Navigation überspringen

/ Wort zum Tag

Immer noch Gottes Volk: Israel

Reinhard Arnold über Römer 11,1

Hat denn Gott sein Volk verstoßen? Das sei ferne!

Römer 11,1

„Die Juden haben Christus umgebracht.“ Da ist er wieder, dieser Satz, wahr und falsch zugleich. Immer wieder treibt er meinen Blutdruck in die Höhe.

 Dabei hat ihn ein älterer Mann in unserer ökumenischen Bibelwoche ganz kühl und sachlich ausgesprochen, ich möchte ihm nicht gleich historischen Antisemitismus unterstellen.

Es geht um die Kreuzigung Jesu. Um den Prozess, den wir ja nur aus der Sicht von Anhängern Jesu kennen und der vielen von uns als kein Musterbeispiel für unvoreingenommene Gerechtigkeit erscheint.

Die Juden sind nicht Herr in ihrem Staat, die Todesstrafe darf nur die römische Besatzungsmacht verhängen. Also muss Pontius Pilatus als der römische Statthalter in Jerusalem davon überzeugt werden, dass der Anspruch Jesu, Sohn Gottes zu sein, die Interessen des Kaisers gefährde. Pilatus sieht das wohl nicht ganz ein, will die Verantwortung von sich schieben, nutzt den Brauch, dass es anlässlich des Passahfestes eine Amnestie gibt. Er stellt die Wahl zwischen Jesus von Nazareth und Jesus Barrabas, der als Aufrührer und Mörder oder einfach Bandit bezeichnet wird. Und das von den Pharisäern aufgewiegelte Volk entscheidet sich für die Freilassung von Barrabas, zu Jesus schreien sie: Kreuzige ihn.

So fällt das Todesurteil Jesu. Damit erscheint die Mission Jesu gescheitert. Die Auferweckung Jesu, diesen machtvollen Eingriff Gottes ins Geschehen, den erwartet keiner.

Ist damit nicht der Bund, den Gott mit Abraham und seinen Nachfolgern geschlossen hat, zwangsläufig am Ende? Muss Gott sich nicht von denen, die seinen Sohn nicht aufgenommen, sondern umgebracht haben, distanzieren?

Der neue Bund, der offen ist für die Heiden, also die Nichtjuden, und damit eben auch für uns, ist dieser neue Bund nicht zugleich das Ende des alten Bundes?

Wir würden wohl gern so denken, Luther waren diese Gedanken nicht fern, und der Nationalsozialismus machte sie hoffähig.

Doch Gott opfert seinen Sohn für uns in diesem einzigartigen Geschehen. Die Vergebung als Grundpfeiler unseres Glaubens wurde nicht auf Kosten von Gottes eigenem Volk geschaffen. Das stellvertretende Sündenopfer Jesu auch für mich und Sie war ja nur möglich, weil Jesus nach der Vorstellung des Volkes Gottes für die Sünde der Gotteslästerung hingerichtet worden war. Nur Gott selbst konnte diese Vorstellung auflösen, indem er zugleich das Opfer seines Sohnes annahm und diesen durch die Auferweckung rechtfertigte.

Uns heute ist diese Vorstellung von Schuld und Vergebung auf das ganze Volk, auf die Sippe und die Familie bezogen, recht fremd. Aber wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, wissen auch wir, dass Schuld nie etwas nur Persönliches ist.

Und so gilt Gottes Vergebungsangebot natürlich auch seinem Volk, dem Volk des ersten Bundes. So sagt Paulus zu Beginn des 11. Kapitels im Römerbrief:

„Hat denn Gott sein Volk verstoßen? Das sei ferne!“

Statt solche Gedanken zu hegen, seien wir lieber dankbar, dass wir als Nichtjuden nun in Gottes Neuem Bund genauso seine geliebten Kinder sind wie sein eigenes Volk.

Sie möchten noch tiefer in die Bibel eintauchen? Wir empfehlen unsere Sendereihe:

Anstoß

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.