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/ Bibel heute

Die große Bedrängnis

Wolf-Dieter Kretschmer über Markus 13,14-23.

Wenn ihr aber sehen werdet den Gräuel der Verwüstung stehen, wo er nicht soll – wer es liest, der merke auf! –, alsdann, wer in Judäa ist, der fliehe auf die Berge. Wer auf dem Dach ist, der steige nicht hinunter und gehe nicht hinein, etwas aus seinem Hause zu holen. Und wer auf dem Feld ist, der wende sich nicht um, seinen Mantel zu holen.[...]

Markus 13,14–23

Jesus ist mit seinen Jüngern im Gespräch. Es geht um ein ernstes Thema, das in der Zukunft liegt. Auslöser der Unterhaltung ist der wunderbare Anblick des Jerusalemer Tempels. Er hat in etwa dort gestanden, wo sich heute der Felsendom befindet. König Herodes hatte den Tempel während seiner Regentschaft prachtvoll ausbauen lassen. Der weiße Marmor und das vergoldete Dach hatten den Tempel zu einem weithin sichtbaren, spektakulären Bauwerk werden lassen.

Nichts von alle dem wird in Zukunft stehenbleiben, hatte Jesus vorhergesagt. Mächtige Feinde werden kommen, die Stadt umzingeln und zerstören. Jesus spricht über eine unvorstellbare Katastrophe, die über Land und Leute hereinbrechen wird. Er warnt: Wenn das geschieht, ist Eile geboten. Wer auf dem Dach seines Hauses steht oder auf dem Feld arbeitet, soll augenblicklich die Flucht ergreifen.

Die Vorhersage wird wahr

Was Jesus in seiner Endzeitrede beschreibt, wird etwa 40 Jahre später eintreffen. In Judäa kommt es zu einer Revolte gegen die römischen Besatzer. Die Folge: das Imperium Romanum schlägt mit äußerster Brutalität zurück. Unter der Führung von Vespasian und seinem Sohn Titus beginnt ein grausamer Kampf. Zunächst werden die Provinzen Galiläa und Transjordanien, also das Gebiet, das in etwa dem heutigen Königreich Jordanien entspricht, erobert. Dann folgt der Küstenstreifen entlang des Mittelmeers. Bald ist die Provinz Judäa von drei Seiten eingekesselt. Im Jahre 69 nach Christus kehrt Vespasian nach Rom zurück, um dort als neuer Kaiser gekrönt zu werden. Sein Sohn Titus, der später selbst zum Kaiser ausgerufen werden wird, übernimmt die militärische Führung im Krieg gegen die aufständischen Juden.

Der Historiker Flavius Josephus berichtet in seinem Werk „Die jüdischen Kriege“ detailliert über das, was Jesus vier Jahrzehnte zuvor vorhergesagt hatte. Unmittelbar nach dem Passafest greifen die Römer Jerusalem an. Schenkt man den Zahlen des antiken Historikers Glauben, sind etwa 3 Millionen Menschen in der Stadt, als sich der Belagerungsring schließt und der Angriff beginnt. Es folgt ein entsetzlicher Kampf. Meter um Meter müssen die Verteidiger zurückweichen. Am Ende dieses Kriegs werden 1,1 Millionen, größtenteils Juden, getötet sein und 97.000 Menschen als Sklaven in die Verbannung müssen.

So etwas hatte es bis dahin in der Geschichte noch nicht gegeben. In Vers 19 und 20 lese ich: „Denn in diesen Tagen wird eine solche Bedrängnis sein, wie sie nie gewesen ist bis jetzt vom Anfang der Schöpfung, die Gott geschaffen hat, und auch nicht wieder werden wird. Und wenn der Herr diese Tage nicht verkürzt hätte, würde kein Mensch gerettet werden; aber um der Auserwählten willen, die er auserwählt hat, hat er diese Tage verkürzt.“

Vorsicht vor dem, was kommen wird!

An dieser Stelle ist es wichtig, sich darüber klarzuwerden, dass die eindringlichen Worte Jesu nicht nur die spätere Eroberung Jerusalems durch die Römer betreffen. Was Jesus zu sagen hat, gilt auch für ein Ereignis, dass noch bevorsteht. Es wird die Zeit kommen, in der sich das wiederholen wird, was seinerzeit geschehen ist. Gerüchte werden die Runde machen, die verunsichern können. Jesus spricht davon, dass Menschen in seinem Namen auftreten werden. Mehr noch! Sie werden behaupten, der wiedergekommene Christus zu sein, und werden das mit erstaunlichen Zeichen und Wundern unterstreichen.

Jesus warnt seine Nachfolger mit diesen Worten: „Denn es werden sich erheben falsche Christusse und falsche Propheten, die Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich, die Auserwählten zu verführen ( Markus 13, Vers 22).“

Der Enkel-Trick

Jesu Warnung erinnert mich an ein Phänomen, dass seit einiger Zeit um sich greift. Vor allem ältere Menschen werden von betrügerischen Banden finanziell regelrecht ausgenommen. Sicher haben Sie schon von dem Enkel-Trick gehört, bei dem sich ein Betrüger als Enkel in Not ausgibt. Häufig gelingt es den Gaunern, derart überzeugend aufzutreten, dass nichtsahnende ältere Menschen auf den Trick hereinfallen. Dabei ist es sehr einfach, sich gegen solche Betrügereien zu schützen: Man stellt konkrete Fragen, die nur der „echte“ Enkel beantworten kann. Stellt die Antwort nicht zufrieden oder klingt sie wie eine Ausrede, um Zeit zu gewinnen oder vom Thema abzulenken, dann ist es an der Zeit aufzulegen und sicherheitshalber den „richtigen“ Enkel kurz anzurufen.

Wie gesagt, die Lösung ist im Grunde genommen einfach. Das Problem besteht darin, dass die Betroffenen sich überrumpeln lassen und nicht umsichtig handeln. Übertragen auf das, wovor Jesus warnt, kann ich ähnlich verfahren. Sollte mir beispielsweise jemand erzählen, dass Jesus an einem bestimmten Ort auftritt, stelle ich mir Fragen und suche in der Bibel nach den entsprechenden Antworten. Diese vergleiche ich mit den Ansprüchen dessen, der von sich behauptet, Jesus zu sein. Schnell werde ich erkennen, dass die Behauptung Jesus nicht gerecht wird.

Aber Vorsicht! Die Betrüger werden immer raffinierter in ihren Methoden. Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz können sogar täuschend echt klingende Anrufe getätigt werden. Umso wichtiger ist es, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Das gilt genauso für Situationen und Personen, die Jesus in seiner Endzeitrede beschreibt. Nur wenn ich mit dem Original gut vertraut bin, werde ich die Fälschung sicher unterscheiden können. Und deshalb ist es wichtig, dass ich mich immer wieder dem Wort Gottes, wie es mir in der Bibel begegnet, aussetze. Zum Ende des heutigen Bibelabschnitts erinnert Jesus seine Nachfolger daran, wachsam zu sein. Er sagt: „Ihr aber seht euch vor! Ich habe euch alles zuvor gesagt! (Markus 13, Vers 23)“

Mit anderen Worten: Ich muss mich nicht von bestimmten Ereignissen verunsichern lassen, weil ich alles habe, was ich benötige, um mir ein sicheres Urteil bilden zu können. Jetzt muss ich nur noch entsprechend handeln.

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Kommentare (1)

Sigrid K. /

Hallo, lieber Herr Kretschmer, sehr gute Worte! Wachsam sein ist. das Gebot der Stunde. Leider wäre ich selber letztes Jahr beinahe Opfer eines "Tochter" Tricks geworden. Gott sei Dank war mein Mann mit vor Ort und hat besonnen reagiert.
Vielen Gank
Herzliche Grüße Sigrid