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/ Wort zum Tag

Es ist an alle gedacht

Kerstin Offermann über Philipper 2,3.

Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst.

Philipper 2,3

„Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht.“ Dieser Slogan ist locker dahin gesagt, augenzwinkernd, aber grade deshalb beschreibt er treffend, wie wir Menschen ticken. „America first“ , Amerika zuerst, kommt ja deshalb so gut an, weil es der menschlichen Eigenart entspricht. Unterm Strich zähle ich. Das ist nicht neu. Das ist uralt. Es zieht sich durch die Geschichte der Menschheit wie ein blutroter Faden. Macht und Ansehen gingen immer auch mit einer Bereitschaft zur Rücksichtslosigkeit und einer Entschlossenheit einher, für sich selbst zu kämpfen und dafür, wenn es sein muss, auch über Leichen zu gehen. Die Botschaft der Bibel hält dagegen. Sie setzt auf Liebe und Solidarität. Sie setzt auf Schwäche und Barmherzigkeit. Paulus formuliert es im Brief an die Gemeinde in Philippi so: Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst.

Besonders pikant an diesem Brief ist, dass Paulus ihn aus dem Gefängnis schreibt. Er ist grade ganz offensichtlich in der Position des Schwächeren. Für seine eigene Ehre kann er grade nicht viel ausrichten. Das wird ihm von anderen vorgeworfen: er sei ja wohl unglaubwürdig! Wenn er wirklich etwas mit Gott zu tun hätte, würde er doch nicht so ohnmächtig im Gefängnis sitzen und so wenig bewirken. Die Philipper sind verunsichert. Hat Paulus sich vielleicht geirrt?

„Lasse reden!“, sagt Paulus, wir sind ja nicht die ersten, über die so geredet wird! Das ging Jesus doch genauso: „Steig herab vom Kreuz, wenn du Gottes Sohn bist!“ Paulus findet, dass es eine Ehre ist, genauso behandelt zu werden, wie Jesus behandelt worden ist. Jesus ist für Paulus die Blaupause für sein Leben. Wenn es für Jesus gepasst hat, auf alles zu verzichten und ohnmächtig zu sein, dann passt das auch für Paulus. Jesus hat schließlich auf sehr viel mehr verzichtet, als es sonst irgendjemand könnte: Jesus verzichtete darauf, Gott gleich zu sein und wurde Mensch. Er verzichtete auf die Macht über Himmel und Erde aus Liebe zu den Menschen. Und nachdem er auf sein himmlisches Leben verzichtet hatte, verzichtete er auch noch auf sein irdisches Leben. In diesem bewussten und freiwilligen Verzicht auf Macht und Einfluss und Anerkennung liegt eine solche Sprengkraft. Jesu Verzicht hat die selbstsüchtige Logik des Todes selbst gesprengt.

Seitdem gelten andere Regeln. Die Logik der Liebe. Es ist ein Privileg für die, die zu Jesus Christus gehören, so zu leben, wie Jesus gelebt hat. Darum, sagt Paulus: Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst.

Und bei Licht betrachtet kann man ja den Slogan von eben auch so drehen: Wenn jeder an den anderen, mit dem er zusammenlebt, den er heute trifft, mit dem er zu tun hat, denkt, dann ist an alle gedacht. Und sollten die anderen um mich herum heute nicht so liebevoll und großzügig gestimmt sein und lieber an sich selbst denken, als an mich. Macht doch nichts. An mich ist ja auf jeden Fall gedacht. Jesus Christus findet mich so wichtig, dass er um meinetwillen auf alles verzichtet, damit ich mitbekomme, dass er mich über alles liebt. Weil der Verzicht von Jesus Christus ein göttlicher Verzicht war, ist die damit gezeigte und geschenkte Liebe groß genug für uns alle. Für alle Menschen, auch für Sie. An Sie ist also gedacht. Da kann man ja mal einen freundlichen Gedanken an einen andern riskieren, finde ich.

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