Navigation überspringen
Heilsgewissheit

Glaubens-FAQ / Lesezeit: ~ 10 min

Autor/-in: Joachim Bär

Heilsgewissheit

Wer schuldig ist oder Zweifel hat, fragt sich: Bin ich noch gerettet? Die biblische Antwort ist weniger eindeutig als gewünscht. Gewissheit gibt es trotzdem.


Einmal gerettet, immer gerettet? Diese Frage fasst das Problem der Heilsgewissheit zusammen. Sie berührt Christen in unterschiedlichen Lebenslagen. Der eine denkt an den damaligen Jugendleiter, der viele Jugendliche durch seine Begeisterung für Jesus den christlichen Glauben nahegebracht hat – dann aber der Gemeinde und dem christlichen Glauben völlig den Rücken gekehrt hat. Ist er noch von Gott angenommen?

Für den Nächsten stellt sich die Frage, ob die Schwester gerettet ist, die zwar jahrelang die Kirche und Gemeinde besucht hat – letztlich aber alles andere als ein Leben führt, in dem der christliche Glaube sichtbar ist. Andere werden von Zweifeln geplagt, die die eigene Person betreffen: Bin ich noch gerettet, obwohl ich diese schwere Schuld auf mich geladen habe? Bin ich gerettet, auch wenn meine „erste Liebe“ für Jesus und seine Botschaft schon längst verloschen ist? Und könnte ich für mich selbst und meinen Glauben garantieren, wenn mein Leben aus den Fugen gerät und mein Glaube unter Druck gerät?

Die zentrale Frage ist also: Sorgt Gott vollständig für die Vollendung meiner Rettung oder kann ich durch eigenes Verschulden dieses Heil wieder verlieren?
 

Um was es geht

Das Heil, dessen ich mir sicher sein kann, umfasst zwei Aspekte. Erstens geht es um das jetzige Verhältnis zu Gott, also um die Frage, ob Gott mich angenommen hat. Zweitens geht es um das zukünftige Verhältnis zu Gott. Hier ist das sogenannte zukünftige „Endgericht“ bzw. das Jüngste Gericht gemeint und die Frage, ob ich darin vor Gott bestehen werde und ewiges Leben erhalte.

Um der Frage angemessen nachzugehen, ist eine Unterscheidung in Heilsgewissheit und Heilssicherheit sinnvoll. Heilsgewissheit beschreibt die innere Gewissheit, von Gott angenommen zu sein und aufgrund dieses Glaubens ewiges Leben zu haben. Diese Gewissheit schenkt der Heilige Geist.

Bei der Heilssicherheit geht es weniger um die innere Gewissheit als vielmehr um objektive, biblische Fakten, die belegen, dass meine Rettung sicher ist – egal, ob sich das in meinen Gefühlen widerspiegelt. Es ist wichtig, beiden Begriffen nachzugehen.
 

Die Grundlagen

Die Bibel bietet unzählige Aussagen zum Thema Rettung und Heil. Allerdings ist das Bild nicht so klar, wie man es sich wünschen würde. Schon zwei Aussagen von Jesus, nur wenige Kapitel voneinander entfernt, machen das klar. Eine Aussage, die für eine Heilssicherheit spricht, findet sich in Johannes 10,27-28: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ Hier kommen beide Aspekte des Heils zur Sprache, der Jetzige und Zukünftige. Niemals scheint ein Nachfolger Jesu dieses Heil verlieren zu können.

Lässt man hingegen Johannes 15,6 zu Wort kommen, ist die Lage schon nicht mehr so eindeutig: „Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer und sie müssen brennen.“ Auch hier geht es um Nachfolger Jesu. Das Heil scheint aber alles andere als sicher zu sein. Vielmehr muss der Nachfolger etwas tun, um zu bestehen: Er muss „in Jesus“ bleiben, was mein ganzes Sein betrifft und die herzliche Beziehung zu ihm meint.

Analog zu diesen sich auf den ersten Blick widersprechenden Bibelstellen haben sich in der Frage der Heilssicherheit – grob gesagt – zwei große Lager gebildet. Die einen sprechen sich dafür aus, dass ein Gläubiger durch nichts und niemand das Heil verlieren kann. Die anderen gehen davon aus, dass man durch eigenes Verschulden sehr wohl das Heil wieder verlieren kann. Beide Gruppen können gute Argumente für sich verbuchen, die nun näher beleuchtet werden.
 

Pro Heilssicherheit

Die biblischen Belege, die die Heilssicherheit stützen, sind gewichtig. Vor allem das Johannesevangelium bietet eine Reihe von klaren Hinweisen. Wer durch die Botschaft Jesu an Gott glaubt, dem wird die ewige Trennung von Gott erspart (Johannes 5,24). Wer an Jesus glaubt, hat das ewige Leben und geht nicht verloren – nicht irgendwann, sondern schon jetzt (Johannes 3,16). Das bestätigt auch Johannes 6,47: „Wer glaubt, der hat das ewige Leben“ (s.a. Johannes 6,40).

Es ist der Wille Gottes, dass niemand von denen, die Jesus angenommen haben, verloren gehen (Johannes 6,39). Vielmehr wird Jesus sie am Jüngsten Tag auferwecken. Niemand kann sie aus der Hand Jesu reißen (Johannes 10,27-30).

Im ersten Johannesbrief bestätigt Johannes diese Hinweise: Wer Jesus hat, der hat das ewige Leben. Dessen kann man sich sicher sein (1. Johannes 5,11-13). Aber auch Paulus überschlägt sich in Gedanken, die auf eine Heilssicherheit hinweisen. Zum Beispiel in Römer 8. Hier beschreibt er, dass keine Macht der sichtbaren und unsichtbaren Welt Christen von der Liebe Gottes trennen kann (Römer 8,38-39).

Wer sich an Jesus hält, hat keine Verurteilung mehr von Gott zu erwarten (Römer 8,1). Auch unsere Taten scheinen zweitrangig zu sein. Denn wenn „sind wir untreu, so bleibt er doch treu; denn er kann sich selbst nicht verleugnen“ (2. Timotheus 2,13). Bereits die Rettung geschieht also allein aus Gnade, das Bleiben in der Gnade ebenso.

Gott wird die gute Sache, die er in den Gläubigen angefangen hat, auch zu einem guten Ende bringen (Philipper 1,6). Gott beschützt und bewahrt die Rettung der Glaubenden (1. Petrus 1,5).
 

Kontra Heilssicherheit

Wie schon angedeutet, bleibt das Bild aber nicht so klar. Denn so lange das Ende der Zeit und damit das Endgericht noch nicht gekommen sind, scheint das Heil durchaus in Gefahr zu stehen. Mehrere Autoren der Bibel warnen vor einer falschen Sicherheit. Auch weisen einige Stellen in der Bibel darauf hin, dass ein Nachfolger Jesu am Glauben festhalten muss, um letztlich gerettet zu sein. Gott beschützt Christen durch ihren Glauben – nicht ohne ihn.

Deshalb spricht Jesus davon, dass derjenige gerettet werden wird, der bis zum Ende durchhält (Matthäus 10,22) – eine Warnung, unter Verfolgung nicht vom Glauben abzufallen. Es scheint auch für Nachfolger Jesu ein „zu spät“ zu geben (Matthäus 25,1-13), also kein automatisches Bestehen im Glauben. Jesus spricht offen davon, dass am Ende der Zeit einige vom Glauben abfallen werden und der gerettet werden wird, der bis zum Ende durchhält (Matthäus 24,9- 13).

Paulus ruft die Kolosser auf, nicht von der Hoffnung des Evangeliums abzuweichen (Kolosser 1,22-23) und sich nicht in einer Sicherheit zu wiegen, da die Gefahr besteht, zu fallen (1. Korinther 10,12). Die Galater warnt Paulus davor, aus der Gnade zu fallen (Galater 5,4). Johannes spricht in der Offenbarung von der Möglichkeit, aus dem Buch des Lebens getilgt zu werden (Offenbarung 3,5). Wer treu bis zum Ende ist, erhält die Krone des Lebens (Offenbarung 2,10).

Gerade der Hebräerbrief wirft einige Fragen auf. Nur wer die Zuversicht vom Anfang bis zum Ende festhält, hat an Christus Anteil (Hebräer 3,14). Wer abgefallen ist, hat keine Möglichkeit mehr zur Buße (Hebräer 6,4-8). Wer als Christ weiterhin mutwillig sündigt, für den gibt es keine Rettung mehr (Hebräer 10,26-31). Nur derjenige, der der Heiligung nachjagt, wird den Herrn sehen (Hebräer 12,14) – ähnlich Philipper 2,12.

Allein schon die Verwendung des Begriffs „Abfall“ gibt zu denken. Er beschreibt ein eigenwilliges Wegbewegen von Gott (Hebräer 3,12). Es geht also um die Loslösung von Gott, nachdem man erfahren hat, wie sich Gott einem zugewandt hat. Es kommt zum Abfall vom Glauben, womit das Gegenteil der Bekehrung gemeint ist. Von dieser Möglichkeit spricht Jesus (s.o., Matthäus 24,9-13) aber auch Paulus (1. Timotheus 4,11. Timotheus 5,15). Wer Christus letztlich verleugnet, den wird auch Christus verleugnen (2. Timotheus 2,12).
 

Offene Fragen

Beide Ansichten haben also gute Argumente vorzuweisen. Sie scheinen sich grundlegend zu widersprechen. Und beide Ansichten haben ihre Schwächen.

Ist das Heil unverlierbar, ist es letztlich egal, wie ich als Christ handle. Ein Automatismus scheint dann der Fall zu sein: Einmal gerettet, immer gerettet. Die Fahrkarte in den Himmel ist sicher. Es macht in Bezug auf das Heil dann keinen Unterschied, ob ich mit ganzem Herzen versuche, nach Gottes Willen zu leben und mich verändern zu lassen oder ob ich so lebe wie zuvor – oder schlimmer. Lediglich meine Belohnung im Himmel steht dann auf dem Spiel, wie Vertreter dieser Meinung einräumen.

Doch passt diese Haltung zur Gesamtaussage der Bibel? Wozu dann die sehr ernsten Warnungen vor falscher Lehre, einem unpassenden Lebensstil und dem Abfall vom Glauben? Wozu überhaupt Heiligung?

Ist das Heil verlierbar, wird mein Handeln wieder ein zentrales Element meiner Rettung. Damit ich gerettet werde, ist also plötzlich mein Glaube nicht mehr ausreichend. Ich muss dann in meinem Glauben bestehen, wach bleiben, ausharren, daran festhalten etc.

Bloß: Gerade darauf, dass der Glaube rettet, legt Paulus besonderen Wert. Und ist nicht selbst der Glaube letztlich ein Geschenk von Gott? Kann ich ihn überhaupt selbst festhalten? Reicht Glaube also nicht aus, um vor Gott zu bestehen und sind meine Werke heilsnotwendig?
 

Eine scheinbare Lösung

Eine weitverbreitete scheinbare Lösung ist die Unterteilung in „wahre“ Christen und Menschen, die nur so tun, als seien sie Christen. Auf die Frage nach der Heilsgewissheit bedeutet das: Wer durchhält bis zum Ende, erweist sich als wahrer Christ und sein Glaube wurde von Gott bewahrt. Wer nicht bis zum Ende durchhält, war einfach kein wirklicher Christ.

So praktikabel diese Lösung zuerst erscheint: Eine Antwort auf die Frage nach der Heilsgewissheit gibt sie nicht. Denn wer kann schon für sich garantieren, dass sein Glaube bis zum Ende durchhält? Und selbst wenn wir davon ausgehen, dass nicht ich, sondern Gott für meinen Glauben garantiert: Gibt es nicht genügend Beispiele hingegebener Christen, die z.B. nach einem Schicksalsschlag gefallen sind und sich von Gott abgekehrt haben? Einfach zu behaupten, sie wären gar keine Christen gewesen, ist etwas einfach und äußerst lieblos.
 

Versuch einer Lösung

Die persönliche Rettung hat sowohl für Jesus als auch für die Autoren des Neuen Testamentes schon begonnen. Gleichzeitig ist sie noch nicht abgeschlossen – wir sind ja noch nicht im Himmel. Ähnlich dem Reich Gottes steht das Heil in einem „Schon jetzt“ und „noch nicht“. Zum Heilsindikativ („Du bist gerettet.“ Römer 6,1ff.) gesellt sich immer der Heilsimperativ („Deine Taten zeigen, dass du gerettet bist.“ Römer 6,11ff.)

Rettung geschieht außerdem allein durch die Gnade Gottes. Dazu kann ich als Christ nichts hinzufügen. Und mein Versagen kann dem nichts anhaben. Fordern die neutestamentlichen Autoren zur Heiligung in Verbindung mit dem Heil auf, wissen sie, dass Gott beides vollbringt: Das Wollen und Vollbringen dieser Heiligung. Als Christ bin ich in allem abhängig von Gott. Hinzu kommt der starke Gedanke der Vorherbestimmung: Gott hat die Gläubigen schon von Anbeginn der Zeit an zur Rettung vorherbestimmt. Deshalb kann er mit Sicherheit davon sprechen, dass dieser Glaube sein Ziel erreichen wird (2. Thessalonicher 2,13-141. Thessalonicher 5,9).

Trotzdem scheint es, dass der Glaubende selbst die Vollendung der Rettung durch Unglauben und Sünde behindern kann. Sicher, selbst angesichts der Möglichkeit, aus der Gnade zu fallen (Galater 5,2-4) stellt Paulus noch die Treue Gottes in den Vordergrund (Galater 5,10). Diese Betonung zieht sich durch fast alle seine Briefe, im gesamten Neuen Testament finden sich neben den Warnungen oft die Zusagen der Zuversicht. Dennoch sind die Warnungen dringend und die Gefahr anscheinend real.

Eine automatische, selbstverständliche Heilssicherheit, die sich mit einem Bekenntnis zu Jesus Christus einstellt und völlig losgelöst vom persönlichen Handeln selbst den Abfall vom Glauben unbeschadet übersteht, scheint es biblisch gesehen nicht zu geben. Glaube wird nirgends in der Bibel losgelöst von den entsprechenden Taten gesehen. Ein Glaube ohne Werke ist tot (Jakobus 2,14). Und die völlige, bewusste und willentliche Entfremdung von der Frohen Botschaft durch Ungehorsam und Unglauben kann das Heil in Gefahr bringen und seine Vollendung in Frage stellen. Trotzdem bleibt die hoffnungsvolle Betonung darauf, dass Gott das Heil vollenden wird.

Heilsgewissheit, also die innere Überzeugung, gerettet zu sein, kann es trotzdem geben. Sie wird durch den Glauben und im Heiligen Geist geschenkt. Sie besteht im Vertrauen darauf, dass Gott durch seine Allmacht mein persönliches Heil zur Vollendung führen wird. Wer in Verbindung zu Jesus bleibt – mit allem Scheitern und allen Zweifeln – muss sich keinerlei Sorge um sein Heil machen.
 

Und jetzt?

Nicht jeder Christ ist sich immer seiner Rettung gewiss. Gerade wenn Schuld, Versagen und Zweifel ins Spiel kommen, kann man schnell unsicher werden. Was kann ich dann tun?

Erstens tut es gut, seine Zweifel und Ängste, was die Rettung angeht, mit einem erfahrenen Seelsorger oder Pastor durchzusprechen. Es tut gut, Ängste auszusprechen und von einer anderen Person Mut zugesprochen zu bekommen – aber auch korrigiert zu werden.

Das beinhaltet zweitens, sich über das eigene Gottesbild im Klaren zu werden. Ist Gott für mich ein eher strafender oder liebender Gott? Welches Gottesbild bekomme ich Sonntag für Sonntag in meiner Gemeinde geboten? Mein Gottesbild hat einen entscheidenden Einfluss auf meine Heilsgewissheit.

Drittens kann ich durch ein Gespräch mit einem Seelsorger oder in der persönlichen Reflexion über meine eigene Persönlichkeit im Klaren werden. Bin ich eher eine vorsichtige, unsichere, ängstliche Person? Oder strotze ich nur so vor Selbstsicherheit? Beides wird Auswirkungen auf meine Heilsgewissheit haben. Diesen ganz menschlichen Hintergründen muss ich mir bewusst sein.

Die entscheidende Frage für das persönliche Nachdenken ist aber: Bin ich in erster Linie auf die Rettung aus und vertraue theoretisch darauf, was Jesus für mich getan hat und was die Bibel sagt? Dann bin ich bei der statischen Heilssicherheit, die sich als abstrakte Sicherheit eher negativ auf die Beziehung zu Jesus auswirkt.

Oder aber bin ich in erster Linie an einer tiefen Beziehung zu Jesus interessiert und komme durch seinen Geist zu einer inneren Gewissheit? Will ich also „etwas“ (das Heil) oder will ich „ihn“ (Jesus)? Wer Jesus will, ihn sucht und ihm nachfolgt, also eine offene, ehrliche, lebendige Beziehung zu ihm lebt, kann sich seines Heils sicher sein.

 Joachim Bär

Joachim Bär

  |  Unit Leader erf.de / Antenne

Koordiniert die übergreifenden Themen der redaktionellen Angebote des ERF. Er ist Theologe und Redakteur, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Workshops zum Thema: