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/ Wort zum Tag

2. Thessalonicher 2,15

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

Sie erinnern sich gewiss noch daran, als Sie das letzte Mal zu Ihrem Briefkasten gegangen sind, um nach Post zu schauen. Stellen Sie sich vor, es ist ein Brief von einem guten Freund dabei, vielleicht von einem, mit dem Sie schon lange keinen Kontakt mehr hatten. Ich muss gestehen, dass ich in solch einem Fall oft noch nicht einmal warte, bis ich im Zimmer bin oder mir einen Brieföffner aus dem Schreibtisch geholt habe. Es kann passieren, dass ich schon unterwegs den Umschlag aufreiße – egal, ob er nun ziemlich zerfetzt wird oder nicht! Was mag der Freund wohl schreiben? Wie wird es ihm gehen?

Und nun stellen Sie sich vor, ich lese den Brief scheibchenweise, immer nur in kleinen Abschnitten, jeden Tag einen Satz. Sie schütteln den Kopf! „So etwas macht man doch nicht!“ – Nein, natürlich nicht, aber dennoch haben wir uns dies angewöhnt, wenn wir Briefe lesen, die zwar ursprünglich nicht an uns persönlich, aber dennoch irgendwie auch an uns geschrieben sind – z. B. die Briefe, die im Neuen Testament überliefert sind.

„Das ist etwas ganz anderes!“, werden Sie jetzt einwenden, „die sind lang und schwer zu verstehen. Sie stammen aus einer ganz anderen Zeit und Erlebniswelt, die wir erst einmal begreifen müssen! Und schließlich: Sie sind ja Gottes Wort!“ Ja, ich gebe Ihnen recht. All Ihre Einwände sind begründet. Schon im 2. Petrusbrief wird darüber geklagt, dass die Briefe des Apostels Paulus so schwer zu verstehen seien. Und dennoch gebe ich zu bedenken: Sind sie nicht manchmal gerade deswegen so schwer zu verstehen, weil wir sie zu uns nehmen wie eine Salami – immer nur in dünnen Scheiben?

Nehmen wir den Bibelvers, der dieser Andacht zugrunde liegt: „So steht nun fest, liebe Brüder, und haltet an der Lehre, in der ihr durch uns unterwiesen seid, es sei durch Wort oder Brief!“ Nun, so schwer scheint dieser eine Satz, der aus seinem Zusammenhang gerissen ist, gar nicht zu verstehen zu sein. Aber bei genauerem Hinsehen hat er es doch „in sich“! Was meint denn Paulus mit „der Lehre“, an der die Thessalonicher festhalten sollen? Ganz allgemein und umfassend all das, was er ihnen über den christlichen Glauben gesagt hat? Wenn so nachdrücklich an etwas erinnert wird, geht es meistens um etwas ganz Konkretes: eine ganz bestimmte Situation oder Frage. Sehr allgemein gemeinte Hinweise gehen meist einfach an uns vorbei. Etwas, was in einem ganz bestimmten Zusammenhang und einer ganz besonderen Situation gesagt ist, bleibt viel besser hängen. So ist es auch hier!

Paulus und seine Mitarbeiter hatten gehört, dass Fragen nach der Wiederkunft Jesu in der jungen christlichen Gemeinde in Thessalonich aufgetaucht waren. Sie waren nicht deshalb aufgetreten, weil man alle anderen Glaubensfragen schon hinlänglich behandelt hätte und nun zu den „delikateren“ Themen hätte übergehen wollen. Nein, es lag ein ganz konkreter Anlass vor, nach der Wiederkunft Christi zu fragen. Davon erfahren wir heute nur etwas, wenn wir den Brief von Anfang an lesen. Dort wird nämlich gesagt, dass sich das Leben der Christen dramatisch verändert hatte, als sie den von Paulus verkündigten Glauben angenommen hatten – freilich nicht so, dass alles besser und leichter geworden war, sondern so, dass sie auf einmal Schwierigkeiten mit ihren Nachbarn bekamen und regelrechte Verfolgung zu erleiden hatten.

Paulus weist nicht auf das hin, was er mündlich und schriftlich gelehrt hat, um die Neugierde und spekulative Reize zu befriedigen, sondern weil die Fragen, die er beantwortet, seinen Briefempfängern im täglichen Leben unter den Fingern brennen – oder vielmehr, sie in Lebensgefahr stehen. Aber Paulus ist nicht der einzige, der mit „guten Lehren“ bei der Hand ist. Auch andere hatten sich daran versucht, wie wir etwas weiter vorn im Brief lesen können. Plötzlich hat er Konkurrenz bekommen. Auch andere Leute meinen, etwas zu der Wiederkunft Jesu sagen zu können – freilich etwas, von dem Paulus überzeugt ist, dass es weder hilfreich für das Leben der Thessalonicher ist noch dass es überhaupt richtig ist. Was soll er in dieser Situation tun? Eigentlich, so meint er, müssten die Thessalonicher ja nicht auf andere Lehren hereinfallen, denn er hatte ihnen ja gesagt, was wichtig war. Aber so einfach war es wohl doch nicht! Dennoch: Er fasst noch einmal zusammen, was er gelehrt hatte und sagt dann: „So stehet nun fest, liebe Brüder, und haltet an der Lehre, in der ihr durch uns unterwiesen seid!“

Das, was das Leben der Christen von Thessalonich verändert hat, und das, wofür sie auch Schwierigkeiten in Kauf nehmen, verbindet sie mit Paulus und seinen Mitarbeitern. Nicht die Überzeugungskraft des Apostels oder die „Lernfähigkeit“ der Briefempfänger sind entscheidend, sondern etwas, was außerhalb von ihnen liegt: Die Liebe Gottes, die die Menschen verändert, die sie auch in Not stark macht.

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