/ Anstoß - Gedanken zum Tag
Die Ausnahme von der Regel
Markus Baum über Römer 15,5-6
Der Gott der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.
Mit dem Loben ist es so eine Sache. Einerseits braucht jeder Mensch Anerkennung. Aber allzu viel Lob macht eingebildet und lässt schon wieder daran zweifeln, ob es die Lobenden auch wirklich ernst meinen. Vor 150 Jahren haben deshalb die Erziehungswissenschaftler Jacob Georg Curtmann und Friedrich Heinrich Schwartz empfohlen: Wenn überhaupt loben, dann nur sparsam und nach genauer Prüfung, ob das Lob auch berechtigt ist. Schon im 17. Jahrhundert hat der französische Moralist François VI. Herzog von Rochefoucauld zur Ernüchterung aller, die gerne Jubelarien anstimmen, festgestellt: "Was man uns auch Gutes über uns sagen mag: Man sagt uns nichts Neues."
Von daher stellt sich schon die Frage: Warum spielt das Loben im jüdischen und christlichen Glauben eine derart große Rolle? Speziell das Lob Gottes? Denn auch die Gläubigen sagen Gott nichts wirklich Neues, wenn sie seine schöpferische Kraft rühmen, sein Handeln in der Geschichte, seine guten Absichten mit jedem einzelnen Menschen. Das kann also nicht das Geheimnis des Lobes sein.
Was passiert, wenn ich lobe? Ich gerate ins Staunen, wenn ich mir bewusst mache, was ich Gott alles verdanke, wie ich von seiner Großzügigkeit und Freundlichkeit lebe. Wenn ich meinen Jubel darüber zum Ausdruck bringe und meine Hingabe erkläre in Liedern und Gebeten, dann wirkt das auf mich zurück. Noch besser klappt das zusammen mit anderen. Deshalb hat der Apostel Paulus den Christen in Rom Eintracht gewünscht, damit sie "einmütig mit einem Mund Gott loben" können, "den Vater Jesu Christi". Auch wenn die Regel lautet "Sparsam, aber zielgenau loben“, dann gilt als Ausnahme von der Regel: Es gibt einen, den können Sie und ich gar nicht genug loben. Nämlich Gott, den Vater Jesu Christi. In unserem ureigenen Interesse.
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