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/ Wort zum Tag

Mein Erlöser

Georg Gremels über Hiob 19,25.

Jedes Mal, wenn ich diese Worte höre, erklingt die jubelnde Melodie aus Händels Messias in meinem Ohr. Nach schwerer Krankheit hatte Händel sich erhoben und sein Werk in einem Schwung geschaffen: „Mit geradezu rauschhafter Schaffenskraft komponierte Händel die Musik in nur drei Wochen. Die Inspiration dazu riss ihn aus einer schweren Krise heraus, sie eröffnete ihm eine tiefe Glaubenserfahrung und wurde in ihm zu unsterblicher Musik.“ So eine Aufzeichnung des Deutschlandfunks im Internet.

Neugierig wurde ich. Wie lautet wohl dieser Vers ganz? Ich sah in der neuen Lutherbibel von 2017 nach: „Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben.“ Doch erinnere mich an einen etwas anderen Wortlaut. Daher griff ich zu einer älteren Version der Lutherbibel von 1864. Dort fand ich hinter diesem Vers kleingedruckt den originalen Wortlaut Luthers: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und er wird mich hernach aus der Erden aufwecken.“ – Was für ein Unterschied! Wird der Erlöser sich erheben, wie es nach der heutigen, wissenschaftlich geprüften Übersetzung lautet? Oder wird der Erlöser mich aufwecken, wie Luther noch übersetzte? Entweder also sich erheben oder mich aufwecken?

Beides macht Sinn, denn ein Erlöser kann nur erlösen, wenn er sich zuvor selbst aus dem Staub erhoben hat. Aber mein Erlöser ist doch nur der wirklich meine, wenn er mich aus der vergänglichen Erde aufwecken wird. Wem folgen? Ich bleibe daher einfach nur bei den zwei Worten, die dasselbe bekennen: „Mein Erlöser“!

Damit offenbaren sie unwiderleglich, was die flüchtige Wahrnehmung vieler gern überlesen will! Wir entwickelten, gebildeten, geschäftigen Menschen werden Gott das Werk der Erlösung aus der Hand nehmen. Wissenschaft und Technik vollbringen wahre Wunder, wo der Mensch früherer Zeiten noch ohnmächtig und hilflos dem Geschick ausgeliefert war und auf die Religion hoffte. Aber heute können wir uns selber helfen! Doch wieweit können wir es? Hat sich der Mensch in seinem Wesen verändert? Kann er sich selbst erlösen? Kann er selbst seine Mängel überwinden und selbst seine Irrwege vermeiden? Viele glauben das! Selbsterlösung ist heute angesagt, die einen Erlöser überflüssig macht! Die Krise der Kirchen ist ein deutliches Zeichen dafür.

Auf der Schwelle zur Neuzeit hat ein Mönch namens Luther in bitteren Klosterjahren durchlitten, dass er mit dem Projekt Selbsterlösung auf der ganzen Linie gescheitert war. In langen Klosterjahren hatte er versucht, aus eigener Kraft Gott näher zu kommen. Trotz seines geheiligten Mönchslebens versank er immer tiefer in die Gottesferne. Doch dann erfuhr er, wie Gott sich in sein Herz senkte. Dann bekannte er mit Hiob: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!“

Mehr als hundert Jahre später machte ein genialer Mathematiker, Blaise Pascal, dieselbe Erfahrung. Ein Großteil seines letzten Werkes, der „Pensees“, „die Gedanken“, dreht sich darum, dem Menschen bewusst zu machen, dass er verloren ist. Damals erwachten die Freigeister, die die Wahrheit der Erlösung hinter sich lassen wollten. Ein selbstbewusster und selbstbeherrschter Mensch brauche keinen Erlöser! Er könne sein Leben aus eigener Kraft und eigener Einsicht aus dem Elend befreien, ohne einen Gott anzurufen. Ihnen bezeugt Pascal wieder und wieder – mit eigener Erfahrung durchtränkt –, wie verloren der Mensch ohne Gott ist. Er hätte gewiss in das Bekenntnis Hiobs eingestimmt: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!“

Weiß ich davon? – Durch abgründige Erfahrungen in meinem Leben war ich bis an den Punkt gekommen, wo nichts und niemand mir mehr weiterhelfen konnte, wo mich dann dieser Jesus aus der Verfahrenheit meines Lebens befreite!  Besonders wenn ich Spannungen selbst nicht mehr lösen kann, dann öffnet mir die alte Wahrheit Hiobs einen hellen Horizont: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“!

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