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/ Bibel heute

Der verdorrte Feigenbaum

Thomas Brinkmann über Markus 11,12-25.

Und am nächsten Tag, als sie von Betanien weggingen, hungerte ihn. Und er sah einen Feigenbaum von ferne, der Blätter hatte; da ging er hin, ob er etwas darauf fände. Und als er zu ihm kam, fand er nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit für Feigen. Da antwortete Jesus und sprach zu ihm: Nun esse niemand mehr eine Frucht von dir in Ewigkeit! Und seine Jünger hörten das.[...]

Markus 11,12–25

Was ist in Jesus gefahren? So kenne ich ihn gar nicht! Erst verflucht er einen Feigenbaum, dann randaliert er im Tempel und schmeißt die Händler raus. Hat Jesus einen schlechten Tag? Oder was ist der Grund dafür?

Was die Verfluchung des Feigenbaums betrifft, so ist dies tatsächlich das einzige zerstörerische Wunder Jesu. Ansonsten kenne ich ihn als mutmachenden Hinweis auf das Wesen Gottes.

Schauen Sie sich mit mir zunächst die Geschichte vom Feigenbaum näher an: Jesus hat Hunger und sieht einen Feigenbaum mit Blättern. Er will sich eine Feige nehmen, aber der Baum trägt keine Früchte, nur Blätter. Ein Feigenbaum, der Blätter trug, signalisierte: Hier gibt es auch Früchte und nicht nur schöne Blätter. Aber Jesus schaut vergeblich nach wohlschmeckenden Feigen.

Und genau das ist es, was Jesus anprangert, nämlich dass der Schein trügt: Eine Pflanze gibt vor, seiner Bestimmung nachzukommen, also Früchte zu liefern, aber es gibt sie nicht. Darüber ist Jesus enttäuscht und prophezeit, dass von nun an niemals mehr Früchte an diesem Feigenbaum zu finden sein werden, er also verdorrt.

Es ist ein Bild für Israel: das Volk Gottes gibt vor, seiner Berufung gemäß zu leben, aber die Früchte fehlen. Statt Freude über seine Bestimmung zu leben und den Willen des Schöpfers zu erfüllen, werden Traditionen und Machtstrukturen durchgesetzt. Da ist Druck und Gesetzlichkeit zu spüren.

Jesus hat Hunger. Hunger nach echten Früchten, bis heute. Auch als Christ bin ich angesprochen. Jesus reicht es nicht, dass es schön aussieht, was ich tu oder nicht tu. Jesus sehnt sich danach, dass ich für die Menschen um uns herum „wohlschmeckend“ bin, um es mit dem Bild der Frucht auszudrücken.

Die Geschichte vom verdorrten Feigenbaum ist eine Mahnung an Gemeinden und an jeden einzelnen Christen, nicht auf den schönen Schein zu achten, sondern darauf, Früchte zu bringen. Früchte für die Ewigkeit. Zu oft bin ich darauf aus, diese Früchte aus mir selbst heraus zu bringen und merke dabei nicht, dass es nichts als schöner Schein ist – also vergänglich.

Deswegen ist diese Geschichte auch für mich ganz persönlich eine wichtige Lektion: Habe ich in der Vergangenheit so gepredigt, Gespräche geführt, Sitzungen geleitet, also so als Pastor gearbeitet, dass meine Arbeit Früchte für die Ewigkeit hervorgebracht hat, oder war ich zu sehr auf mich selber oder den guten Ruf der Gemeinde konzentriert? Auf das, was ich als Mensch im Stande bin zu tun? Waren es nur Worte und viel zu wenig Taten? Ist es nur der Schein, der mir wichtig ist, oder dass Gott sich in Jesus in meinem Leben verherrlicht und ewige Früchte schenkt? Früchte, die ich gar nicht wahrnehme, aber die Gott sehr wohl sieht.

Da es das, wie bereits erwähnt, einzige zerstörerische Wunder Jesu ist, sollte ich seine Lektion besonders Ernst nehmen.

Als Jesus mit seinen Jüngern am nächsten Tag an diesem Feigenbaum vorbei geht, ist es Petrus, der feststellt: „Herr, der Feigenbaum, den Du verflucht hast, ist verdorrt!“ Und Jesus antwortet: „Habt Glauben!“ Warum spricht Jesus jetzt vom Glauben? Sollte er nicht sagen: „Macht Anderen nichts vor! Tut nicht so, als ob!“ Strengt Euch an, dass Ihr das wirklich meint, was ihr sagt und tut, was Ihr tun sollt!“ All das sagt Jesus nicht, sondern: „Habt Glauben!“

Nicht den Glauben an den schönen Schein, an Begabungen und die Möglichkeiten, sondern daran, dass Gott wirken will: Gott will sich verherrlichen! Er will in euren Gedanken, Worten und Taten sichtbar sein. Gott will die Früchte bewirken. Er will seine Gerechtigkeit umgesetzt sehen und nicht meine.

Er sehnt sich nach aufrichtiger Nachfolge, nicht nach sturem Einhalten von Traditionen oder Gesetzen. Jesus hat nichts gegen Geschäfte machen und Geld verdienen. Ganz im Gegenteil: ich glaube, dass Jesus sich freut, wenn ich soviel Geld wie möglich verdiene, so viel Geld wie möglich spare, so viel Geld wie möglich spende.

Er hat es nicht gern, wenn für mich das Geld wichtiger ist, als das glaubensvolle Vertrauen in ihn selbst. Das war das Problem im Tempel, bzw. auf dem Vorplatz. Nicht, dass es dort z.Zt. Jesu überhaupt Geschäfte-Macher gab. Sondern mit welcher Einstellung diese Geschäfte betrieben wurden, nämlich purer Geldgier. Deswegen randaliert Jesus im Tempel. Deswegen regt er sich auf, hat einen heiligen Zorn und schmeißt die Leute raus.

Mich bewegt, wie sehr es Jesus immer wieder um die innere Einstellung geht. Wie sehr er mich und Sie ermutigt, auf ihn zu schauen und nicht auf eigenes Können oder auch Versagen! Vertrauen in seine Gerechtigkeit. Vertrauen und konkretes Reden und Tun mit dem Ziel, dass Jesus Christus verherrlicht wird - anstatt auf schönen Schein zu achten.

Was haben die Jünger gedacht, als sie einen Tag später den verdorrten Feigenbaum sahen?

Ich will später beten und ich lade Sie ein, mitzubeten, dass Gott uns für ihn verfügbar macht, dass wir erleben, wie Gott sich verherrlicht, wir seine Macht spüren! Dazu sind wir berufen! Das ist Gottes Wille: er will Früchte in uns und durch uns wirken!

Manchmal frage ich mich, ob nicht Christen inzwischen verdorrt sind, ob nicht manche unter uns falsche Geschäfte im Vorhof des Tempels betreiben. Legen nicht viel zu viele Gemeinden zu viel Wert auf den äußeren Schein? Bin ich selber schon verdorrt? Habe ich selber die gott-gewollte Einstellung bei allem, was ich sage und tue?

Zu oft ist mir wichtig, was Andere von mir halten, anstatt dass ich aus Liebe handel, wie es in der Jahreslosung von 2024 heißt. Höre ich auf, scheinbar Christ zu sein und lasse endlich zu, dass der Schein der Liebe Jesu, mich selbst und die um mich herum erreicht und mein Leben verändert. Diese Veränderung fängt bei mir selber an. Sie ist schmerzhaft, weil sie mir vor Augen hält, wo ich mich bisher nur um mich selbst drehte.

Aber so, wie Jesus für Petrus eine Aufgabe hatte, die er nie hätte erfüllen können, wenn Jesus nicht in ihm seine Scheinheiligkeit aufgedeckt und ihn zur Hingabe geführt hätte, so geht Jesus auch mit mir um und will durch mich scheinen! Jesus nahm Petrus zur Seite und fragte ihn dreimal: Hast Du mich lieb? Und glücklicherweise hat Petrus demütig geantwortet: „Herr, du weißt, dass ich dich liebe!“ Er wusste, dass Jesus es wusste!

Das finde ich total spannend! Weil es dann nicht um mich geht, sondern darum, dass Gott weiß, was ist und was kommt, dass er wirkt, dass Gott handelt.

Ihr Kommentar

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Kommentare (2)

Gertrud-Linde W. /

sehr bedenkenswert, sehr empfehlenswert - für Konfirmanden, für erwachsene Christen, für Hauptamtliche
Danke

Pia H. /

Lieber Herrn Brinkmann, wollte hiermit nur sagen das Ihrem Andacht heute sehr Tröstlich, und Lehrend. Habe mich sehr Gefreut Ihnen zu hören. DANKE.
Herzlichen Grüße
Pia H.