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/ Wort zum Tag

Psalm 115,1

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

Nicht uns, HERR, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre um deiner Gnade und Treue willen!

Psalm 115,1

Eine Zeit lang habe ich diesen Bibelvers in Bücher und auf CDs geschrieben, wenn ich nach einem Konzert oder einem Vortrag um ein Autogramm gebeten worden bin. Psalm 115, 1: „Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre um deiner Gnade und Treue willen!“ Ich weiß, dass andere Musiker das auch getan haben. Manchmal tue ich es noch. Das ist wie der berühmte zum Himmel gestreckte Zeigefinger, mit dem immer wieder mal Olympiasieger darauf hinweisen wollen, dass eigentlich nicht ihnen der Applaus zusteht, mit dem sie im Moment überschüttet werden, sondern Gott, von dem sie ihre Fähigkeiten haben.

Aber in unserem Bibelvers geht es nicht um Applaus. Es geht um Ehre. Das hebräische Wort, das hier steht, heißt: Kabod. Das meint auch: Herrlichkeit, Glanz, göttliche Würde. Lauter Be­grif­­fe, die zutiefst keinem Menschen zustehen, sondern allein Gott, dem Schöpfer des Him­mels und der Erde, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, dem Erlöser und dem Erhalter des Le­bens. Und damit sagt dieser Bibelvers eigentlich: Wir wollen und wir dürfen als Men­schen nicht entgegennehmen, was allein dir, Gott, zusteht. Wir wollen und wir dürfen uns nicht ver­göttern lassen und wir wollen und wir dürfen nicht andere vergöttern.

Hintergrund des Psalms ist wohl die babylonische Gefangenschaft. Die Juden wurden von den Babyloniern regelmäßig verspottet, weil sie an einen Gott glaubten, den man nicht sehen konnte. Diesen Psalm hat man im Gottesdienst wohl im Wechsel gesungen und Gott aufgefordert: Es geht hier nicht um uns. Es geht um dich. Es geht um deine Ehre. Und du kannst es mit jedem Götzen, denen wir hier Tag für Tag begegnen, aufnehmen.

Solche Götzen gibt es ja auch heute. Oft genug sind es Menschen.

Die überlebensgroßen Statuen der Diktatoren in Nordkorea, vor denen die Menschen sich verneigen müssen, sollen wohl ausdrücken: Ihr habt es hier nicht mit einem Menschen zu tun, sondern mit einem Über-Menschen. Im Grunde habt ihr es mit Gott zu tun. Völlig klar, dass die Christen in Nordkorea hier nicht mitmachen, nicht mitmachen wollen und nicht mitmachen können. Viele von ihnen wandern dafür in Straflager.

Aber es gibt auch die kleinen Götter, denen wir mitten in unserem Alltag begegnen. Früher nannte man Ärzte manchmal „Halbgötter in Weiß“. Dabei gibt es diese Halbgötter auch in schwarz, in rot und in vielen anderen Farben. Menschen, die für sich selbst quasi über­mensch­liche Eigenschaften beanspruchen oder denen diese Eigenschaften von ihrer Umgebung freundlich zugedacht werden. Allerdings wird ihre Zahl in diesen Jahren immer kleiner. Wir heute haben es nicht mehr so mit der Vergottung von Menschen. Wir stürzen lieber einen nach dem anderen vom Thron.

Aber noch einen anderen kleinen Aspekt möchte ich am Schluss erwähnen. Und er kommt uns dann wieder ausgesprochen nahe. Der Jesuit Roman Bleistein hat einmal gesagt: „In der Liebe ist das Wichtigste das Erbarmen. Darin vergebe ich dem anderen, dass er mein Gott nicht sein kann.“ Ja, es ist wohl so. In der Liebe erwarten wir manchmal von einem anderen Menschen, dass er unser Gott ist. Dass er uns aushält, egal wie wir uns benehmen. Dass er immer da ist. Immer Zeit hat. Immer Verständnis hat. Dass er vergibt. Dass er heilt. Dass er liebt. Aber jeder Mensch, auch der, den ich Abgrund tief liebe, ist ein Mensch. Nicht mehr und nicht weniger. Er kann nicht mein Gott sein. Gott allein ist Gott. Gott allein kann heilen und helfen. Gott allein kann Schuld vergeben. Gott allein liebt mich unaufhörlich. „Unkaputtbar“ würden wir heute vielleicht sagen. Auch darum stimmt es: „Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre um deiner Gnade und Treue willen.“ Anders gesagt: Weil du allein gnädig bist. Weil du allein treu bist und treu bleibst.

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