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/ Bibel heute

Mahnungen an die ganze Gemeinde (1)

Joachim König über 1. Petrus 3,8-12.

Endlich aber seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig. Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, auf dass ihr Segen erbt. Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen.[...]

1. Petrus 3,8–12

Der 1. Petrusbrief ist aus meiner Sicht der Brief und die Grundlage für Christen in einer säkularen Gesellschaft. Petrus gibt ganz praktische Hinweise, wie man seinen Glauben in einem Umfeld leben kann, das kein Interesse am christlichen Glauben hat. Er weiß, wovon er redet, denn er kennt Unverständnis und Widerstand aus eigener Erfahrung. Das ist gut, denn Petrus schreibt an Menschen, die ihre Heimat um ihres Glaubens willen verlassen mussten. Deshalb kann er kluge und praktikable Anleitung geben, wie ich meinen Glauben leben kann, auch wenn ich harten Prüfungen ausgesetzt bin und nicht mehrheitsfähig bin.

In den letzten drei Tagen wurde beleuchtet, was Petrus über das Verhalten von Christen als Staatsbürger, als Arbeitnehmer oder als Ehepartner sagt. Heute kommt eine Zäsur. Im heutigen Text spricht er alle Christen an, nicht nur eine einzelne Gruppe. Jeder ist gemeint, ob jung oder alt, Mann oder Frau, ob mit oder ohne Verantwortung in der Gemeinde. Was Petrus hier schreibt, gilt für alle. Auch für mich, auch für Sie, deshalb lohnt es sich, besonders aufmerksam hinzuhören.

Petrus sagt zwei Dinge: 1. Sucht die Einheit; 2. Sucht das Gute.

 

  1. Sucht die Einheit

Hier spricht Petrus in die Gemeindesituation hinein und ruft auf: Kämpft für ein gutes Miteinander! Mit vielen Worten prägt Petrus es ein. Er sagt nicht nur: „Habt einander lieb“, das wäre flach und eindimensional. Er gebraucht fünf Begriffe: Seid einträchtig in euren Zielen und in eurem Handeln. Seid mitfühlend miteinander, versetzt euch in den anderen hinein. Liebt euch so, wie Geschwister es tun. Habt Mitleid und Erbarmen miteinander. Seid demütig, achtet den anderen höher als euch selbst.

Das sind für mich starke und emotionale Worte. Petrus spricht nicht in erster Linie unseren Kopf an, sondern unsere Gefühle. Er weckt nicht nur nüchternes Verständnis, sondern Liebe. Aus seiner Sicht ist christliche Kirche mehr als ein Verband aus Menschen mit derselben Ansicht. Gemeinde ist Familie. Hier sollen wir herzlich Anteil aneinander nehmen, mitfühlen, uns mitfreuen und mitleiden und voller Barmherzigkeit füreinander sein.

Das ist ein Bild von einer Gemeinde, in der ich mich auch wohlfühlen würde. Ein Ort, an dem ich so sein kann, wie ich bin. Wo mein Alltag Platz hat und wo ich meine Kämpfe, aber auch meine Zweifel nicht überspielen muss. Wo ich nicht verurteilt oder in Frage gestellt werde, sondern mich auch ohne viele Worte verstanden, angenommen und getragen weiß.

Seid eines Sinnes, voll Mitgefühl und geschwisterlicher Liebe, barmherzig, demütig. Sucht die Einheit. Sucht einander zu verstehen. Verurteilt euch nicht gegenseitig, tragt einander. Achte einer den anderen höher als sich selbst. Dann wird Gemeinde ein Ort sein, an dem ich getragen bin und gleichzeitig andere trage.

Aber Petrus weiß, dass das Leben kein Ponyhof ist. Weder die Gesellschaft noch die Gemeinde sind immer heile Welt. Deshalb schließt er einen zweiten Satz an und fordert auf:

  1. Sucht das Gute

„Vergeltet nicht Böses mit Bösem, noch Kränkung mit Kränkung. Stattdessen segnet; denn ihr seid dazu berufen, Segen zu erlangen.“

Mit diesen Worten schiebt Petrus eventuellen Einwänden einen Riegel vor: Was ist, wenn ich mich öffne, aber dabei verletzt werde? Was, wenn ich eine herzliche Gemeinschaft leben möchte, aber andere Streit suchen?

Petrus ist ganz ehrlich: Im Leben kann uns Böses widerfahren. Richtig Böses, nicht nur ein irritierter Blick oder eine falsch gedeutete Geste, die mich verunsichert. Petrus spricht davon, dass es sein kann, dass ich beschimpft, beleidigt oder verunglimpft werde. Es sind harte Zeit, damals wie heute. Es kann in Kirche und Gemeinde rau zugehen, und mit Sicherheit in der Gesellschaft.

Petrus erteilt keinen Maulkorb: „Das ist alles nicht so schlimm, stelle dich nicht so an. Ertrage, was dir geschieht.“ Nein, er bietet eine Lösung an für Situationen, in denen ich Widerstand und Gegenwind ausgesetzt bin. Ich muss nicht passiv bleiben. Ich kann handeln: Segne! Verwünsche den anderen nicht, sondern segne! Verstecke dich nicht, sondern segne!

Damit wiederholt Petrus, was er von Jesus gehört und gesehen hat. In der Bergpredigt sagt Jesus: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“ Die Begründung ist: Wenn ihr das tut, spiegelt ihr als Gottes Kinder euren Vater im Himmel wider. Auch er schenkt seinen Segen den Bösen und den Guten, den Gerechten und den Ungerechten (Matthäus 5,44-48).

Paulus schreibt das so ähnlich im Römerbrief, Kapitel 12, Vers 17: „Vergeltet niemandem Böses mit Bösem! Seid allen Menschen gegenüber auf Gutes bedacht!“ Im 1. Thessalonicherbrief, Kapitel 5, Vers 15 ermahnt Paulus nochmals eindringlich: „Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergilt, sondern bemüht euch immer, einander und allen Gutes zu tun!“

Es kann eine Hilfe sein, wenn ich nicht nur ertragen muss. Wenn ich reagieren kann. Das bewahrt davor, lange innere Selbstgespräche zu führen, in denen ich den anderen so richtig fertig mache. Oder in denen ich mich selbet klein mache und vor lauter Selbstzweifel vergehe.

Petrus erinnert mich: Ich kann für jeden Menschen beten, ihm Gutes wünschen und ihn in den Wirkungsbereich Jesu stellen, auch wenn er oder sie es nicht gut mit mir meint. Ich darf segnen, weil ich selbst unter Gottes Segen stehe. Sein Angesicht leuchtet über mir, auch wenn um mich herum die Blitze zucken.

So gehe ich heute mit zwei Gedanken in den Tag: Ich bin gesegnet, deshalb möchte ich mithelfen, dass Gemeinde ein Ort ist, an dem wir herzlich und liebevoll miteinander umgehen. Und ich möchte mich durch schwierige Menschen nicht stoppen lassen, sondern sie segnen. Machen Sie mit?

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Kommentare (2)

sandy /

"Und ich möchte mich durch schwierige Menschen nicht stoppen lassen, sondern sie segnen. Machen Sie mit?" Eine herausfordernde Aufgabe - für jeden. Besonders wenn man als sensibler Mensch in einer mehr

Damaris /

Viele Christen machen mittlerweile die traurige Erfahrung: Die schlimmsten Verletzungen holt man sich nicht in der Welt , sondern in der Gemeinde. Die Frage ist dann immer: Soll man sich noch dorthin mehr