/ Wort zum Tag
Verwirrt
Detlef Garbers über Jesaja 29,14.
Ich will auch hinfort mit diesem Volk wunderlich umgehen, aufs Wunderlichste und Seltsamste, dass die Weisheit seiner Weisen vergehe.
Haben Sie schon einmal von dem verbotenen Kapitel der hebräischen Bibel gehört? Damit ist das 53. Kapitel des Prophetenbuches Jesaja gemeint. Wie kam es dazu, dass dieser Abschnitt aus dem jüdischen Synagogengottesdienst herausgenommen wurde?
Nun, in Jesaja 53 wird von dem kommenden Messias als dem leidenden Messias gesprochen. Das Wort Messias bedeutet „Gesalbter“. Und wenn ein Jude das Wort Messias hört, dann denkt er sofort an den gesalbten König. Es heißt u.a. in Jesaja über den Messias: Er wird viele Völker in Staunen versetzen, dass auch Könige ihren Mund vor ihm zuhalten. (vgl. Jesaja 52,15)
Und der Prophet Jesaja fragt: „Wer glaubt dem, was uns verkündet wurde?“ Jesaja malt den Zuhörern einen leidenden Messias vor Augen, wenn er sagt. „Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet. Er trug unsre Krankheit. Er lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer üblen Taten willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“ (vgl. Jesaja 531-5)
Soweit die Worte aus dem Propheten Jesaja. Siebenhundert Jahre später haben sich in der Person Jesus von Nazareth diese Worte erfüllt. Als Jesus am Kreuz starb, starb der von Gott gesalbte König. Er starb für die Sünde der Welt.
Doch die Botschaft eines Messias am Kreuz war und ist für die meisten Juden bis heute anstößig. Steht doch in der Thora der Satz: „Verflucht ist, wer am Holz hängt. (5.Mose 21,22; Gal3,13)“. Paulus schreibt an die Korinther, dass den Juden die Botschaft vom gekreuzigten Messias ein Ärgernis ist. Und er greift dann als Begründung einen Vers auf, der ebenfalls von dem Propheten Jesaja stammt. Dort ist im 29. Kapitel Folgendes zu hören: Gott spricht: „Ich will auch hinfort mit diesem Volk wunderlich umgehen, aufs Wunderlichste und Seltsamste, dass die Weisheit seiner Weisen vergehe.“ (Jesaja 29,14)
Und weil Petrus, Paulus und die nachfolgende Gemeinde Jesus als den Gekreuzigten und den Messias verkündeten, wurde dieser Text aus Jesaja 53 nach und nach aus dem Synagogengottesdienst entfernt. Das klingt seltsam - aber Juden wollten verhindern, dass ein Bezug zwischen Jesus und dem leidenden Messias anhand des Propheten Jesaja erkennbar wird. So liegt eine Decke der Unkenntnis über vielen Juden seit 2000 Jahren. Sie halten Jesus für einen Christen. Aber nicht für einen Juden und schon gar nicht für den Messias.
„Doch über Israel hängt keine Decke mehr, sondern nur noch ein Schleier.“ So drückte es vor kurzem ein messianischer Jude aus. Mit diesem Hinweis wollte er darauf aufmerksam machen, dass eine stark wachsende Zahl von Juden Jesus als den Messias erkennen. Ein messianischer Jude ist ein Jude, der, so wie Paulus, an Jesus Christus als den von Gott gesandten Messias und Retter glaubt.
Christus ist übrigens das griechische Wort für Messias. Lesen Sie doch heute einmal in Ruhe Jesaja 53. Jesus Christus hat für die Juden gelitten und auch für Sie und für mich. Für uns alle ist er in den Tod gegangen, damit wir ewig leben können. Beten Sie doch heute besonders dafür, dass Juden auf diese Botschaft von dem leidenden Messias aufmerksam werden und gerettet werden.
Ihr Kommentar
Kommentare (3)
Sie sollten sich besser bilden. Jesaja 53 war nie Teil der Haftara und wurde nie gelesen. 80% des Tanachs ist nicht Teil der Haftara. Der Leitgedanke der Haftara ist den Menschen Hoffnung zu machen … mehrauf eine bessere Zukunft. Das macht Jesaja 53 nicht, also nicht so ausdrücklich. Es geht dort um Leiden und Qual und deshalb wurde der Text nicht unter die Haftarot aufgenommen. Und mit Jesus hat dies wirkklich nicht zu tun. Lesen Sie einmal das Orginal in Hebräisch und nicht eine billige Übersetzung.
Das "verbotene Kapitel" ist eine interessante Information, die ich bisher nicht kannte. Allerdings ist es nicht so, dass die Juden den leidenden Gottesknecht nicht kennen: Das Volk der Juden hat … mehrsich immer wieder s e l b e r als leidenden Gottesknecht verstanden.
Eine Deutung auf Jesus ist für Christen sicherlich naheliegend und wird ja auch im NT vorgezeichnet (Joh. 1,29.36 u.a.). Allerdings finde ich es zu einfach, wenn das Christentum auf Erlösung durch das stellvertretende Leiden Jesu und die Sündenvergebung reduziert wird. Leiden, vor allem für die Brüder, ist ein Auftrag an alle Gläubigen. Erlösung durch Leiden / Mitleiden gehört also nicht nur dogmatisch, sondern auch ethisch zum Christentum. Von daher ist die traditionelle jüdische Deutung von Jes. 53 auf für uns Christen interessant, wenngleich weniger im Blick auf ein Volk als im Blick auf das (gläubige) Individuum.
Jesaja 53 ist in der Tat ein Kapitel, das immer wieder gelesen und beachtet gehört - danke für die Erinnerung, Herr Garbers.
Es gibt freilich nicht nur in der Hebräischen Bibel "verbotene Kapitel". … mehrWenn ich daran denke, dass sich die Synode der EKD aus- und nachdrücklich gegen "Judenmission" ausspricht, scheint Apostelgeschichte 2 für diese auch so ein "verbotenes Kapitel" zu sein.