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Die Macht der Zunge

Ludwig Geisler über Jakobus 3,1-12.

Vorschaubild: Jakobus 3

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Jakobus 3

Nicht jeder von euch, meine Brüder, soll Lehrer werden; da wir doch wissen, dass wir ein desto strengeres Urteil empfangen werden. [...] (Jak 3,1-12; LUT)

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„Kleine Ursache – große Wirkung“, so kann ich es oft in Unfallberichten und Schadensmeldungen lesen. Kurz abgelenkt, eine kleine Nachlässigkeit, eine weggeworfene Kippe, können zu enormen Schäden führen. Ein winzig kleiner Virus kann die ganze Welt in Aufruhr versetzen. Ein unbedachtes Wort kann einen Konflikt und Krieg auslösen.

Jakobus hat in seinem Brief mit relativ wenigen Worten eine umfassende Anleitung für Glauben und Handeln auf christlicher Basis gegeben. Er ist ein hervorragender Lehrer und hat die Jerusalemer Gemeinde in schwierigen Zeiten der Verfolgung geleitet. Jakobus warnt davor, sich allzu sehr nach dem Dienst eines Lehrers auszustrecken. Lehrer genossen zwar ein hohes Ansehen, mussten aber auch mit harter Kritik und Gottes Urteil rechnen. Auch ich wäre gerne Lehrer geworden, denn ich hatte wirklich gute Pädagogen in meiner Kindheit. Sie waren Respektspersonen und wurden mir zu Vorbildern – und solche Wertschätzung wünschte ich mir auch. Aber in der sozialistischen Gesellschaft, in der ich lebte, fehlte mir die geforderte Überzeugung und materialistische Weltanschauung. Ich durfte aber den Kindern in der Sonntagsschule die Geschichten aus der Bibel nahebringen und sie so im Glauben unterrichten. Ein strenges Urteil musste ich da nicht fürchten. Auch ich wurde von guten Lehrerinnen und Lehrern im christlichen Glauben unterrichtet. Ihnen konnte ich vertrauen, weil sie nicht ihre eigene Unfehlbarkeit, sondern die Wahrheit der Bibel verkündigt haben.

Die Macht der Zunge

Jakobus schreibt schon in seinen ersten Versen, an wen wir uns wenden sollen, wenn wir nicht weiterwissen: an unseren Gott. Er will mir den Weg weisen und mich lehren. Jakobus gibt zu, dass auch er Fehler macht. Das ist bei einem Lehrer nicht unbedingt zu erwarten. Gerade bei so einem Spracharbeiter ist die Gefahr groß, dass Irrtümer verbreitet werden und Missverständnisse entstehen. Die Zunge wird als „Übeltäter“ vorgestellt, obwohl ja dahinter ein Denken steht. Kontrolle und Beherrschung dieses hochkomplizierten Multifunktions-Organs in unserem Mund sind gefordert. Die verheerenden Folgen einer losen und zynischen Zunge werden uns bildreich vor Augen geführt. Dieser relativ kleine, extrem bewegliche Muskel, der uns sprachfähig macht, lässt sich nicht so leicht beherrschen. Er muss gezügelt und gebremst werden, wenn die Worte unbedacht heraussprudeln wollen. „Vor Inbetriebnahme des Mundwerks, Gehirn einschalten!“, las ich auf einem Cartoon. Das will ich beherzigen.

Selbstkontrolle

Mit der kleinen Trense vom Zaumzeug wird ein Pferd gelenkt und in Zaum gehalten. Da wird buchstäblich die Zunge gezügelt, aber das Pferd kann ja nur wiehern, nicht sprechen. Auch das Steuer eines Schiffes ist relativ klein und hat eine große Wirkung. Da stellt sich mir die Frage nach dem Steuermann in meinem Lebensschiff. Er sollte auch meine sprachlichen Äußerungen lenken. „Eure Worte sollen immer freundlich und mit dem Salz der Weisheit gewürzt sein. Dann werdet ihr es auch verstehen, jedem, der mit euch redet, eine angemessene Antwort zu geben“, schreibt Paulus im Brief an die Kolosser (4,6).

„Ein kleiner Funke steckt einen großen Wald in Brand“, wird uns als drastisches Bild für den Schaden einer unbedachten oder verkehrten Rede vor Augen geführt. Die Bilder von verheerenden Waldbränden haben wir auch in diesem Sommer gesehen. Unfassbar, welches Leid und welche Verluste die betroffenen Menschen ertragen müssen. Die Folgen von übler Nachrede, von vagen Gerüchten und bewussten Lügen können ein Menschenleben zerstören – man spricht zurecht von Rufmord.

Im Psalm 140 spricht David über boshafte Menschen. „Sie haben spitze Zungen wie die Schlangen, von ihren Lippen träufelt Gift wie bei einer Natter.“ Das tödliche Gift haltloser Worte kann Familien und Gemeinden spalten und zerstören. Warum bin ich manchmal unbeherrscht? Oft gibt es eine Spirale von Rede und Widerrede und unser Zorn steigert sich zur Wutrede oder gar zum Fluch. Der Zwiespalt ist riesengroß zwischen dem, wozu wir mit unserer Zunge bestimmt sind, und der giftigen Beschimpfung eines Mitmenschen.

Viel besser: Lobpreis!

„Mit meinem Mund will ich dich loben, ja, mit meinen Lippen will ich dich preisen.“

So jubelt David im Psalm 63, obwohl er gerade auf der Flucht ist. Wie wunderbar ist es, wenn Christen ihren Glauben in Liedern bezeugen und den Vater im Himmel und Jesus seinen Sohn im Lobpreis ehren. Da erfüllt die Zunge ihren Zweck und darin liegt unsere Bestimmung als Gottes Geschöpfe. „Denn ein Lobpreis seiner Herrlichkeit sollen wir sein.“ (Eph. 1,12)

Unsere Zunge spricht das aus, was wir zuvor gedacht haben. „Denn aus dem Mund kommt das, was das Herz erfüllt“, sagt Jesus, oder wie es Luther übersetzt hat: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“ (Matthäus 12,34). Wenn mein Herz von Gottes Liebe erfüllt ist und ich daran denke, was Jesus für mich getan hat, kann ich Segensworte aussprechen. Dann sind meine Worte wie warmer Regen auf dürres Land. Dann kommt nichts Bitteres oder Salziges über meine Lippen. Wenn ich den anderen wertschätze und höher achte als mich selbst, dann wird mein Glaube zur Wohltat. Dann kann der gute Same aufgehen und Frucht bringen, dann kann Gottes Wort unsere Welt verändern: Kann Unfrieden überwinden, Hunger stillen und Trauer in Freude verwandeln.

Ich will von Jesus lernen, der mit seinen Worten den Armen frohe Botschaft gebracht hat. Seine Worte haben die Macht, Sünde zu vergeben und Kranken Heilung zu schenken. Er hat Worte des ewigen Lebens (Johannes 6,68).

Segnungen

„Kleine Ursache – große Wirkung“, das kann ich auch positiv sehen. Eine kleine Spende kann zu einer großen Hilfsaktion werden, wenn sich viele beteiligen. Eine einzelne Bekehrung zu Gott kann zu einer Erweckung in unserem Land werden. Ein kleines Lied kann zu einem großen Lobgesang werden. Wenn Gott wie bei Jeremia unsere Zunge berührt, können wir seine Worte weitersagen.

Ich bete mit einem Liedtext von Dora Rappard: „Nimm die Stimme, lehre mich, reden singen nur für dich! Nimm, o Herr, die Lippen mein, lege deine Worte drein.“

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