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/ Wort zum Tag

Heilung durch Beschränkung

Tilo Brach über Markus 5,19

Jesus sprach zu dem Geheilten: Geh hin in dein Haus zu den Deinen und verkünde ihnen, welch große Wohltat dir der Herr getan und wie er sich deiner erbarmt hat.

Markus 5,19

In welcher Zeit leben wir? Gestern noch stabile Prognosen sind heute das Papier nicht mehr wert, auf dem sie geschrieben wurden. Finanzkrisen bedrohen Demokratien. Ganze Staaten stehen am Abgrund. Es steht zu befürchten, dass sie morgen fallen und ganz Europa mit sich reißen. Gestern noch redeten wir über die Flüchtlingskrise heute ist es der Kampf gegen den Terror. Wir glauben die Bedrohung käme von Außen. Dabei kommt sie von Innen. Es ist unsere ungezügelte Gier nach Mehr und die von uns entfesselte Macht des Möglichen. Sie bedrohen unsre demokratischen Gesellschaften.

Wohin ungezügelte Gier und entfesselte Macht des Möglichen einen Menschen führen, beschreibt die Geschichte des Mannes aus Gerasa. Der Vers für den heutigen Tag beschließt die Erzählung seiner Heilung. In Markus 5,19 heißt es: „Jesus sprach zu dem Geheilten: Geh hin in dein Haus zu den Deinen und verkünde ihnen, welch große Wohltat dir der Herr getan und wie er sich deiner erbarmt hat.“ Wie kommt es zu dieser Heilung und was hat das mit der Bedrohung unsrer demokratischen Gesellschaft zu tun?

Dieser Mann von Gerasa ist besessen. Er hat keine Kontrolle mehr über sich. Alle haben Angst vor ihm. Niemand kann ihn halten. Er ist entfesselt, haltlos, bindungslos. Die Heimat dieses Menschen aus Gerasa sind Grabhöhlen. Er ist in seiner Welt gefangen und doch entfesselt er sich. Er duldet keine Beschränkung seiner Gewalt. Er zerreißt seine Ketten, er zerreibt seine Fesseln. Und was macht Jesus. Er fragt nach seinem Namen: Wer bist Du?  Und der Dämon antwortet: „Legion ist mein Name, denn wir sind viele.“ 

Dieser entfesselte Mensch hat kein eigenes Ich mehr. Sein Wesen ist nach meiner Überzeugung von tausenden Handlungsmustern besetzt, die keine Bindung erlauben. Die Begegnung mit Jesus stellt ihn aber vor eine Wahlmöglichkeit: Wenn er sich an Jesus bindet, wählt er das Leben, wenn er seiner Gier folgt, wählt er den Tod. Die Gier bricht sich in der Erzählung Bahn und verlässt in der Begegnung mit Jesus den Menschen.

Der Dämon der Gier fährt in eine Herde Schweine und treibt sich selbst in den Abgrund. So eine Geschichte klingt heute schon etwas seltsam. Aber es steckt eine tiefe Wahrheit dahinter. Sie handelt vom Ungeist, der zur Verwahrlosung des Menschen führt. Vom Dämon der Gier, der unsre Gesellschaft zerstört. Von der Freiheit, die sich ins Gegenteil verkehrt. Sie zerreißt alles. Wie viel Freiheit hat ein Mensch, der gierig ist? Wie viel Freiheit hat eine Gesellschaft, die ihre Märkte nicht regeln will?  Es mag vielleicht Sinn machen, von der Begrenzung der Flüchtlingszahlen zu reden, aber im selben politischen Atemzug, muss von der Begrenzung der Finanzmärkte gesprochen werden. Der große christliche Sozialethiker Oswald von Nell- Breuning predigte stets von Börsenmoral und der „Umbiegung“ der zügellosen Gewalt freier Märkte.  Ich will nicht meine Hände in den Schoß legen und sagen, da kann ich sowieso nichts dagegen tun. Ich will den Mantel der Gleichgültigkeit zerreißen. Ich will nicht warten bis der andere anfängt. Ich möchte wie der Mensch aus Gerasa zu Hause anfangen und von der Heilung erzählen. Heilung von der Gier, indem ich mich Jesus schenke.

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