich mich direkt an: Es ist so wichtig und wohltuend, noch klare Stimmen in der Kirche zu hören - von Herzen Danke dafür!

Reinhold W. /

Vielen Dank für die glasklare Botschaft samt Anwendung auf heute!