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Hiobs erste Antwort an Bildad

Mike Lange über Hiob 9,1–15.32–35.

Denn er ist nicht ein Mensch wie ich, dem ich antworten könnte, dass wir miteinander vor Gericht gingen. Kein Schiedsmann ist zwischen uns, der seine Hand auf uns beide legte! Dass er seine Rute von mir nehme und sein Schrecken mich nicht mehr ängstige![...]

Hiob 9,1–15.32–35

Es ist schön, echte Freunde hier auf Erden zu haben. Vor allem wahre Freunde, die mir in Zeiten der Not und des Leidens beistehen. Freunde, die mich akzeptieren, so wie ich bin; die mich verstehen, die mit mir und für mich beten. Freunde, deren Ratschläge ich mir gerne anhöre. Freunde, durch die Gott zu mir spricht und an mir handelt.

Der schwer gebeutelte Hiob hatte sich soeben die Rede seines Freundes Bildad, zu finden im 8. Kapitel des Hiob-Buches, angehört und antwortet nun auf diese. Versetzen wir uns in die damalige Situation: Hiob galt bis vor kurzem noch als der „größte Mann des gesamten Ostens“. Nach heutigen Maßstäben gleichzusetzen einem angesehenen König, ein Millionär mit großen Ländereien und Viehbesitz. Gesegnet mit zehn Kindern. Und ein rechtschaffener, gottesfürchtiger, weiser und liebevoller Anführer.

Durch das Einwirken des Satans, des Verklägers und Verleumders der Menschen vor Gott, verliert Hiob in kürzester Zeit all sein Hab und Gut, seine Kinder sterben, er wird von einem schrecklichen Hautgeschwür befallen, sitzt wie ein Bettler auf der Müllkippe und selbst seine Frau empfiehlt ihm, besser zu sterben, als so weiterzuleben. Doch Hiob bleibt bei alldem geduldig im Gebet und im Vertrauen auf Gott. Ich weiß nicht, wie ich solche Schicksalsschläge verkraften würde. Doch ich weiß, dass Hiobs wohl bekanntester Ausspruch „Der HERR hat´s gegeben, der HERR hat´s genommen; der Name des HERRN sei gelobt!“ mir in schwierigen Zeiten schon Mut, Zuversicht und Hoffnung gegeben hat.

Hiob erhält Zuspruch von seinen drei Freunden Elifas, Bildad und Zofar, die aus der Ferne herbeigeeilt sind. Sitzend und schweigend verbringen sie die ersten sieben Tage zusammen. Diese Zeit der Gemeinsamkeit, des Schweigens, der Trauer, des wortlosen Annehmens und Akzeptierens scheint Hiob gut zu tun.

Und so beginnt er, seinem Leiden Ausdruck zu verschaffen und über seinen Zustand zu klagen. Damit setzt er eine Reihe von sich abwechselnden Reden seiner Freunde in Gang.

Im vorangegangenen Kapitel 8 spricht der sichtlich gebildete Freund, Bildad, in einer sehr zurechtweisenden Art zu Hiob. Was Hiob sich hier anhören muss, ist schon harter Tobak. Bildad behauptet, dass Hiobs Kinder gesündigt hätten und Gott sie deswegen bestraft hat. Bildad glaubt an den Tun-Ergehen-Zusammenhang, nämlich dass Gott gutes Verhalten belohnt und Böses vergilt. Hiob muss sich immer stärker werdende Vorwürfe seiner Freunde anhören: „Du bist wohl doch selbst schuld daran…, denn Gott ist gerecht.“

In seiner eindrucksvollen Antwort verzichtet Hiob auf eine Erwiderung im Detail und auf seine Rechtfertigung. Er hat die innerliche Größe und Demut der grundsätzlichen Aussage Bildads zuzustimmen, dass es einem Menschen unmöglich ist, vor Gott Recht zu erlangen und das einzig und allein Gott gerecht ist.

Das hebräische Wort enosch für Mensch, welches Hiob hier verwendet, bezeichnet den sterblichen und sündigen Menschen nach dem Sündenfall im Paradies, im Gegensatz zum adam, der ursprünglichen Bezeichnung Gottes für die Menschen. Hiob erläutert, dass es sinnlos ist, als Mensch seine Unschuld vor dem unendlich weisen und gerechten Gott beweisen zu wollen. Gott könnten wir „auf tausend nicht eins“ antworten, denn auf jede unserer Rechtfertigungen hält Gott für uns tausend unbeantwortbare Fragen bereit. Fragen, wie Gott sie Hiob in den Kapiteln 38 und 39 beispielsweise stellt und die verdeutlichen, dass Gott der allmächtige Schöpfer dieser Erde ist und Menschen die gesamten Zusammenhänge, die Geschehnisse in der unsichtbaren Welt und Gottes wundervollen Heilsplan niemals in seiner Gänze erfassen und verstehen können.

Hiob bekräftigt immer wieder, dass er sich keiner Schuld bewusst ist. Doch durch die anklagenden Reden und unheilvolle Argumentation seiner Freunde ist bei Hiobs Reden nach und nach ein zunehmender Selbstzweifel und eine Klage gegen Gott zu spüren. Die negative Beeinflussung durch Hiobs Freunde ist, ebenso wie der Anstoß zu Hiobs gesamtem Leidensweg, satanischen Ursprungs. Satan, der Verleumder, versucht in immer neuen Anläufen, das Gottvertrauen von Hiob zu zerstören. Nicht nur Gott kann durch andere Menschen zu uns sprechen, sondern auch der Satan. Hiobs Freunde schwingen zwar intellektuelle Reden, welche die Weisheit des Orients zu dieser Zeit durchschimmern lassen, aber es fehlt ihnen an menschlicher Wärme, an einer grundgütigen, liebevollen Herzenshaltung. Im 1. Brief an die Korinther, Kapitel 13, bringt es Paulus auf den Punkt: „…es zählt alles nichts, ohne die Liebe.“

Als Freund oder Seelsorger möchte ich daher lieber mit meinen Freunden beten, ihnen Trost, Zuversicht und Hoffnung spenden und sie im Gottvertrauen bestärken.

Gott ist gerecht, er ist allwissend und allmächtig und er handelt keinesfalls willkürlich. Mein menschlicher Verstehenshorizont reicht jedoch nicht aus, um das Problem des Leidens wirklich zu begreifen. Hiob leidet zur Ehre Gottes.

Eine gute Freundin von mir erkrankte, neben einer Reihe bereits vorhandener gesundheitlicher Einschränkungen, auch noch an Krebs. Nach einer Zeit der Klage und des Haderns kam sie zu einer beeindruckenden Grundeinstellung: „Ich glaube“, sagte sie, „das ist der von Gott gewollte Weg für mich, denn ich kann aus meiner Krankheit heraus ein viel mächtigeres, authentischeres Zeugnis meines Glaubens und Gottvertrauens abgeben.“ Ich empfinde das stark. Mutmachend nicht nur für mich, sondern für nahezu jeden Menschen, mit dem meine Freundin darüber ins Gespräch kommt.

Hiob sehnt sich in seiner Rede ebenfalls nach einer viel tieferen Gotteserfahrung, nach einem zugänglicheren Gott, mit dem er furchtlos über seine Unschuld reden könnte. In Vers 33 hofft Hiob auf einen Mittler, einen Schiedsmann, wie er ihn nennt, der seine Hand sowohl auf Gott und auf ihn legen könnte, der also zwischen Himmel und Erde vermitteln kann, der in beiden Welten Zugang hat. Alles läuft an dieser Stelle auf Jesus Christus zu.

Zur Zeit, als Hiob lebte, war der Erlöser und Erretter der Welt, der den Tod und den Satan überwunden und in seine Schranken gewiesen hat, den Menschen noch nicht bekannt. Für Hiob gab es noch keine befriedigende Antwort auf all sein Leiden.

Uns heute lebenden Menschen bietet Jesus Christus in seiner bedingungslosen Liebe, eben wie ein echter, wahrer Freund, seine Nähe, seine Zuflucht und seine Gnade an. Als Freund von Jesus darf ich jederzeit zu ihm kommen. Ich darf die guten Zeiten mit ihm feiern und genießen, ich darf in schlechten Zeiten klagen und doch dankbar sein für das bereits unverdient Empfangene. Ich finde den Sinn in meinem Leben. Und nur allein Gottes Wille, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft und unser gescheites Reden, konnte Hiobs Verzweiflung und sein Leiden, genauso wie mein Leiden heute, in und durch Jesus Christus beantworten.

 

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