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/ Bibel heute

Die Berufung des Levi und das Mahl mit den Zöllnern

Jens Kreisel über Markus 2,13-17.

Und er ging wieder hinaus an das Meer*; und alles Volk kam zu ihm, und er lehrte sie. Und als er vorüberging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er stand auf und folgte ihm nach. Und es begab sich, dass er zu Tisch saß in seinem Hause, da setzten sich viele Zöllner und Sünder zu Tisch mit Jesus und seinen Jüngern; denn es waren viele, und sie folgten ihm nach.[...]

Markus 2,13-17

Liebe Leser, wo sind Sie eben beim Anhören des Bibeltextes „hängen geblieben“?

  • Beim Zoll und den Zolleinnehmern? Vielleicht haben Sie schon eigene schlechte Erfahrungen mit Zollkontrollen an einer Grenze gemacht?
  • Oder beim Ruf „Folge mir nach“? Also beim Ruf in die Nachfolge von Jesus Christus?
  • Beim Feste feiern? Vielleicht feiern Sie selbst auch gern und freuen sich über Einladungen zu einer netten Party?
  • Und dann ist da noch die Gruppe der Pharisäer. Sie treten wiederkehrend auf in den Evangelien: Eigentlich meinen sie es doch gut und bewahren die Tradition. Jesus ist in vielen Punkten mit ihnen einig, andererseits überschreitet Jesus ständig ihre strengen Regeln. Andere sehen die Pharisäer als die ewigen Meckerer. Immer müssen sie das Haar in der Suppe suchen - und alles besser wissen und immer Recht haben...

Jesus beruft Levi

Ich möchte Sie einladen, auf Levi zu schauen. Aus seiner Sicht finde ich diesen Bericht sehr ungewöhnlich. Überhaupt lese ich gern davon, wenn Menschen über ihre Berufung, ihre Lebenswende zum Glauben berichten. Oft ist dies ein langer Weg mit mehreren Stationen im Leben. Und dann kommt der Zeitpunkt der Entscheidung, der persönliche Ruf von Jesus: Folge mir nach! – beim Hören einer Predigt, persönlich beim Lesen der Bibel oder durch besondere Lebensumstände.

Und ich bin überzeugt, dass auch Levi eine Vorgeschichte mit Jesus hatte. Markus berichtet uns in Vers 13 eingeschoben von einer Lehrunterweisung von Jesus am Seeufer – wahrscheinlich in Hörweite von Levi. Vermutlich hatte er schon mehrere solcher Reden interessiert zugehört.

Jesus war zeitweise in Kapernaum zuhause (Matth. 4,12; Matth. 9,1). Dann kam er häufiger bei Levi an der Zollstation vorbei. Denn Levi arbeitete als Zöllner im Dienst des Herrschers Herodes Antipas im Zollbezirk bei Kapernaum. Zollstationen gab es damals an Landesgrenzen, Ortsgrenzen, Kreuzungen, Brücken, Seeufern usw.

Das Fischerdorf Kapernaum liegt nur 5 km von der Landesgrenze entfernt. Dort, wo der Jordan in den See Genezareth fließt. Und wo es von West nach Ost eine wichtige Handelsstraße gab. Hier wurden wertvolle Waren vom Mittelmeer nach Osten transportiert. Manche davon kamen bis nach Indien und China. Und alle mussten versteuert werden. Dazu kamen die Einnahmen aus der Kopfsteuer der Bevölkerung und dem Verkauf der Fischereirechte usw.

Ein Job als Zöllner in Kapernaum war also ein echter Hauptgewinn, die Lebensversicherung incl. Ein Zöllner musste zwar mehrere Sprachen sprechen können und im Kopfrechnen fit sein. Aber wer dort einen Job bekommen hatte, der hatte ausgesorgt auf Lebenszeit. Ein krisensicheres Gewerbe mit Lizenz zum Gelddrucken. Wenngleich die Bevölkerung die Zöllner hasste, auch wegen ihren rabiaten Durchsuchungsmethoden beim Verdacht der Unterschlagung. Aber das gehörte eben dazu…

Vielleicht spüren Sie ein wenig, wie außergewöhnlich dieser Bericht von Markus in der damaligen Situation war. Jesus kommt zu Levi. Der sitzt im Zollhaus. Und scheinbar aus heiterem Himmel dieser Ruf von Jesus: „Folge mir nach!“

Aber wie konnte Jesus einen solchen Typen, ja einen Dieb!, in seinen Schülerkreis berufen? Das war ein Skandal. Dieser korrupte Levi hatte doch viel Dreck am Stecken. Er hatte sich bereichert, seine Kunden abgezockt. So einer passte doch nicht als Schüler eines jüdischen Rabbis. – zumindest haben sich das viele Zuschauer gedacht.

Und Levi. Wie kann er nur solch einen gut dotierten Arbeitsplatz aufgeben, fragen sich seine Arbeitskollegen vom Zoll. Denn was hat Jesus zu bieten? Ein Wanderprediger, der von Spenden lebt. Keine stabilen Einkünfte. Dazu spricht Jesus ganz offen davon, dass jeder, der ihm nachfolgt, abgelehnt werden kann oder verspottet werden wird. Warum sollte man sich so etwas antun?

Levi startet neu

Aber Levi ben Alphäus aus Kapernaum befolgt diesen Ruf. Er lässt alles zurück. Den sicheren Job, das gute Einkommen, das eigene Haus und das Gefühl von Macht, wenn Menschen zitternd vor ihm standen und Angst hatten, Levi würde ihre versteckte Schmuggelware finden. Alles lässt er los – und folgt Jesus.

Angenommen Sie wären an der Stelle von Levi gewesen – was hätte Sie überzeugt, Jesus nachzufolgen. Ist der Preis nicht zu hoch? Sind die Konsequenzen nicht zu hart?

Levi hat offenbar verstanden, dass Geld und Besitz nicht dauerhaft glücklich machen. Ja, dass man in einer Tretmühle steckt, wenn man immer mehr haben will. Levi spürt offenbar bei Jesus, dass seine Botschaft nicht von dieser Welt ist. Jesu Worte haben Kraft. Sie verbreiten Hoffnung. Seine Rede vom Reich Gottes ist so ungewöhnlich. Ja, er spricht vom ewigen Leben in der Gegenwart Gottes. Davon will Levi mehr erfahren, bei Jesus lernen. Und dazu ist ihm jeder Preis recht.

Doch Levi lässt sein altes Leben nicht einfach hinter sich und steigt aus. Sondern er gibt zuvor noch ein Fest, eine Abschiedsparty, in seinem Haus. Levi möchte, dass viele seiner Arbeitskollegen Jesus ebenfalls kennenlernen. Eine kreative Idee: Menschen zu Jesus einzuladen, auf dem Weg eines Festmahls. Nicht nur den Kopf erreichen, sondern den ganzen Menschen. Solche jüdischen Feste konnten schon mal mehr als 60 Leute umfassen. Man liegt auf Polstern und es wird an Speisen aufgefahren, was nur möglich ist …

Und mittendrin Jesus. Er feiert mit den verachteten Zöllnern und stadtbekannten Sündern. Obwohl man im Orient nur Tischgemeinschaft mit Freunden oder Gleichgesinnten hat.

Jesus setzt sich mit ihnen zusammen. Wir dagegen, wir „setzen uns auseinander“ - bereits wegen Kleinigkeiten und Unstimmigkeiten.

Lebensveränderung

Und die ersten Jünger sitzen auch mit am Tisch. Für die gelernten Fischer Andreas, Simon, Jakobus und Johannes ist es eigentlich eine Zumutung, mit diesen Halsabschneidern vom Zoll gemeinsam zu feiern.

Doch Jesus in ihrer Mitte verändert Beziehungen. Sie können zusammen sein, ohne feindselige oder abfällige Bemerkungen.

Die erwartbare Kritik kommt von der Seite der Pharisäer. „Wie kann er nur zusammen mit Zolleinnehmern und Sündern essen?“, so fragen sie die Jünger von Jesus. Heißt es nicht in der Schrift, dass man keinen Umgang mit Gottlosen haben soll (z. B. Ps.1,1)?

Doch Jesus antwortet mit einem bemerkenswerten Satz: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder.“

Jesus verteidigt nicht den Betrug und die Ausbeutung der Zöllner. Er verharmlost das Unrecht nicht. Nein, Jesus ist sich im Klaren darüber, dass er Sünder ruft. Es geht ihm um kranke Menschen, die wirklich Hilfe brauchen.

Und Jesus liebt den Bettler, aber nicht seine Lumpen. Er ruft den Sünder, aber toleriert nicht die Sünde. Deshalb ruft er zur Umkehr. Wer Jesus nachfolgt, erlebt Veränderung. Das stellt hier bei Levi Wertmaßstäbe auf den Kopf und macht Beziehungen heil.

Jesus bietet Kranken und Sündern Hilfe, ja Rettung, an. Keiner ist dafür zu schlecht. Jedem Menschen gilt in gleicher Weise das Erbarmen Gottes. Der Ruf „Folge mir!“ von Jesus gilt auch noch heute.

Doch wer ist bereit, seine Hilfe anzunehmen? Levi kann für uns ein Vorbild sein. Nachfolge lohnt sich, denn Jesus ist es wert, alles dafür dranzugeben.

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