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© Jacob Sedlacek / unsplash.com

20.07.2015 / Andacht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Rebecca Schneebeli

Gott auf der Anklagebank

Was tun, wenn Zweifel scheinbar die Überhand gewinnen?

Kennen Sie das? Sie haben sich fest vorgenommen, Gott in einer bestimmten Sache zu vertrauen, aber es gelingt einfach nicht. Sie bitten ihn, Ihnen Vertrauen zu schenken, aber er schweigt. Und je länger er mit einer Antwort auf sich warten lässt, desto mehr machen sich Zweifel breit. Sie beginnen sich zu fragen: Wieso glaube ich überhaupt?

Im letzten Jahr habe ich diese Erfahrung mehrmals gemacht. Ich hatte den Eindruck: Ich stehe an einem Scheideweg. Auf der einen Seite waren Gottes Zusagen, auf der anderen Seite unbezwingbare Türme aus Angst und Unsicherheit. Ich wusste: Die Bibel ist wahr. Aber was ich erlebte, schien plötzlich nicht mehr dazu zu passen. Ich begann, Lebensentscheidungen anzuzweifeln, die ich auf Wegweisungen Gottes hin getroffen hatte. Hatte ich Gott damals vielleicht falsch verstanden?

In dieser Situation schrie ich regelrecht zu Gott ‒ ja, ich schrie ihn bisweilen sogar an. Ich bat: „Schenk mir Einblick in deinen Plan für mein Leben!“. Nach einer langen Zeit des Schweigens antwortete er. Doch kurz darauf kam die nächste Unsicherheit und Gottes Eingreifen war vergessen. Die nächste Hürde schien sogar bedrohlicher als die vorherige. Wieder gewannen Zweifel die Überhand.

Mit Gott kann ich mich nicht messen

Eine Person, der es ähnlich ging, war Hiob. Er hatte ein richtig tolles Leben, aber dann passierte ein Unglück nach dem nächsten: Zuerst verliert er seinen Besitz, dann kommt seine gesamte Familie um. Trotzdem hält Hiob an Gott fest. Aber als er schwerkrank wird, kommt sein Glaube ins Wanken.

Hiob ist erschüttert davon, dass Gott ihn straft, obwohl er dessen Gebote immer gehalten hat. Wütend erklärt er:

Ich bin im Recht und darf mein Recht nicht fordern! Soll ich ihn etwa noch um Gnade bitten, ihn, der das Urteil schon beschlossen hat? Selbst wenn er sich dem Rechtsverfahren stellte – dass er mich hören würde, glaub ich nicht. (Hiob 9,15f)

Ich kann Hiob an dieser Stelle gut verstehen. Auch mir liegt es manchmal auf der Zunge, Antworten von Gott zu fordern; ihn auf die Anklagebank zu setzen, wenn er seine Zusagen nicht erfüllt. Doch Hiob lernt in seinem Ringen mit Gott etwas Entscheidendes. Denn plötzlich spricht Gott zu ihm und fragt:

Wer bist du, dass du meinen Plan anzweifelst, von Dingen redest, die du nicht verstehst? Nun gut! Steh auf und zeige dich als Mann! Ich will dich fragen, gib du mir Bescheid! (Hiob 38,2f).

Au Backe! Mit dieser Antwort Gottes hatte Hiob sicher nicht gerechnet. Doch straft Gott Hiob für die Freiheiten, die er sich herausgenommen hat? Komischerweise nicht. Gott macht hier etwas ganz Ungewöhnliches: Er zeigt Hiob klar auf: „Mit mir kannst du dich nicht messen. Mein göttlicher Plan ist höher als deine menschlichen Pläne.“ Gleichzeitig aber gibt er Hiob vor dessen Freunden Recht. Obwohl Hiob zornig und verzweifelt war, hat er im Gegensatz zu ihnen immer die Wahrheit über Gott gesagt. (vgl. Hiob 42,8).

Gott hautnah erlebt

Und wie reagiert Hiob? Der erkennt kleinlaut Gottes Größe an:

Ich weiß jetzt, dass dir nichts unmöglich ist; denn alles, was du planst, führst du auch aus. (Hiob 42,2f).

Eine ähnliche Erkenntnis machte auch ich, als Gott plötzlich in meine persönlichen Nöte und Sorgen eingriff. Ich merkte: Gott selbst hält die Fäden meines Lebens in der Hand. An ihn kann ich meine Probleme abgeben.

Und noch ein Zweites lehrt mich die Geschichte von Hiob. Gerade durch Glaubensproben lerne ich Gott besser kennen. Hiob sagt in Hiob 42,5 den wunderbaren Satz:

Ich kannte dich ja nur vom Hörensagen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut (Hiob 42,5).

Genauso erlebe auch ich das: Gerade da, wo ich schwierige Lebenserfahrungen mache und Gott bedingungslos vertrauen muss, wächst mein Glaube. Glaubenszweifel bringen mich letztlich Gott näher statt mich von ihm zu trennen. Das macht mir Mut für die nächste Hürde.

 Rebecca Schneebeli

Rebecca Schneebeli

  |  Redakteurin

Sie schätzt an ihrem Job, mit verschiedenen Menschen und Themen in Kontakt zu kommen. Sie ist verheiratet und mag Krimis und englische Serien.

Ihr Kommentar

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Kommentare (4)

Carina H. /

Manchmal setze ich Gott leider auch auf die Anklagebank. Ich lebe nun schon fast25 im Rollstuhl . Schweres Leben einerseits, doch rückblickend hat mich dieses Leben demütiger gemacht. Manchmal kann mehr

Annemarie T. /

Danke

Nesa /

Gott ist unendlich groß! Manchmal darf man etwas warten bis er eingreift! Diese Zeit nutze ich dann um heraus zufinden ob ich vielleicht selbst mehr tun kann? Denn manchmal ist es so das ich einfach mehr

Margit /

Vielen vielen Dank für die tolle Andacht. Das passt genau zu meiner Situation. Immer wieder werde ich durch Machtmenschen in die Enge getrieben ohne es erstmal zu merken bis es eskaliert. Ich frage mehr

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