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„Entschuldige bitte!“

Birgit Winterhoff über Römer 8,34

Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt.

Römer 8,34

Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt.

Ein dumpfer Schlag, das Klirren von zerbrochenem Glas, ein verzweifelter Aufschrei. Ich laufe ins Wohnzimmer. Die wunderschöne Vase liegt zerbrochen am Boden. Mein Patenkind steht erschrocken mit seinem Ball vor den Scherben. „Mit Duplo-Steinen und Bällen darfst du überall werfen, nur nicht hier“, hatte ich hundertmal gesagt. Und nun dies? Erst wollte ich vor Ärger platzen, doch dann zerplatzte meine Wut wie eine Seifenblase.

„Es tut mir leid, das hatte ich nicht gewollt! Entschuldige bitte!“ kam von meinem Patenkind. Ich spürte, dass es mein Patenkind ehrlich meinte, und das war mir letztlich viel wichtiger als die Scherben einer schönen Vase.

Gottlob, gegenüber den meisten anderen Brüchen sind Glasscherben harmlos. Wir sprechen von zerbrochenen Beziehungen, abgebrochenen Freundschaften, gebrochenen Herzen. Das ist leider kein Wortspiel, sondern bittere Realität. Ein „Sorry“ und „Pardon“ kommen noch leicht über die Lippen, wenn man beispielsweise jemand im Gedränge im Bus auf die Füße tritt. Aber was ist, wenn es sich um mehr handelt als um einen kleinen Ausrutscher mit dem Pfennigabsatz?

„Entschuldige bitte!“ Diese zwei Worte können unendlich schwerfallen. Nötig haben sie jedoch beide Seiten. Die, die Schuld tragen, und die, die Schuld erleiden mussten. Warum fällt der Gang zum Anderen so schwer? Warum steckt das Wort, das gesprochen werden müsste, oft wie ein Kloß im Hals? Warum gibt es tausend Entschuldigungsgründe? Warum wird Schuld nicht zugegeben? Natürlich gibt es Leichteres. Dem andern die Schuld in die Schuhe schieben. Sündenböcke, das sind stets die anderen.

Da sagt der Mann zu seiner Frau: „Dein emanzipatorisches Gehabe passt mir nicht!“ Und die Frau lässt ihren Mann wissen: „Dein autoritäres Verhalten hält keiner aus!“ Und beide fallen dann über die Undankbarkeit der Kinder her. Ein familiärer Beziehungs-KO wie aus dem Lehrbuch, täglich neu ausprobiert. Mit dem Finger stets auf die anderen zu zeigen, die doch den ersten Schritt tun müssten, bringt nichts. So kommt kein Tauwetter in die Eiszeit der Herzen.

Im Vaterunser beten Christen: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Eine äußerst praktische Bitte. Eine Bitte mit spürbaren Auswirkungen. Vergebung will getan werden. Nicht nur gedacht und gefühlt, „eigentlich müsste man doch.“ Der erste Schritt muss gewagt werden, ernsthaft und ehrlich. Vergebung, das ist mehr als nur so vergessen und gleichgültig über Vergangenes hinwegsehen, mehr als einfach „Schwamm drüber.“ In der Vergebung siegt die Liebe über das Böse, den Hass und die Vergeltung. Der unselige Kreislauf des „Wie du mir, so ich dir“ wird unterbrochen.

Als Christin weiß ich, dass Jesus Christus mir um Gottes willen vergibt. So macht er Neunanfänge möglich. Ich darf als befreiter Mensch leben. Das Geschenk der Vergebung soll ich weitergeben - auch wenn das manchmal Mut und Zivilcourage erfordert. Es ist aber ein hoffnungsvoller wichtiger Schritt.

Ein neueres Lied drückt das so aus:

„Wie ein Fest nach langer Trauer, wie ein Feuer in der Nacht,
ein off‘nes Tor in einer Mauer für die Sonne aufgemacht.
Wie ein Brief nach langem Schweigen, wie ein unverhoffter Gruß,
wie ein Blatt an toten Zweigen, ein Ich-mag-dich-trotzdem-Kuss.
So ist Versöhnung. So muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung. So ist Vergeben und Verzeih‘n.“

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