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Kleider des Heils

Georg Gremels über Jesaja 61,10

Meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen und mich mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet.

Jesaja 61,10

Dieses Gotteswort erinnert mich an einen erschreckenden Traum. Ich betrete bei einer Hochzeit den gut gefüllten Festsaal und sehe die vielen Menschen, die dort miteinander reden, lachen und feiern. Doch dann sehe ich an mir selbst herunter. Ein eisiger Schreck durchfährt mich: Ich bin splitterfasernackt! Entsetzen - was tun? Wie aus dem Saal herauskommen? Aber seltsam: Keiner der Umstehenden nimmt von mir Notiz.

Wenn  doch jetzt einer käme und würde mir einen Mantel umhängen oder einer der Kellner statt des Tabletts mit Sekt ein paar Kleidungstücke reichen! Ich möchte im Boden versinken. Doch dann erwache ich, ungeheuer erleichtert! Ich liege in meinem Bett. Ich habe nur geträumt.

Wie muss sich das Volk Gottes gefühlt haben, damals, als alles verloren war? Jerusalem zerstört und ohne schützende Mauern. Nackt und entblößt die heilige Stadt, Räubern und umherziehenden Horden ausgesetzt. Und wie traurig waren sie, wenn sie zum Zion hinaufstiegen und nur die Trümmer ihres zerstörten Tempels sahen. Verwüstung, Zerstörung, Chaos, als hätte ihnen eine gewaltige Hand die festlichen Kleider vom Leibe gerissen.

Da trat Jesaja auf, nachdem viele aus der Gefangenschaft im babylonischen Exil zurückkehrten und vor der Aufgabe des Wiederaufbaus verzagten. Depression und Niedergeschlagenheit, Müdigkeit und Überforderung machte sich breit. Damals wurde der Prophet vom Geist Gottes ergriffen. Er wurde sich bewusst, dass das Leben stärker ist als der Tod, dass Gottes Güte und Gottes Gerechtigkeit größer ist als alle Verfehlungen.

Damals fasste er seine Botschaft in dieses Bild hochzeitlichen Schmucks, denn unser Losungswort schließt: So kleidet Gott, „wie einen Bräutigam mit priesterlichem Kopfschmuck geziert und wie eine Braut, die in ihrem Geschmeide prangt.“

Er kleidet mich mit Heil. Aber wie wollen wir Heil anziehen?  Hosen und Hemden, Röcke und Blusen kann man anziehen, aber so doch nicht das Heil! Was an und in mir könnte sich mit Heil schmücken wie eine Braut? Doch meine Seele, mein Selbst, meine Person. Von ihr weiß ich, wie empfindlich sie ist. Von ihr weiß ich, wie sehr ich einer schützenden Hülle bedarf.

Wenn ich die Kleider von Gottes Heil trage wie ein Brautkleid, dann wird keiner mehr die Nacktheit und Verletzlichkeit meiner Seele sehen können, sondern wird dieses wunderbare Kleidungsstück bestaunen. So schön, so umschmeichelnd, so verzaubernd ist es, wenn Gott mich mit seinem Heil umhüllt.

Aber wie geschieht das praktisch? Damals sandte Gott seinen Boten Jesaja, der ihnen von den Hochzeitskleidern des Heils erzählt. Damals hat Jesus seine Jünger das Sehen gelehrt, damit sie sich am aufblühenden Leben der Blumen und am fröhlichen Zwitschern der Sperlinge erfreuen.

Und heute? Hüllt uns nicht genauso die herbstliche Natur in ihrer bunten Pracht und reichen Ernte ein? Gibt mir nicht das Losungswort Gottes so viel Gutes mit auf meinen Weg? Finde ich nicht immer wieder Menschen, die mich ermuntern, die mir beistehen und Mut einflößen?

Und wie ist es, wenn der Wind der Geschichte mir besonders scharf entgegenweht? Dann muss ich mich warm anziehen. Dann ist der Mantel der Gerechtigkeit genau das Richtige. An ihm perlt der Regen ab und kein Windhauch kann ihn durchdringen. So will mich die Gerechtigkeit Gottes in meiner Verletzlichkeit und Angreifbarkeit schützen.

Wir feiern 500 Jahre Reformation und ehren Martin Luther. Er entdeckte doch: Es ist nicht mein Mantel, den ich mir umlege. Es ist sein Mantel, Jesu Mantel, den er mir um meine Schultern legt. Es ist seine Gerechtigkeit, mit der er mich verwandelt.

Ich müsste ihn nur anziehen, diesen Mantel. Mein geistlicher Vater sagte einmal zu mir, um mir die Gerechtigkeit nahezubringen, die Gott uns schenkt: „Du kannst gar nicht so viel sündigen, wie er vergeben kann.“

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