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Zuhören

Daniel Eschbach über Apostelgeschichte 20,7

Am ersten Tag der Woche, als wir versammelt waren, das Brot zu brechen, predigte ihnen Paulus.

Apostelgeschichte 20,7

Man darf über alles predigen, nur nicht über eine halbe Stunde! Das wurde uns im Laufe der theologischen Ausbildung immer wieder ans Herz gelegt. Unterdessen ziehen manche die Grenze schon bei 20 oder gar 15 Minuten. Die Aufmerksamkeitsspanne wird immer kürzer und die Konzentrationsfähigkeit scheint allgemein abzunehmen. Von Politikern wird ja verlangt, dass sie das Wesentliche in Statements von 20 bis 30 Sekunden auf den Punkt bringen können. Dabei geht das eigentlich gar nicht, weil die Themen einfach zu komplex sind.

In diesem Zusammenhang sehne ich mich manchmal nach früheren Zeiten. Da, so scheint mir, hatte man noch Zeit zum Reden und zum Zuhören. Ich staune, wenn ich zum Beispiel eine Predigt von John Wesley lese und nachrechne, dass sie mindestens eine Stunde gedauert haben muss. In den Zeiten der ersten Christen muss es sogar noch längere Predigten gegeben haben. Von einem solchen Beispiel lesen wir heute im Wort zum Tag in Apostelgeschichte 20,7: „Am ersten Tag der Woche aber, als wir versammelt waren, das Brot zu brechen, predigte ihnen Paulus, und da er am nächsten Tag weiterreisen wollte, zog er die Rede hin bis Mitternacht.“

Als Verkündiger wünschte ich mir manchmal die Zeit, ruhig alles zu Ende zu formulieren, selbst wenn das mal bis Mitternacht dauern sollte. Mir ist aber auch bewusst, dass ich als Predigthörer ganz anders empfinden würde. Da ginge mir die Geduld und die Kraft zuzuhören schon viel früher aus. Das war bei Paulus übrigens auch so. Einer der Zuhörer, Eutychus, schlief während der Predigt ein und fiel dabei aus dem Fenster. Beim Sturz zog er sich tödliche Verletzungen zu. Im Vertrauen auf Gottes Kraft gelang es Paulus aber, ihn wieder zum Leben aufzuwecken.

Da fasse ich mich dann doch lieber ein wenig kürzer. Das Risiko, negative Folgen einer allzu langen Predigt nur noch durch ein Wunder korrigieren zu können, möchte ich doch lieber vermeiden. Es macht mich aber schon nachdenklich, dass damals nicht nur Paulus die Zeit hatte, so lange zu reden. Auch die Zuhörer nahmen sich offensichtlich die Zeit, bis zum Ende dabei zu sein. Dabei war Paulus wohl gar nicht ein so brillanter Redner, dass man ihm gerne so lange zuhören wollte. Es muss die Leute schlicht sehr interessiert haben, was er zu sagen hatte. Sie wollten so viel wie möglich von Gottes Wort hören. Dafür nahmen sie sich Zeit.

In dieser Beziehung gäbe es bei uns heute wohl schon Verbesserungspotenzial. Wir sind Kinder einer hektischen und schnelllebigen Zeit. Es schadet bestimmt nicht, wenn wir uns hie und da fragen: Sind wir überhaupt bereit, bis zum Ende auf das zu hören, was einer zu sagen und zu bezeugen hat? Schalten wir manchmal nicht viel zu schnell auf Durchzug und meinen, wir wüssten ja sowieso, was der andere zu sagen hat? Ich ertappe mich selber bei diesem Verhalten. Schon bei ganz alltäglichen Gesprächen, aber auch beim Hören von Predigten und Vorträgen – oder beim Lesen von Büchern.

Das hat sicher auch mit den Wortlawinen und Informationsfluten zu tun, die ständig über uns rollen. Von da her ist fehlende Konzentrationsfähigkeit und mangelnde Bereitschaft zuzuhören wohl ein Stück weit begreiflich. Das ändert aber nichts daran, dass uns so Vieles entgeht. Ich möchte deshalb lernen, besser und geduldiger zuzuhören, mich zu konzentrieren und mich mit dem auseinanderzusetzen, was andere zu sagen haben. Nicht nur, aber gerade auch dann, wenn mich jemand wie Paulus in seiner Predigt im Namen Gottes anspricht. Ein leuchtendes Vorbild ist mir dabei Maria aus Bethanien. Laut Lukas 10 war sie bereit, ihr Tagesgeschäft liegen zu lassen und sich ganz auf das zu konzentrieren, was Jesus zu sagen hatte.

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