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/ Wort zum Tag

Opium fürs Volk?

Roland Krause über Lukas 6,20.

Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer.

Lukas 6,20

„Selig seid ihr Armen, denn das Reich Gottes ist euer“ – unser empfindsam gewordenes soziales Gewissen gerät vor diesem Wort Jesu in Verlegenheit. Ist das Opium fürs Volk? Wird die Beseitigung des Elends vertagt auf eine ferne, himmlische Zukunft? O ja, Spötter haben die Seligpreisungen Jesu auch mit Hohn und Verachtung kommentiert.

„Selig seid ihr Armen, denn das Reich Gottes ist euer“ – es ist ein Armer, der hier die Armen preist. Einer der arm und unbehaust durchs Land zieht. Es ist ein wandernder Rabbi, der auf Almosen angewiesen ist. Einer, dessen Leben auf erniedrigende, schändliche Weise endet. Einer, der sich über Armut nichts vormacht: „Arme habt ihr allezeit bei euch.“, hat Jesus an anderer Stelle gesagt  Und er hat recht: selbst bei uns, in der besten aller bisherigen sozialen Welten, findet sich vielfache Armut.

Was die Seligpreisungen anbieten ist Hoffnung, Zukunft, das Reich Gottes. Auf Hoffnung, auf Zukunft, auf das Reich Gottes, darauf wird unser Grundbedürfnis nach ausgleichender Gerechtigkeit verwiesen. Denn das ist es doch, was wir gerne hätten: Wir wünschen uns einen Hinweis darauf, dass sich die Dinge nicht erst in der Zukunft ändern werden, sondern schon hier und jetzt.

Doch die Seligpreisungen enthalten sehr viel mehr Aussagen über das Jetzt, als wir auf den ersten Blick entdecken. Diese Aussagen über das Jetzt sind unbequem. Den Armen wird das Reich Gottes zugesagt: „das Reich Gottes ist euer“. Nicht: es wird euer sein, nicht erst am Ende der Zeiten. Es ist tatsächlich präsentisch, gegenwärtig gemeint. Das entnehmen wir einem anderen Wort Jesu Christi: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch.“

Aber wenn die Herstellung der vollständigen Gerechtigkeit, der Zustände, wie sie sein sollten, wenn all das erst in so ferner Zukunft geschehen wird, worin besteht dann das Reich Gottes und diese seine Gegenwart? Die Indizien für die Zugehörigkeit zum Reich Gottes jetzt sind unbequem: „Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und euch ausstoßen … um des Menschensohnes willen. Freut euch an jenem Tage und tanzt; denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel.“ Die Leser des Lukas-Evangeliums damals verstanden das wohl sehr gut – sie erlebten gerade die Ausstoßung der Christen aus der Synagoge.

Und wir, wir Hörer heute – wie hören und verstehen wir dieses Wort Jesu: „Selig seid ihr Armen, denn das Reich Gottes ist euer“? Wir können und sollten es so verstehen: Das Reich Gottes jetzt bringt für uns auch anderes als nur Frieden und Herrlichkeit. Denn der, der uns dieses Reich verkündet, hat es versehen mit seinem Kreuz, hat ihm das Kreuz eingeprägt. Das vom Kreuz geprägte Reich bedeutet auch Leiden und Anstößigkeit – nach innen und außen.

„Selig seid ihr Armen, denn das Reich Gottes ist euer“ – mit diesem Wissen können wir leben im Reich Gottes, das oft auch geprägt ist vom Kreuz. So können wir beten mit Worten aus Psalm 140: „Ich weiß, dass der HERR des Elenden Sache führen und den Armen Recht schaffen wird.“

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