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/ Bibel heute

Die Frage nach der Steuer

Friedhelm Appel über Markus 12,13-17.

Und sie sandten zu ihm einige von den Pharisäern und von den Anhängern des Herodes*, dass sie ihn fingen in seinen Worten. Und sie kamen und sprachen zu ihm: Meister, wir wissen, dass du wahrhaftig bist und fragst nach niemand; denn du siehst nicht auf das Ansehen der Menschen, sondern du lehrst den Weg Gottes recht. Ist’s recht, dass man dem Kaiser Steuern zahlt, oder nicht? Sollen wir sie zahlen oder nicht zahlen? Er aber merkte ihre Heuchelei und sprach zu ihnen: Was versucht ihr mich? Bringt mir einen Silbergroschen, dass ich ihn sehe![...]

Markus 12,13–17

Jesus ist in Jerusalem angekommen. Viele Menschen sind von ihm begeistert. Viele Geschichten werden von ihm erzählt. Wie er in Galiläa den Sturm gestillt und wie er Sünden vergeben hat. Wie er in Samarien 10 Aussätzige geheilt hat und kürzlich in Jericho auch zwei Blinde. Und gerade vor einer Woche hat er den Lazarus aus dem Grab herausgerufen. Jesus ist Stadtgespräch. Da sind die Verantwortlichen hellhörig. Die Römer sehen als Besatzungsmacht Massenbewegungen eher kritisch.

Führende der Religion beraten und prüfen, ob und wie diese neue Bewegung in ihre Struktur und Dogmatik hineinpasst. Geistliche fragen, inwieweit dieser Mann ein Prophet Gottes ist oder doch nur ein Scharlatan. Revolutionär Gesinnte wollen sehen, inwieweit sie diese junge Bewegung in ihre Strategie einbauen können. Und Menschen, die sich nach Veränderung sehnen, erhoffen sich konkrete, handfeste Zeichen und Wunder, für ein besseres Leben auf dieser Erde. Und selbst unter den Jüngern gibt es große Erwartungen in diese Richtung. Allen voran Petrus und wohl Judas und selbst die Mutter von Jakobus und Johannes.

Etliche erwarten mit dem Einzug in Jerusalem, dass Jesus seine Muskeln spielen lässt und mit dem Hauch seines Mundes die Römer hinwegfegt. Er, Jesus, soll König in Jerusalem werden. Er kann Kranke heilen, Arme und Hungrige mit Brot versorgen, Wetter-Kapriolen besänftigen und gewaltsame Konflikte beenden.

So ist es geradezu eine Pflicht für die Verantwortlichen, diesen Mann aus Nazareth auf Herz und Nieren zu prüfen. Die Herausforderung ist groß. Führer, die sich bisher feindlich gegenüberstanden, machen deshalb gemeinsame Sache. Es geht um eine Glaubens- und Gewissensprüfung. Eine Gruppierung steht unter Beobachtung und die Gesinnung ihres Anführers muss geprüft werden.

Mit der Antwort von Jesus wollen sie ihn einordnen oder gleich eine Grundlage haben, um ihn zu beseitigen. Die Falle und das Trickreiche dabei sind, dass die Frage als geschlossene Frage gestellt wird und zugleich nur zwei Antwortmöglichkeiten vorgegeben werden. Wie in einem Multiple Choice Test. Die Zielsetzung steckt schon in der Test-Frage. Da kommt man nicht raus. Diese Vorgehensweise ist eine Falle.

Die respektvolle Anrede, die schmeichelnde Belobigung und die freundliche Einleitung der Frage sind trügerischer Schein. Jesus soll sich in vertrauensvoller Sicherheit wiegen. Hätten sie doch ihre eigenen Worte ernst genommen: „Du lehrst den Weg zu Gott in rechter Weise“, sagen sie. Hätten sie das ernst genommen, wären sie wohl Nachfolger von Jesus geworden. So aber geben sie ihm zugespitzt zwei Antworten zur Auswahl. Steuern: zahlen oder nicht zahlen. Geben oder nicht geben, das ist hier die Frage.

Und egal wie Jesus antwortet, es würde auf das Gleiche hinauslaufen: Urteil Todesstrafe. Entweder die eine oder die andere anwesende Fraktion würde das fordern. Jesus durchschaut diese vermeintliche Frage und entlarvt sie als Anfeindung, als Versuchung. Und bei Versuchungen kennt sich Jesus aus. Da hat er die größten Herausforderungen in der Wüste durchgestanden.

Die beklemmende Enge der Frage durchbricht Jesus mit einer Gegenfrage. Er ändert die Perspektive zu dem Sachverhalt und gewinnt dadurch mehr Raum für eine Antwort. In der Sache geht es um einen der wichtigsten geistlichen Themenkreise. Bis heute werden die entsprechenden Fragen unterschiedlich beantwortet und unterschiedlich umgesetzt. Es geht um Religion und Staat oder eben um Kirche und Staat.

Jesus wird pädagogisch praktisch. Er lässt sich eine staatlich legitimierte Steuermünze reichen. Der Denar trägt das Bild des Kaisers Tiberius. Vorder- und Rückseite der Münze bezeichnen Tiberius als Kaiser und zugleich als obersten Priester. Das bedeutet, Rom möchte die weltliche Ordnung und auch die geistliche, religiöse Ordnung des Imperiums bestimmen. Jesus gibt seine Antwort kurz und prägnant: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“

Jesus unterscheidet hier zwei Lebensbereiche. Es geht einmal um den Lebensbereich der materiellen und der dreidimensionalen Welt. Und es geht zum anderen um den Lebensbereich des ewigen Reiches Gottes.

Vor Pilatus sagt Jesus zwei Tage später: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, dann hätten meine Diener für mich gekämpft (Joh 18,36).“  Und ebenso verweist er Petrus auf die Andersartigkeit des Reiches Gottes: „Steck dein Schwert weg… Oder meinst du nicht, dass ich meinen Vater um Hilfe bitten könnte und er mir sofort mehr als zwölf Legionen Engel zur Seite stellen würde? (Mt 26,52f).“

Jesus unterscheidet klar den Herrschaftsbereich in dieser Welt von dem Herrschaftsbereich des Reiches Gottes. Das hat auch der Kirchenvater Augustin klar festgehalten. Und Martin Luther hat das in seiner sogenannten Zwei Reiche-Lehre vertieft. Die Thematik betrifft quasi das ganze Leben, sowohl in unserem Engagement in unserer Welt als auch in der christlichen Gemeinde.

Helft in dieser Welt, so dass ihr Wirtschaft, Gesellschaft und Staat unterstützt. Denkt aber nicht, dass ihr dadurch die Welt rettet. Macht euch nicht von diesen irdischen Zielen und vorläufigen Werten abhängig. Sondern lebt so, dass ihr euch von Gott leiten lasst, auf ihn hört und ihn zum Ziel habt. Sein Reich hat Priorität.

Jesus gibt dem gesellschaftlichen Leben eine positive Bestimmung. Staat und Wirtschaft sollen sich um Rahmenbedingungen kümmern, die das Leben aufrechterhalten. Zugleich aber verweist Jesus die Staats- und Wirtschaftsmacht in ihre Schranken. Sie dürfen ideologisch und religiös die Menschen nicht in eine bestimmte Richtung drängen. Jetzt brechen wohl 10.000 Fragen auf. Und es ist gut, wenn jeder seine Haltung mehr versteht und vertieft. Auf einen einzelnen Gedanken möchte ich eingehen: Kann es sein, dass wir Christen manchmal mit weltlichen Mitteln versuchen, Menschen für Jesus oder den Glauben zu gewinnen?

Ja, wir sollen uns in die Welt tatkräftig einbringen. Das ist unser Beruf. Aber wenn jemand Hilfe und Zuwendung bekommt, geheilt wird, Brot erhält oder soziale Anerkennung und sich deshalb zur Gemeinde hält, ist er noch lange kein Nachfolger von Jesus.

Die Hilfen sind lediglich vorläufige Zeichen und ein Vorgeschmack auf die Ewigkeit.  Jesu Angebot zwingt nicht mit Gewalt und überredet nicht mit weltlichen Lockmitteln. Aber seine Einladung wartet auf eine Antwort: Willst du mit mir im Paradies sein? Dann sag JA und komm und folge mir nach.

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Kommentare (2)

Hans-Jürgen L. /

Ein kontroverses Thema ausgewogen kommentiert. Interessant, dass sich Jesus nicht in eine politische Stellungnahme hineinziehen lässt. Was heutzutage nicht mehr gelingt ,weil Geistliches und mehr

Heike H. /

Sehr gute Gedanken und gut dargestellt... Danke