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Einer trage des andern Last

Jürgen Barth über Galater 6,2

Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

Galater 6,2

Als Kind haben mich immer wieder Gewichtheber fasziniert. Starke Männer, die schwere Gewichte in die Höhe stemmen konnten. Natürlich sah man es ihnen an, wie anstrengend das war. Aber ihre Kraft, ihre Stärke hat mich fasziniert. So stark wollte ich auch gerne werden. 

Heute kann ich sagen: Ich bin nicht so stark geworden. Ich kann nicht solche schweren Gewichte in die Höhe wuchten. Ich bin auch nicht so stark, um z.B. einen Lkw oder gar ein Flugzeug 20 Meter weit zu ziehen. So, wie manche Kraftsportler es können.

Im Galaterbrief geht es auch um Lasten. Aber der Apostel Paulus hat es nicht an Gewichtheber oder Kraftsportler geschrieben. Er schreibt an Christen, an ganz normale Gemeindeglieder. An Menschen, die kein besonderes „Kraft-Training“ absolviert haben. Er schreibt: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“

Das ist ja schon so eine Sache mit den „Lasten“. Sie können ganz unterschiedlicher Art sein. Es gibt Lasten, die kann man klar sehen. Wenn man Möbelpackern beim Umzug zuschaut – wie sie das schwere Klavier durchs enge Treppenhaus nach oben tragen. Dazu braucht es Kraft. Das strengt an. Aber es gibt auch jene anderen Lasten, die man nicht auf Anhieb erkennen kann. Berufliche, familiäre oder ganz persönliche Sorgen, die einen Menschen belasten. Die Sorge, den Arbeitsplatz zu verlieren. Die Sorge um die Beziehung, in der es kriselt. Die Sorge, den Erwartungen anderer nicht gerecht zu werden, zu versagen. – Sorgen, die das Leben erschweren.

Dabei wünschen wir uns doch wahrscheinlich alle ein unbekümmertes, unbeschwertes, sorgen- und lastenfreies Leben. Doch Wunsch und Wirklichkeit liegen oft weit auseinander. Das ist nicht erst heute so. Das war offensichtlich zur Zeit des Apostels Paulus nicht anders. Er erinnert die Christen daran, was zu tun ist. Ein Ort des „Lasten-Ausgleichs“ soll die Gemeinde sein. Im Miteinander von Christen soll „Entlastung“ erfahren werden. – Und auch darüber hinaus: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“

Lasten kann ich jedoch nur tragen helfen, wenn ich darum weiß. Ich brauche deshalb offene Augen und Ohren, um Lasten wahrzunehmen. Ehrliche Anteilnahme, aufmerksam sein ist nötig und hilfreich und nicht gleichgültiges und oberflächliches Nebeneinanderher. Und es ist klar: Lasten tragen ist meistens mit Mühe und Anstrengung verbunden. Dazu muss ich bereit sein.

Ich weiß es nicht, an welche „Lasten“ der Apostel Paulus damals gedacht hat, als er seinen Brief schrieb. – Und es gibt in unserer Zeit heute manche „Lasten“, die er damals noch gar nicht kannte.

Doch seine Aufforderung ist heute ebenso wichtig. Und ich muss auch kein „Kraftsportler“ sein, um Lasten tragen zu können. Ich habe es in meinem Dienst als Pfarrer oft genug erlebt, wie es für andere schon hilfreich und entlastend war, ihnen zuzuhören. Wenn jemand vor mir aussprechen konnte, was ihn bedrückte. Wenn jemand Schuld vor Gott bekennen und abladen konnte und ich ihm im Namen Jesu Christi Vergebung zugesprochen habe. Wenn wir miteinander gebetet und vor Gott ausgesprochen haben, was bedrückte und als schwere Last empfunden wurde – z.B. die Angst vor einer schwierigen Operation.

So unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind auch ihre Lasten. Und natürlich gibt es auch „Lasten“, an denen ich mich „verheben“ kann – die zu schwer für mich sind und die ich nicht tragen kann. Jesus Christus überfordert uns nicht.

Darum heißt es nicht: „Einer trage allein und alle Lasten von allen anderen!“, sondern:  „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Das Gesetz, das Gebot Christi ist: Liebe zu Gott und zum Nächsten. Diese Liebe wird ganz praktisch in meiner Bereitschaft, Lasten tragen zu helfen. Dankbar bin ich für die Erfahrung, dass auch andere schon meine Lasten mitgetragen haben. So, wie es in einem Lied heißt: „Keiner trägt nur immer andre; keiner ist nur immer Last. Jedem wurde schon geholfen; jeder hat schon angefasst“.

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