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Eine heilsame Erfahrung

/ Wochenration / Lesezeit: ~ 4 min

Eine heilsame Erfahrung

Negative Glaubenssätze lösen.

Was wir glauben, prägt unsere Sicht auf die Welt mehr als alles andere. Damit meine ich nicht nur welcher Religion, Glaubensgemeinschaft, welchem Guru oder welchen Verschwörungstheorien man glauben schenkt, sondern welche Sätze man sich selbst immer wieder im Unterbewusstsein sagt.

Persönliche Weiterentwicklung

Die christliche Subkultur beschäftigt sich intensiv mit dem Glauben. Dem Thema „Persönliche Glaubenssätze“ aber bin ich zum ersten Mal während meiner Ausbildungen zur Psychologischen Beraterin vor ca. 6 Jahren begegnet. Ich war überrascht, dass ich mir darüber noch nie zuvor Gedanken gemacht hatte. Ich dachte, dass alles andere nicht relevant ist, wenn ich an Jesus glaube.

Die persönliche Weiterentwicklung wird unter Christen sowieso sehr flach gehalten, weil der Fokus hauptsächlich auf Jesus, dem geistlichen Leben und dann vielleicht noch den Nöten der Nächsten liegt. Aber wenn ich mich selbst nicht achte, nicht liebe, mich mir nicht zuwende - wie kann ich dann zu einem gesunden, selbstbewussten Erwachsenen werden? Wie kann ich andere lieben und stark für Gott sein, wenn ich im innersten Kern an mir selbst zweifle? Was glaube ich eigentlich über mich und über die Welt? Welche negativen Glaubenssätze lähmen mich in meiner persönlichen Weiterentwicklung? Welche halten auch meine Beziehungen (zu Familie, Freunden, Gott, mir selbst) auf?

Wie entstehen Glaubenssätze?

Glaubenssätze entstehen meist im Laufe der Kindheit. Wenn uns etwas Erschütterndes widerfährt oder wir hilflos einer Situation, einem Verhalten oder einer Gefahr ausgeliefert sind, suchen wir eine Erklärung dafür, um wenigstens Gefühlt die Kontrolle zu behalten. Was wir (scheinbar) begreifen, fühlt sich weniger bedrohlich an. Doch dieser Schutz kann auch zu einem Gefängnis werden. Dafür muss das initiale Ereignis nicht auf die gleiche Weise stattfinden, es reicht auch, unsere persönliche Interpretation, um den entstandenen Glaubenssatz tief in unserem Inneren zu verankern.

„Ich glaube, dass ich eine Last bin.“

Ich möchte das beispielhaft an einem negativen Glaubenssatz verdeutlichen, an dem ich mich abgearbeitet habe: „Ich glaube, dass ich eine Last bin.“ Diesen Glaubenssatz kann ich auf meine Kindheit zurückführen, in der meine Mutter viele Jahre unter einer unbehandelten Depression litt und es sehr schwer hatte. Weil ich als Kind natürlich nichts von psychischen Erkrankungen verstand, habe ich es auf mich bezogen: „Meine Mami möchte nicht aus dem Bett, weil ich ihr eine Last bin. Meine Mami hat keine Kraft zu kochen oder geschweige denn mit mir zu spielen, weil ich so anstrengend bin und meine Bedürfnisse zu viel sind. Sie hat es so schwer beim Putzen, weil ich alles so schmutzig mache.“

Ich versuchte, mich immer unsichtbarer, unhörbarer und unproblematischer zu machen. War extrem ruhig und unauffällig. Doch das weitete sich auf mein gesamtes Leben aus. Ich wollte niemanden stören, deshalb meldete ich mich selten bei Freunden, mir fielen Arztbesuche schwer, weil ich meine Probleme mied und mich unwohl fühlte, wenn sich jemand mir widmete. Ich versuchte, es immer allen recht zu machen, mich überall anzupassen und keine Probleme zu machen. Dadurch konnte mein ursprüngliches Wesen, mein wildes, freies, lebendiges Herz sich nur schwer entfalten.

Bloß keine Last sein

Bis heute gibt es nicht viele Menschen, die mich wirklich so kennen, wie ich bin. Meine kindliche Leichtigkeit ist sehr früh einer Ernsthaftigkeit und Zurückhaltung gewichen, um nicht zu stören. Um keine Last zu sein. Leise sein wurde zum Überlebensmechanismus. Ich hasste es aber, still zu sein. Ich fühlte mich wie ein Vogel in einem zu kleinen Käfig, hatte aber auch Angst davor, was passieren könnte, wenn ich ausbreche. Das habe ich bis heute noch. Viele nannten mich nur die „stille Claire“ und mein ursprünglicher Schutz wurde oft zum Problem in dieser extrovertierten, lauten Welt.

Glaubenssätze mit Wahrheiten ersetzen

Heute versuche ich, die Glaubenssätze durch Wahrheiten von Gott zu ersetzen. Für Gott war und bin ich nie eine Last. Im Gegenteil: „Der Herr, dein starker Gott, der Retter, ist bei dir. Begeistert freut er sich an dir. Vor Liebe ist er sprachlos ergriffen und jauchzt doch mit lauten Jubelrufen über dich.“Zefanja 3,17  (NLB) Diese Sätze wiederhole ich in Meditationen und lasse sie einwirken. Es dauert, es braucht Geduld, aber es lohnt sich sehr. Ich frage Gott, wo er in schmerzhaften Momenten meiner Kindheit gewesen ist, und lasse mich von ihm zurückbringen, um zu spüren, wie ich in dem Moment von ihm gehalten bin.

Das innere Kind umarmen

Manchmal schaue ich mir alte Kinderbilder von mir an, weine über sie und umarme mein jüngeres Ich in Gedanken und sage ihm alles, was ich jetzt als Erwachsene verstehe: Dass es nicht seine Schuld ist, dass Mama nicht mehr kann. Dass Mama es trotzdem liebt und es eine Freude ist. Dass es so sein darf, wie es ist und sich nicht verstecken muss. Es ist nicht verantwortlich für das Wohlergehen seiner Mutter.

Es darf Kind sein. Wild, frei, lebendig, laut, anstrengend, geliebt, geschätzt, gehört, respektiert, gesehen, gehalten und getröstet. So lösen sich die negativen Glaubenssätze nach und nach ganz sanft auf und es bleibt ein starkes Selbst, getragen von der Liebe und Wiederherstellung Gottes.

Dieser Text von Claire Gonzales wurde zuletzt auf www.keineinsamerbaum.org veröffentlicht.

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