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/ Wort zum Tag

Ich habe deine Tränen gesehen

Simon Diercks über Hiob 2,11.13

Als die drei Freunde Hiobs all das Unglück hörten, das über ihn gekommen war, kamen sie und saßen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war.

Hiob 2,11.13

Sieben Tage und sieben Nächte einfach nur da sein. So wird es in der Bibel von den drei Freunden eines Mannes namens Hiob berichtet. Wow, Respekt. Ich meine, hätte es für die drei Freunde nichts zu sagen gegeben? Etwas Aufmunterndes, wie: Das wird schon wieder! Morgen sieht die Welt schon wieder anders aus! Du schaffst das! Oder sonst eine Mut machende Worthülse?

Nein, denn keine dieser Phrasen hätte für ihren Freund Hiob hier ein Trost sein können. Was war geschehen? Hiob hatte seine Tierherden, Arbeiter, Haus und Kinder verloren und sein Körper war mit eiternden Geschwüren überzogen.

Da helfen keine wohl gemeinten Ermutigungen. Und da sieht die Welt am nächsten Tag auch nicht schon wieder rosig aus. Immer wieder habe ich in Krankheits- und Krisenzeiten erlebt, dass Menschen es eben nicht ausgehalten haben, einfach da zu sein und zu schweigen mit mir. Und wie gut kann es tun, wenn ich das für einen anderen einfach mal aushalte, still mit ihm oder ihr trauere.

Ich denke an eine Frau aus meiner Gemeinde, die ihren Mann, mit dem sie seit Teenagerzeiten ihr Leben teilte, sehr schnell durch Krebs verloren hat. Oftmals saß ich bei meinen Besuchen irgendwann einfach nur bei ihr, wenn sie geweint hat oder in Erinnerungen versunken ist. Denn - und da sitzen wir oft einen verhängnisvollen Irrtum auf: dass es gerade nichts Tröstendes zu sagen gibt, heißt nicht, dass unsere Gegenwart nicht trotzdem Trost spenden kann. Zu erleben, nicht allein zu sein in seinem Leid. Zu erleben, dass jemand die Ausweglosigkeit meiner Situation mit mir aushält. Das gibt neue Kraft und Trost, der mit Worten nicht zu machen ist.

Das gilt auch für die schmerzhafte Frage: Wo ist denn Gott jetzt in meinem Leid? Nachdem wir als ganze Familie über ein Vierteljahr mit Krankheit zu kämpfen hatten, gab es Monate, in denen ich in meiner Verzweiflung zwar nicht Gottes Reden wahrgenommen habe. Aber gespürt habe, dass er jetzt einfach mit mir da ist und es in meinem Leid aushält. Mir ist klar geworden, dass Gott nicht nur da ist, wenn er schwallartig zu mir redet, sondern auch, wenn es gerade nichts zu sagen gibt.

Gerade in diesen Momenten gilt Ihnen und mir Gottes Zusage, wie er es an anderer Stelle der Bibel durch seinen Propheten Jesaja seinem König Hiskia sagen ließ: "Ich habe dein Gebet gehört und deine Tränen gesehen." (Jesaja 38,5) Die Zusage, dass Gott Sie mitten in ihrem Leid sieht und nicht alleine lässt.

Und nein, damit ist nicht alles Leid aus der Welt und am nächsten Tag wieder eitel Sonnenschein. Aber wenn der Herr dieser Welt es aushält in meinem Schmerz, meiner Verzweiflung bei mir zu sein, dann – so bin ich überzeugt – werde ich und werden Sie auch durch dieses Leid hindurch gehen können.

Wie Hiob: derselbe Hiob, der sprachlos vor Schmerz war, staunt später über Gott: „Ich weiß jetzt, dass dir nichts unmöglich ist.“ (Hiob 42,2a)

Was auch immer gerade Ihr Leid und Ihr Schmerz ist, ich möchte Ihnen von Gott, wie Jesaja es einst tat, zusagen: "Ich habe dein Gebet gehört und deine Tränen gesehen."

Und: gibt es vielleicht jemand, mit dem Sie – ohne fromme Phasen und Mut machende Worthülsen - heute einfach mal sprachlos auf dem Boden sitzen und im Leid nahe sein können?

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Kommentare (4)

Rainer /

Vielen Dank. Ich habe selber in Situationen des Beistands" oft eine Art "Erwartungshaltung" verspürt, etwas tröstendes reden zu "müssen." Es tut gut zu wissen, dass man dem Anderen allein schon durch die eigene Anwesenheit und damit durch "Teilen des Schmerzes" hilft.

Dieter B. /

Sehr gut. Ich möchte lernen, an passenden Stellen zu schweigen und an passenden Stellen Gott bitten, dass er mir die richtigen Worte schenkt. Durch Nähe ohne viel Worte dem der in Leid und Not ist zu zeigen "Ich leide mit Dir". Vielleicht genügt nur ein Händedruck oder ein Blick.

Angelika J. /

Herzlichen Dank für Ihre guten Worte zum Tag, die tröstlich sind und bestärken im einfachen Dasein.

Sabine /

Danke für Ihre guten u mir sehr hilfreichen Worte!