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/ Bibel heute

Der Sieg Gottes (1)

Andreas Hornung über Psalm 68,1-19.

Ein Psalmlied Davids, vorzusingen. Gott steht auf; so werden seine Feinde zerstreut, und die ihn hassen, fliehen vor ihm. Wie Rauch verweht, so verwehen sie; wie Wachs zerschmilzt vor dem Feuer, so kommen die Frevler um vor Gott.[...]

Psalm 68,1–19

Wir haben hier einen Psalm Davids vor uns (Vers 1), der aus meiner Sicht mit zu den am Schwierigsten zu verstehenden Psalmen gehört.

Der Psalm beginnt mit der Aussage: Wenn Gott aufsteht und sich erhebt, zerstieben Seine Feinde, und es fliehen vor Ihm, die Ihn hassen (Vers 2). Jedes Mal, wenn die Bundeslade sich in der Wüste in Bewegung setzte, sprach Mose genau diese Worte: „Erhebe dich Gott, dass deine Feinde zerstieben und deine Hasser vor deinem Antlitz fliehen!'“ (4Mo 10,35)

Diese Aufbruchs-Bekanntgabe voll Gottvertrauens machte Israel immer wieder zum Sieger über seine Feinde und Hasser, von denen es im Vers 3 heißt: „Sie müssen verwehen, wie Rauch verweht; wie Wachs zerfließt im Feuer, so müssen sie dahinschwinden.“

Anders hingegen ergeht es den Gerechten im Vers 4. Gerechte sind Menschen, die Gott recht sind, weil sie Ihn liebhaben, Seinen Worten Vertrauen schenken und Gott gehorsam sind. Diese „jubeln in Gottes Gegenwart“ – sie sind gern in Gottes Nähe, ja sie erleben dort regelrechte „Wonne“.[1] So übersetzt die Jerusalemer Bibel.

Die Herrlichkeit des Herrn

Wonne ist ein beglückendes Gefühl tiefster Freude, innigen Vergnügens, höchsten Genusses und lustvollster Glückseligkeit – ein spiritueller Ausnahmezustand. Diese Erfahrung machen nur wenige Christen, weil unser Glaube oftmals viel zu verkopft ist.

Im Vers 5 werden dann die Menschen aufgerufen, Gott den Weg zu bereiten und Ihn willkommen zu heißen mit Jubel. Haben sie, Gott in ihrem Leben schon einmal willkommen geheißen? Haben sie Gott eingeladen, dass Er ihr Herr sei?

In diesem Vers 5 wird Gott als einer beschrieben, „der auf den Wolken einherfährt“.[2] Gott, als „Wolkenreiter“ verstanden, stammt aus der kanaanäischen Mythologie und war damals im ganzen Orient eine gängige Formulierung.[3] Dieses Motiv finden wir auch im Mose-Segen im 5. Buch Mose, Kapitel 33, wo es heißt: „der den Himmel befährt zu deiner Hilfe (Israel)“ (5Mo 33,26).

Wenn Gott schon „auf den Wolken einherfährt“, so tut er dies immer, um Seinem Volk zu Hilfe zu kommen. So wird auch Jesus einmal „in den Wolken des Himmels“ wiederkommen[4],

um die Seinen zu Sich zu holen.[5]

Im Vers 6 wird dann Gottes gütiges und liebevolles Wesen beschrieben, der „ein Vater der Waisen und ein Schützer der Witwen ist“. Auch wir brauchen eine Offenbarung darüber, dass Gott es absolut gut mit uns meint. Wenn Ihnen das noch nicht zur tiefen inneren Gewissheit geworden ist, sollten sie Gott einmal darum bitten, dass er Ihnen die Liebe, die er zu Ihnen ganz persönlich hat, einmal zeigen möge.David hatte diese Gewissheit.

Gottes Hilfe

Im Vers 7 lesen wir: „Gott schafft den Heimatlosen ein Heim, die Gefangenen führt er heraus in die Freiheit.“ Hier beginnt ein Rückblick in die Geschichte Israels, wie Gott sich als der Helfende erwiesen hat. Gott kümmert sich um die Seinen: „Er schaffte den Heimatlosen (Israeliten) ein Heim (im verheißenen Land) und führte die (einst in Ägypten) Gefangenen in die Freiheit. Im dürren Lande verblieben nur die Empörer.“

Damit ist Korach gemeint, der eine Zusammenrottung gegen Mose anführte. Die Aufrührer kamen allesamt in der Wüste um. Nachzulesen im 4. Mosebuch, Kapitel 16.

Rebellion ist eine innere Haltung des Aufbegehrens  – in diesem Fall gegen Gott und allem gegenüber, was Gott fügt im Leben. Frömmigkeit hingegen ist Gottergebenheit – und zwar aus Liebe, weil ich Gott vertraue.

In den Versen 8 und 9 heißt es dann: „Gott, als du vor deinem Volk herzogst (nämlich in der Wolken- und Feuersäule[6]), als du einhergingst in der Wüste, da bebte die Erde, und die Himmel zerflossen vor dem Angesicht Gottes.“ Hier wird das Sinai-Ereignis angedeutet, als Gott im Feuer – mit Blitzen, Donner und dicken Qualm auf dem Berg erschien, unter stetig lauter werdendem angsteinflößendem Dröhnen, wie von Posaunen.[7]

Im Vers 10 heißt es weiter: „Deinem Erbe, o Gott, gabst du reichlichen Regen;

da es entkräftet war, gabst du ihm Kraft.“ Hier werden die Versorgungswunder angedeutet, die Israel in der Wüste erlebt hat – Manna, Wachteln und Trinkwasser (vgl. Ps 78,18-25!). Gott will auch heute noch unser Versorger sein, besonders wenn das Geld nicht mehr ausreicht, um alles bestreiten zu können. Befehlen Sie Ihre finanziellen Nöte Gott an und vertrauen Sie ihm.

Gott belohnt Vertrauen

Halten Sie Gott seine Verheißung aus Psalm 25 Vers 3 vor: „Nimmermehr werden zuschanden, die ihre Hoffnung setzen auf den Herrn. Zuschanden werden nur, die leichthin brechen die Treue.“ Wer auf Gott vertraut, wird Seine Wunder schauen.[8]

Im Vers 11 nimmt Israel dann seine neue Heimat, das Land Kanaan, in Besitz. Und im Vers 13 werden die großartigen Siege Israels besungen, und wie die Frauen[9] die Beute[10] verteilten. Im Vers 14 heißt es, dass die Flügel der Taube mit Silber bedeckt wurden“. Nach Hohelied Kapitel 2, Vers 14 ist die Taube ein Bild für Israel[11], das reich wird durch die Beute.[12]

Der „Schnee auf dem Zalmon“ im Vers 15 meint den Schwarzberg bei Sichem, der durch seine Bewaldung von Ferne schwarz aussah[13] – und wenn Schnee in die Bäume fiel, schimmerten sie wie verzaubert. So wird das erbeutete „Geschmeide“[14] Israels Frauen verschönern.

Vers 16: „Ein Gottesberg ist der Berg von Baschan“ (JB). Damit ist der Berg Hermon gemeint, den man von Baschan aussieht. Dieser enorm hohe Berg soll im Vers 17 nicht neidisch auf den kleinen Berg Zion blicken, den sich Gott erwählt hat, auf ihm zu wohnen – dort sollte der Tempel gebaut werden. Gott erwählt sich oft nicht das Große und Erhabene, sondern viel öfter das Niedrige.[15] Gott gefällt es, Seine Stärke gerade in der menschlichen Schwachheit zu zeigen.[16] Für Gott wird der kleine Hügel Zion zum Gottesberg.[17]

Zusammenfassend kann man sagen, dass der erste Teil des 68. Psalm den Sieg Gottes in der zurückliegenden Geschichte Israels besingt. Im zweiten Teil, den ich hier nicht behandelt habe, geht es darum, wie Gott sich in der zukünftigen Geschichte Israels als Sieger erweisen wird (vgl. Vers 25-36) – wenn der Messias in Jerusalem als Erlöser einziehen (Vers 25) und alle Israel-Gegner zerstreuen wird (Vers 31).

 

[1]Vgl. Ps 16,11: „Vor deinem Angesicht ist die Fülle der Freude und Wonne zu deiner Rechten auf ewig.“

[2]nach der Luther-Übersetzung 2017

[3]Laut der Keilschrift-Biblionthek von Ugarit von 1200 v. Chr., dem heutigen Ras Schamra.

[4]Mt 24,30; Offb 1,7; Dan 7,13-14

[5]Nach Offb 11,18 wird die Entrückung in letzter Not stattfinden, wenn „die Völker in Wut geraten“ und ein weltweites Christenpogrom sich abzeichnet. Dann ist der „Zeitpunkt, da die Toten geschieden werden“ (= die erste Auferstehung) und die „Knechte Gottes und die Heiligen“ ihren himmlischen Lohn empfangen werden.Eindrucksvoll liefert hierfür wiederum das Alte Testament eine Illustration in der Geschichte von der Flucht Lot's aus Sodom (Gen 19 4-22!) und Jesus vergleicht diese mit "dem Tag, da der Menschensohn offenbar werden wird" und sagt "genauso wird es sein!" (Lk 17,28-30). Auch die Geschichte der Esther zeigt eine Rettung in letzter Not, unmittelbar bevor der große Pogrom des Haman stattfindet.

[6]2Mo 13,21-22

[7]2Mo 19,16-19

[8]Vgl. Ps 34,5; 40,5; 121,4 u. a.

[9]Wörtlich „die Schöne des Hauses“.

[10]Vgl. Ri 8,26; 5,30; Jos 22,8

[11]In der Metapher des Hoheliedes ist die Braut und (später) die Frau Gottes, das Volk Israel.

[12]NeÜ-Anmerkung; ähnlich die GNB-Anmerkung.

[13]Ri 9,48-49

[14]JB

[15]Mt 11,25-26; Jes 57,15; 1Kor 1,19-21

[16]2Kor 12,9-10

[17]Der „Gottesberg im hohen Norden“ stammt aus der phönizischen Mythologie. Unter ihm verstand man im ganzen Orient den Göttersitz, auf dem die Schicksale der Welt entschieden werden.

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Kommentare (1)

Dieter B. /

Eine gute Auslegung, welche durch den geschichtlichen Hintergrund an Bedeutung gewinnt. Der auf den Wolken einherfährt ein Bild aus der kanaanäischen Mythologie oder der Vergleich des kleinen mehr