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/ Wort zum Tag

Alle Tränen gezählt

Helmut Heiser über Psalm 56,9

Sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie.

Psalm 56,9

Es gibt Worte der Bibel, die schon Generationen vor mir Menschen in schwierigen Situationen gestärkt und getröstet haben. Besonders in den Psalmen sind sie zu finden. Sie drücken aus, was Menschen in großem Glück oder in tiefer Trauer empfunden und vor Gott gebracht haben. Manchmal finde ich mich auch mit meinem Leben in ihnen wieder und weiß mich dann in ihnen aufgehoben.

Solch ein Wort ist uns heute mit in den Tag gegeben. Es steht als Bitte an Gott formuliert in Psalm 56, Vers 9 und lautet: „Sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie.“

Hinter dieser in großer Trauer geäußerten Bitte des Psalmisten steht das feste Vertrauen, dass Gott sein Leben kennt. Auch wenn er von einer schweren Lebenskrise betroffen ist und unzählbare Tränen geweint hat, so gilt für ihn doch die Gott gegenüber formulierte Gewissheit: „ohne Zweifel, du zählst sie.“

Tränen gehören zur Wirklichkeit des individuellen und gemeinsamen Lebens. Starke innere Gefühle finden durch sie ihren Weg nach außen. Sie begleiten die langen Wege der Trauer und können doch nicht ungeschehen machen, was geschehen ist. Sie brechen hervor, wenn Worte fehlen. Keiner sollte seine Tränen unterdrücken. Sie können zu einer Brücke zu Gott und zum Nächsten werden.

Von David, dem unser heutiges Psalmwort zugeschrieben wird, wird berichtet, dass er sogar im Gehen sein Weinen nicht aufhalten konnte. Er ließ den Tränen seiner Trauer um den Tod seines Sohnes Absalom freien Lauf. Von Petrus wissen wir, dass er nach seinem dreimaligen Leugnen, Jesus zu kennen, hinausging, um bitterlich über sich selbst zu weinen.

Bis heute ist es durch alle Geschichte so geblieben: Wo unser Herz in der Tiefe angerührt und verletzt wird, wo wir in der Tiefe unserer Seele erschüttert werden und Trauer uns überfällt, können wir manchmal nicht anders als weinen. Wir dürfen es dann auch und sollten unsere Tränen nicht zurückhalten. Wir sollten sie ruhig fließen lassen in der Geborgenheit, dass Gott alle unsere Weg kennt, unsere Tränen zählt und alles seine Zeit und Stunde hat. 

Als Christ weiß ich zwar, dass Gott eines Tages alle Tränen abwischen wird, kein Leid und Kummer mehr sein wird. Aber an dieser Hoffnung festzuhalten ist nicht einfach für jene, die das Tal der Tränen durchschreiten.

Denn noch sind nicht alle Tränen geweint, ist nicht aller Schmerz und aller Kummer gestillt. Auch heute werden Menschen weinen, aus ganz unterschiedlichen Gründen.  Wir können Gott darum bitten, nicht wegzuschauen. Und auch wir sind aufgerufen, ihre Tränen zu sehen und angemessene Wege zu finden, ihnen in der Liebe Gottes nahe zu sein.

 

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Kommentare (1)

Dieter B. /

Eine gute Auslegung dieses Verses aus Psalm 56. Der Gott Jakobs ist der Vater, welcher die Tränen zählt. Eine schöne Brücke bauen Sie zu Petrus und zu Jesus Christus. Der Gott Israels läßt sich nicht mehr