/ Bibel heute
Auftrag trotz Gegenwind
Der Bibeltext Sacharja 6,1-8 – ausgelegt von Wolf-Dieter Kretschmer.
Und ich hob meine Augen abermals auf und sah, und siehe, da waren vier Wagen, die kamen zwischen den zwei Bergen hervor; die Berge aber waren aus Kupfer. Am ersten Wagen waren rote Rosse, am zweiten Wagen waren schwarze Rosse, am dritten Wagen waren weiße Rosse, am vierten Wagen waren scheckige Rosse, allesamt stark.[...]
Geheimnisvolle Botschaften im Buch Sacharja
Manche Texte der Bibel vermitteln den Eindruck, dass sie geheimnisvolle Botschaften beinhalten. So geht es mir mit dem heutigen Abschnitt aus dem Buch des Propheten Sacharja.
Es ist die Zeit um 520 vor Christus. Etwa 18 Jahre zuvor sind die ersten Rückkehrer aus dem babylonischen Exil wieder im Land ihrer Vorväter eingetroffen. Sie waren unter der Führung von Serubbabel, einem Nachkommen von König David, und mit der ausdrücklichen Unterstützung des persischen Königs Kyros losgezogen.
Jetzt, etliche Jahre später, wirken zwei Propheten in Jerusalem und Judäa. Der eine ist Haggai, der andere ein junger Mann namens Sacharja. Mit ihren Botschaften von Gott unterstützen sie den Statthalter Serubbabel und Priester Jeschua bei deren Vorhaben, den Wiederaufbau des Tempels voranzutreiben.
Sacharjas Visionen und ihre Bedeutung
Sacharja hat in dieser Zeit acht teils befremdlich anmutende Visionen. In der letzten sieht er vier unterschiedliche Pferdegespanne, die hinter zwei kupfernen Bergen hervorkommen. In den Versen 1 bis 3 beschreibt er sie. Der erste Wagen wird von einem Paar starker, rotbrauner Pferde gezogen. Den zweiten ziehen schwarze Pferde, den dritten weiße und das vierte Gespann gescheckte Tiere.
Alle vier kommen direkt aus der Gegenwart Gottes, erklärt ein Engel dem Propheten Sacharja auf dessen Nachfrage und ergänzt, dass sie die vier Winde des Himmels symbolisieren, also die vier Windrichtungen. Bibelausleger sind sich einig, dass die Winde für Gottes Geist stehen.
Dem erfahrenen Bibelleser fällt eine gewisse Ähnlichkeit zu den vier apokalyptischen Reitern aus dem Buch der Offenbarung auf. Die dort erwähnten Reiter stehen für Gottes Gericht am Ende der Zeiten. Sie werden Verführung, Kriegsgeschehen, Hungersnöte und tödliche Krankheiten mit sich bringen und das in weltweitem Maßstab.
Anders verhält es sich in der Vision von Sacharja. Hier durchqueren die vier Gespanne lediglich die Welt. Die Botschaft ist klar: So wie der Wind überall weht, ist Gott gegenwärtig. Ihm entgeht nichts. Niemand kann seinen Geist aufhalten. Man kann die Pferdegespanne auch als Boten verstehen, die sicherstellen, dass Gottes Wille in dieser Welt geschieht.
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Bemerkung. In Vers 8 lässt der Engel Sacharja ausdrücklich wissen, dass der Geist Gottes im »Land des Nordens« ruht. Was könnte das bedeuten?
Zwei Deutungen des „Landes des Nordens“
Hier sind zwei Erklärungsversuche:
Aus dem »Land des Nordens«, genauer gesagt aus Babylonien, stammte seinerzeit die Bedrohung des Volkes Gottes. Von dort kam das Gericht Gottes über Jerusalem und Judäa. Jetzt ruht dort der Geist Gottes, sagt der Engel dem Propheten Sacharja. Heißt: Im Land Babylon herrscht Friede. Von ihm geht keine Gefahr mehr aus.
Man kann den Hinweis auf das »Land des Nordens« aber auch anders verstehen, denn auch Persien liegt nördlich von Israel. Denkbar wäre demnach auch die Deutung, dass trotz des aktuellen Widerstands der umliegenden Herrscher, vom persischen König Kyros und dessen Nachfolger König Darius keine Bedrohung zu erwarten ist.
Was will uns der Text heute noch sagen?
Was kann ich aus diesem Bibelabschnitt lernen? Und lässt sich etwas für mein und Ihr Leben ableiten? Dazu einige Gedanken:
Erstens: Gott spricht hinein in eine bestimmte gesellschaftliche Situation. Die anfängliche Begeisterung der Rückkehrer ist verflogen. Der raue Alltag mit seinen Herausforderungen hat sie eingeholt. Zur Lebenswirklichkeit der Juden gehört der tägliche Anblick des in Trümmern liegenden Jerusalems.
Hinzu kommt, dass zur Zeit Sacharjas einflussreiche Politiker den Rückkehrern aus dem babylonischen Exil feindlich gesinnt sind. Wo immer sie können, erschweren sie den Juden das Leben und Arbeiten. Gott ermutigt seine Leute, trotz der Widerstände weiterzumachen.
Wenn Gott mir einen bestimmten Auftrag aufs Herz legt, kann es sein, dass ich es trotzdem mit Schwierigkeiten zu tun bekomme. Wichtig ist dann, dass ich an dem bleibe, was ich als meinen Auftrag erkannt habe.
Ein zweiter Gedanke: Gott ist gegenwärtig. Dafür stehen die vier umherziehenden Pferdegespanne, von denen der Prophet in seiner Vision spricht. Sie erinnern mich daran, dass Gottes Gegenwart sich nicht nur auf meine kleine Lebenswirklichkeit beschränkt. So wie der Wind überall weht, ist sein Geist allgegenwärtig. Nichts und niemand entgeht ihm.
Ich kann also mit Gottes Gegenwart rechnen. Das gilt für die bescheidenen Umstände, in denen ich mich gerade befinde, genauso wie für die großen politischen Zusammenhänge.
Drittens: Gott ist nicht Teil dieser Welt. Er ist größer, als wir uns Gott vorstellen können. Aber – und das finde ich tröstlich – er mischt sich ein.
© Generiert mit KI Светлана Воротняк/
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