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Bedürfnisse

Wolfhart Schlichting über Jesaja 58,7.

Die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!

Jesaja 58,7

Im Buch des Propheten Jesaja steht der Satz: „Die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus“.

Das ist eine klare Anweisung. Sie geht von Gott aus. Aber gerade darüber ist gegenwärtig in Europa ein bitterer Streit ausgebrochen. Denn auf einmal standen Obdachlose in Massen vor der Tür, sodass die Sorge aufkam, die Räume im Haus könnten nicht für alle ausreichen. Und ist nicht zu befürchten, dass man, wenn sich die Aufgenommenen breit machen, am Ende selbst in die Ecke gedrängt werden könnte?

Gottes Wort gebietet Nächstenliebe. Ich darf nicht darüber hinweggehen, dass die Obdachlosen Menschen sind wie ich. Ihre Bedürfnisse sind genauso berechtigt wie meine eigenen. Bei Jesaja heißt es : „Entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut.“ Behandle sie wie Verwandte.

Aber nun fällt mir auf, dass zur Zeit zwischen denen, die zwar nicht ihr eigenes Haus, aber doch unser Land für Aufnahme offen halten wollen, und denen, die meinen, die Grenzen schließen zu müssen, Vorwürfe und Unterstellungen von beiden Seiten immer schärfer werden. Man feindet sich an. Sogar in Parlamentsdebatten kommt ein hasserfüllter Ton auf. Selbst das Wort „Nächstenliebe“ wird wie ein Schlagstock gebraucht, der den Kopf des Nächsten treffen soll. Entzieht man sich da nicht auch seinem ´Fleisch und Blut`?

Von ähnlichen Zuständen handelt das 58. Kapitel des Jesajabuches. Dort ist von Fasten die Rede. Fasten ist eine fromme Übung. Aber Gott sagt: Ihr seid untereinander so rücksichtslos, dass ich auf eure Fastenzeit keinen Wert lege. Für uns könnte das bedeuten: Wenn ihr Einheimischen nicht einmal unter euch im gleichen Haus zusammenkommen und über eure Sorgen und Anliegen vernünftig miteinander sprechen wollt, was soll man dann von den so genannten „Werten“ denken, die ihr zu verteidigen vorgebt, und von eurer Offenheit für Fremde? Ein Fasten, das für mich annehmbar wäre, sagt Gott, müsste begleitet sein von gegenseitiger Einfühlung. Aber Einfühlung setzt ein grundlegendes Wohlwollen voraus. Das vermisse ich bei euch. Die Bibel spricht von „Liebe“.

Um wirklich Liebe aufbringen zu können, müsste man aber wohl die Erfahrung der bewegenden Liebe Gottes gemacht haben. Als erstes wäre also daran zu erinnern, wie Gott der Welt Liebe erwiesen hat. Jesus ist gekommen, um Entzweite zu versöhnen und die gegenseitigen Anschuldigungen durch Vergebung zu entschärfen.

Wenn die Gastgeber als Christen gemeinsam von dieser Erfahrung ausgehen würden, könnten sie sich wohl über verantwortbare Maßnahmen verständigen. Man müsste einmütig im Rahmen des Möglichen solche, die wirklich „im Elend ohne Obdach sind“, aus Liebe „ins Haus“ aufnehmen. Der 1. Johannesbrief ruft dazu auf: „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt“ (4,19).

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