/ Bibel heute
Die heilsame Gnade
Holger S. Hinkelmann über Titus 2,11–15.
Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen und erzieht uns, dass wir absagen dem gottlosen Wesen und den weltlichen Begierden und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilands, Jesus Christus,[...]
Die Menschen sind Gott nicht egal. Sie und ich sind Gott nicht egal. Manchmal haben Menschen einen anderen Eindruck. Sie erleben Unrecht. Sie beobachten, wie andere leiden. Aber eigentlich ist nicht Gott das Problem. Der Mensch mit seiner Eigenwilligkeit hat Gottes schöne Welt kaputtgemacht. Er tut es bis heute. Politiker machen Länder kaputt durch Eigensinn. Chefs zerstören das Klima von Abteilungen oder richten durch selbstbezogene kurzfristige Ziele ganze Unternehmen zugrunde. Ehepartner fahren mit ihrer Eigenwilligkeit ihre Ehen und Familien vor die Wand. Sie leben sich auseinander, sie gehen fremd. Und häufig sucht man die Schuld beim anderen. Eltern setzen Lebensschwerpunkte auf Kosten ihrer Kinder. Geschwister streiten sich ums Erbe, Nachbarn um den Wildwuchs der Büsche und Autofahrer um den Fahrstil des anderen. Überall will jeder sein Ding durchziehen. Und trotzdem hält sich jeder für einen guten Menschen. Aber eigentlich macht die Menschheit mit ihrer Eigenwilligkeit Gottes schöne Welt kaputt. Denn letztlich zeigt das alles nur, dass ich mir von Gott nichts sagen lasse. Für viele ist es einfacher, Gottes Existenz zu leugnen, als sich von ihm reinreden zu lassen. Oder aber einer hält sich für gläubig, aber in Wirklichkeit diktiert er Gott, was der von ihm verlangen darf und was nicht. Derjenige sagt Gott, was in der Bibel gültig sein darf und was nicht. Was für ein Chaos und was für ein Schaden entsteht so im Leben von Einzelnen, in Familien, Betrieben, Ländern und sogar ganzen Volkswirtschaften. Und das alles, weil der Mensch eigensinnig ist.
Gott interessiert sich für uns; trotz Eigensinn
Aber trotz alldem sind die Menschen Gott nicht egal. Also ich hätte längst mit dem Projekt ‚Mensch‘ abgeschlossen, weil es mir gestunken hätte. Aber Paulus berichtet von der „heilsamen Gnade Gottes, [die] allen Menschen“ „erschienen“ ist (Tit 2,11). Gott hat sich einen großen Rettungsplan für die Menschheit überlegt. Paulus spricht dabei von zwei großen Ereignissen, an denen dieser Rettungsplan für die Menschen sichtbar wird. – Die „heilsame Gnade Gottes […] ist [zum einen bereits] erschienen“ und was noch aussteht: die „Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilands, Jesus Christus“ (Tit 2,13).
Wie können wir uns diesen Rettungsplan Gottes vorstellen? Gott setzt beim Kernproblem des Menschen an, seinem Eigensinn, mit dem er sich von Gott losgesagt hat. All das Böse, lässt sich nun nicht einfach ungeschehen machen. Gott ist auch viel zu gerecht, um ein Auge zuzudrücken. Stattdessen entscheidet er sich für einen anderen Weg. Er ist bereit, für den Schaden sozusagen aus eigener Tasche aufzukommen. In Jesus wird Gott Mensch und übernimmt am Kreuz die Strafe für all das Unheil, das der Mensch angerichtet hat. Nun kann jeder Mensch, der möchte, zu Gott kommen. Jesus übernimmt für ihn die Strafe für das Unrecht, das er begangen hat. Die Beziehung zu Gott wird wieder hergestellt. Und wir dürfen uns dann freuen auf die „Erscheinung der Herrlichkeit“, auf die Wiederkunft Jesu und den Anbruch eines neuen Himmels und einer neuen Erde.
Gute Aussichten – schon jetzt!
Aber bis dahin bricht schon hier auf der Erde ein neuer Lebensabschnitt für diejenigen an, die an Jesus glauben. Mit dem früheren Eigensinn ist es vorbei. Wer an Jesus glaubt, hat schließlich erkannt, dass der Eigensinn ihn nur ins Verderben gestürzt hat, dass er mit ihm auch anderen geschadet hat. Er ist schließlich zu Jesus gekommen, weil er sein rücksichtloses Unabhängigkeitsstreben als Fehler eingesehen hat. Er wollte dafür Vergebung von Gott. Er wollte Gott selbst zurückhaben, die Beziehung zu ihm. Wer so zu Jesus kommt, für den ist es klar, dass das Leben nicht einfach im Eigensinn weitergehen kann. Stattdessen geht es für die frisch gebackenen Christen darum – wie Paulus schreibt –, „dass wir absagen dem gottlosen Wesen und den weltlichen Begierden und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben“ (Tit 2,12). Bei Christen wird also schon hier in diesem Leben etwas neu werden. Es wird etwas neu, noch bevor Gottes neue Welt endgültig sichtbar wird.
Hochzeit feiern
Ich will das mit einigen Bildern veranschaulichen. Die Bibel vergleicht den Himmel mit einem Hochzeitsfest und die Christen mit der Braut. Jesus trifft Hochzeitsvorbereitungen und ermöglicht den Christen sozusagen ein Vollbad für die Braut. Durch Jesus kann sie den ganzen Dreck abwaschen, sodass sie für ihren Bräutigam duftet. Jesus hat den Christen dazu ein weißes, reines Hochzeitskleid gekauft, sodass sie für ihn in strahlendem Glanz erscheinen. Was vorher so gar nicht festlich in ihrem Leben war, lassen sie hinter sich.
Sind Christen also perfekt? – Das sagt Paulus nicht. Er geht stattdessen davon aus, dass sie in einem Prozess stehen. Er sagt: „die heilsame Gnade Gottes […] erzieht uns“ (Tit 2,12). Wer zu Jesus gehört, ist nicht vollkommen und fertig. Er steht in einem Erziehungsprozess, in einem Trainingsprozess. An dem Beispiel einer Braut wird sehr schön verständlich, wie so ein Prozess aussieht. Wenn eine Braut gebadet und das Brautkleid angelegt hat, wird sie sich nicht absichtlich dreckig machen. Natürlich kann es vorkommen, dass sie sich bekleckert. Aber dann wird sie doch schleunigst den Fleck reinigen. Es kann passieren, dass sich vielleicht eine Borte an ihrem Brautkleid löst. Aber dann wird sie sie doch möglichst schnell wieder fixieren und annähen. Schließlich will sie für ihren Bräutigam wunderschön aussehen. So ist das auch mit Christen: Ja, es kommt immer wieder vor, dass wir uns schuldig machen. Aber dann werden wir zu Jesus gehen und um Vergebung bitten. Wir werden uns reinwaschen lassen und unser Leben ändern. Und wenn es sein muss, dann lassen wir uns siebenmal täglich Flecken auswaschen. Und dann üben wir aufs Neue, uns nicht mehr zu bekleckern. Es geht um den Bräutigam. Schließlich steht die Hochzeit bevor.
Paulus sagt von Jesus: Er hat „sich selbst für uns gegeben […], damit er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum, das eifrig wäre zu guten Werken“ (Tit 2,14). Und so bricht mit Jesus für Christen in ihrem Leben eine neue Ära an. Statt sich eigensinnig selbst zu verwirklichen, versuchen sie mit der Bibel in der Hand herauszuhören, was Gott gefällt. Es geht um einen Lebensstil, der alle Lebensbereiche umfasst. Er reicht vom Arbeitsplatz bis zum heimischen Sofa, vom Terminplaner bis zur Handy-App, vom Portemonnaie bis zum Schlafzimmer, von den Worten bis in die Phantasie. Statt Eigensinn bestimmt nun Gottesfurcht das Leben. Und damit können Dinge heilwerden, die der Eigensinn kaputt gemacht hat. Die Beziehung zu Eltern, Geschwistern und Nachbarn kann neu werden. Der Chef kann plötzlich über motivierte Mitarbeiter staunen, die sich nicht mehr auf Kosten der Firma einen faulen Lenz machen. Geschwister stellen beim Streit ums Erbe fest, dass für Christen Geld nicht mehr alles ist.
Denn: „Die heilsame Gnade Gottes ist erschienen allen Menschen“.
Ihr Kommentar
Kommentare (1)
DANKE für die Eröffnung/Weiterführung eines Prozesses bei mir: wo, wann, wie pflanze ich HEIL-SAMEN, der das Erblühen der Gnade in Gang setzt... vielleicht gestalte ich auch noch einen Workshop zu diesem Thema und bastle Heil-same Wortkarten zum Verteilen... mal sehn