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/ Bibel heute

Frauen und Männer im Gottesdienst

Holger Kerschbaum über 1. Korinther 11,2-16.

Ich lobe euch, weil ihr in allen Stücken an mich denkt und an den Überlieferungen festhaltet, wie ich sie euch gegeben habe. Ich will aber, dass ihr wisst, dass Christus das Haupt eines jeden Mannes ist; der Mann aber ist das Haupt der Frau; Gott aber ist das Haupt Christi. Ein jeder Mann, der betet oder prophetisch redet und hat etwas auf dem Haupt, der schändet sein Haupt.[...]

1. Korinther 11,2–16

Ich hoffe sie sind gerade hellwach. Die Bibelstelle aus dem 1. Korintherbrief verlangt Ihnen einiges ab – an Konzentration wohlgemerkt.

Laut Professor Dr. mult. Thomas Schirrmacher, einem weit klügeren Mann als ich es je sein werde, vielleicht der schwierigste Text des Neuen Testamentes. Nicht nur als Ganzes hat er ein Heer von Auslegungen hervorgebracht, sondern in fast jedem Vers liegt ein eigenes, in der Literatur stark umstrittenes Problem.

Ich hoffe sie sind hellwach.

Denn ganz ohne Arbeit am Text wird es heute nicht gehen, also kommen sie bitte gedanklich mit mir mit. Fangen wir zunächst einmal am Ende des Textes an: Worum es heute immer auch gehen mag, es handelt sich um einen Brauch, eine Sitte, welche es nur in Korinth gegeben zu haben scheint.

Es ist entscheidend, dass Paulus, der das sehr wohl auch im Korintherbrief deutlich zu unterscheiden weiß, hier nicht von einem Gebot des Herrn, oder Wort des Herrn spricht, sondern zunächst einmal nur von einem Brauch oder einer Sitte. Es ist also keine Frage die heilsentscheidend wäre, aber eine Frage, die es trotzdem verdient, sorgfältig bedacht zu werden.

Aber welche Sitte ist gemeint? Nun, hier fangen die eingangs erwähnten Probleme an, die Übersetzung aus dem Griechischen ist an dieser Stelle schwieriger, als es die Lutherbibel erahnen lässt. Keineswegs ist der Sinn so eindeutig zu erfassen, wie es erscheint. Meiner Wahrnehmung nach ist das aber eher die Ausnahme als die Regel in der Übersetzung. Seien sie hier bitte ganz beruhigt, in der Regel kommt man zu sehr guten Auslegungsergebnissen, auch ohne Kenntnis der Ursprachen.

Verschiedene Kommentare zum Bibeltext, die ich gesichtet habe, kommen grundsätzlich auf zwei Verstehensmöglichkeiten.

Es geht um den Kopf der Frau …

 Der erste Korintherbrief bietet im 11. Kapitel tatsächlich zwei Lesarten an: Entweder fordert Paulus, dass Frauen einen Schleier tragen, wörtlich, eine Macht auf dem Kopf haben sollen, um der Engel willen.

Oder Möglichkeit zwei: Paulus widerlegt hier eine Ansicht, die in Korinth verbreitet war und sagt salopp formuliert: Eine Frau soll doch bitte selbst darüber entscheiden, was sie auf dem Kopf tragen will oder nicht, es sei ja schließlich ihr Kopf. Sie hat also die Macht über ihren Kopf.

Sie werden bemerkt haben, beides kann ja wohl zugleich nicht stimmen. Und was sollen wir daraus lernen? Nun, so einen schwierigen Text zu verstehen, ist ein bisschen wie einen Streit zu schlichten und im besten Fall lernen Sie vom Auslegungshandwerk, Streit zu schlichten.

Zunächst geht es darum, sich einmal die Argumente aller Seiten anzuhören, ohne gleich Partei zu ergreifen. Dann prüft man diese Argumente auf Stichhhaltigkeit und ganz wichtig ist es, ebenso die Denkvoraussetzungen zu benennen, also das zu benennen, was mich zu meiner Argumentation bringt. Erst dann sollte ich mich entscheiden. Bei jeder Entscheidung kann ich natürlich auch sagen: Ich weiß es nicht. Manchmal ist das auch viel besser, als alles zu wissen.

Und was ist nun meine Meinung, bei diesem Text, werden sie mich vielleicht gerade fragen wollen? Aus Gründen, die ich nun normalerweise ausführlich darlegen müsste, würde ich mich der Argumentation von Professor Dr. Schirrmacher anschließen. Er geht davon aus, dass Paulus in den Versen 4 bis 8 eine Überzeugung der Christen in Korinth zitiert, widerlegt und ad absurdum führt.

Konkret heißt das, „Dass die Korinther aus der biblischen Lehre, dass der Mann das Haupt der Frau ist, die falschen Schlüsse zogen, nämlich, dass die Frau beim Beten verschleiert sein müsse, dem Mann das Verschleiern jedoch verboten sei und die Ehefrau zwar für den Ehemann, nicht aber der Ehemann für die Ehefrau da sei.“

Gott schuf den Menschen als Mann und Frau

Paulus stellt nach dieser These die Position der Gemeinde in Korinth dar, führt sie ad absurdum, widerspricht ihr und begründet am Ende, warum eine Verschleierung der Frau nicht zu Gottes für alle Gemeinden verbindlichen Geboten gehört. Wer den biblischen Wesensunterschied von Mann und Frau lehrt, darf daraus nicht Schlüsse ziehen, die vergessen lassen, welche Bedeutung die Frau für den Mann hat und dass der „Mann ohne die Frau“ genausowenig etwas ist wie umgekehrt. Soweit Professor Doktor Schirrmacher.

Sind sie immer noch hellwach? Was heißt das jetzt praktisch, was sagt der Bibelabschnitt uns? Gott schuf den Menschen als Mann und Frau, daher:

Feiern sie ihre Stärken, ihre Unterschiedlichkeit und versuchen sie nicht jemand anderes zu sein“ Meine Kinder wissen sehr genau, dass ich nicht “die Mama” bin, das mag die meiste Zeit des Tages für sie völlig egal sein, aber raten sie mal, wer sie abends ins Bett bringen soll? Sie können es sich wahrscheinlich denken...

Also feiern Sie Ihr Mann- oder Frau-Sein und dass Christus unser aller Herr ist. Denn Christus ist der sichere, der feste Grund, der Bestand hat.

 

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