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/ Wort zum Tag

Wehe denen, die allein das Land besitzen!

Klaus Jürgen Diehl über Jesaja 5,8

Wehe denen, die ein Haus zum andern bringen und einen Acker an den andern rücken, bis kein Raum mehr da ist und sie allein das Land besitzen!

Jesaja 5,8

Im alten Israel haben die Propheten häufig einem abtrünnigem Volk das drohende Strafgericht Gottes angekündigt und es zur Umkehr aufgerufen. Dabei haben sie nicht nur die Untreue Israels Gott gegenüber gegeißelt, weil die Israeliten nur allzu oft und allzu gerne fremden Göttern nachliefen und sie verehrten. Im Auftrag Gottes mussten die Propheten daneben immer wieder das soziale Unrecht im Land anprangern und die Unterdrückung der Armen durch die Wohlhabenden mit scharfen Worten verurteilen. In die Reihe dieser Gerichtsworte über die Ausbeutung der kleinen Leute durch die Reichen und Mächtigen gehört auch der Bibelvers, den wir im Buch des Propheten Jesaja, Kapitel fünf, Vers acht nachlesen können: „Weh denen, die ein Haus zum andern bringen und einen Acker an den andern rücken, bis kein Raum mehr da ist und sie allein das Land besitzen.“

Es geht in unserer Beziehung zu Gott also nicht nur um unser Seelenheil, bei dem man die Frage nach den irdischen Lebensverhältnissen außer Acht lassen könnte. Wer wie Karl Marx einst meinte, dass die Religion nur von den ungerechten irdischen Verhältnissen ablenke und daher Opium fürs Volk sei, der mag mit dieser Kritik zwar gelegentlich die kirchliche Praxis treffen, nicht jedoch Gott und seine Gebote. Jedenfalls zieht sich durch die ganze Bibel wie ein roter Faden das Eintreten Gottes für soziale Gerechtigkeit und damit gegen Ausbeutung, Unterdrückung und eine korrupte Rechtsprechung, durch die besonders die Armen hemmungslos um ihr Recht und den ihnen zustehenden Anteil an den materiellen Gütern gebracht werden. Da prangert ein Prophet wie Amos im Alten Testament die herrschenden Mißstände ebenso drastisch an, wie ein Jakobus im Neuen Testament. Heißt es bei Amos: Sie achten kein Recht, sie tun den Geringen Gewalt an und schinden die Armen…Darum spricht Gott der Herr: Man wird dies Land ringsumher bedrängen und dich von deiner Macht herunterreißen und deine Häuser plündern (3,10f;4,1), so lesen wir bei Jakobus im Neuen Testament: Ihr habt geschlemmt auf Erden und geprasst und eure Herzen gemästet. Ihr habt den Gerechten verurteilt… Und nun, ihr Reichen: weint und heult über das Elend, das über euch kommen wird! (5,5f.1).

Nein, aus diesen Worten spricht nicht der Neid der Zukurzgekommenen, die in ihrer Ohnmacht den Reichen das Gericht Gottes an den Hals wünschen. Es ist der lebendige Gott selbst, der hier Partei ergreift und sich vorbehaltlos auf die Seite derer stellt, denen schamlos Recht und Gerechtigkeit vorenthalten wird und der darum ihren Unterdrückern sein Gericht androht.

Aber denken wir nur ja nicht, dass das alles heute nicht mehr aktuell sei! Da müssen Näherinnen in Bangladesch für einen Hungerlohn schuften, damit wir in Deutschland Textilien zum Spottpreis kaufen können. Da beuten in Indonesien Plantagenbesitzer ihre Arbeiter schamlos aus und scheffeln Millionengewinne in die eigenen Taschen. Und auch in unserm eigenen Land wird die Kluft zwischen Wohlhabenden und Habenichtsen immer größer. Deutschland konnte einmal stolz sein auf die Errungenschaft der sozialen Marktwirtschaft, die nach dem Krieg auch den Arbeitern und Verkäuferinnen einen angemessenen Anteil an dem erwirtschafteten Wohlstand bescherte. Heute, wo die Reichen immer reicher werden, können immer mehr Menschen wegen schlecht entlohnter Jobs ihren Lebensunterhalt nicht mehr allein von ihrer eigenen Hände Arbeit bestreiten. Mag die Gesellschaft sich auch daran gewöhnen und die Politik stillschweigend akzeptieren, dass die Kluft zwischen arm und reich immer größer wird: In den Augen Gottes ist das alles ein Skandal, mit dem nicht nur sein Gebot mir Füßen getreten, sondern auch der innere Frieden in unserm Land aufs Spiel gesetzt wird.

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