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/ Wort zum Tag

Memento mori

Jutta Schierholz über Psalm 39,5.

HERR, lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss.

Psalm 39,5

„Memento mori“. „Bedenke, dass du sterben musst“, sagten manche Mönche im Mittelalter zueinander. Sie erinnerten sich ständig gegenseitig daran, dass alles, was sie sind und tun, vergänglich ist. Der Gedanke an den eigenen Tod sollte sie davor bewahren, überheblich zu werden und im Leben die falschen Prioritäten zu setzen. Die Mönche strebten danach, bescheiden zu sein und ihr Leben und alle Dinge darin nicht für selbstverständlich zu nehmen. Denn viele Klöster waren damals dem Reichtum und allerlei Lastern verfallen. Sie hatten aus dem Blick verloren, das alles, was sie besaßen, ein Geschenk von Gott war. So, wie jeder Tag im Leben jedes Menschen ein Geschenk ist, unverdient, reine Gnade.

Das war schon damals im Mittelalter kein neuer Gedanke. Er findet sich schon hier in der Bibel, bei David, in Psalm 39. In Vers 5 heißt es hier: „Herr, lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss.“

Es ist kein besonders beliebter Gedanke, der Gedanke an den eigenen Tod. Im Moment ist er mir auch noch ziemlich fern, ich bin noch nicht alt, ich bin gesund – soviel ich weiß – um mich herum tobt das Leben, ich habe noch viel vor. Und dennoch … Weiß ich, wie viel Zeit ich noch habe? Es könnte schon morgen vorbei sein.

In den letzten Jahren habe ich mehrmals erlebt, dass in meinem weiteren Umfeld Menschen ungefähr in meinem Alter plötzlich, einfach so, gestorben sind. An irgendeiner unerkannten Krankheit oder durch einen Unfall. Plötzlich waren diese Menschen nicht mehr da. Und ich war fürchterlich erschrocken. Da drängt es sich mit Macht ins Bewusstsein: Das Leben kann morgen schon zu Ende sein.

Memento Mori, Jutta Schierholz. Was heißt das jetzt für mich, die ich noch am Leben bin? Heißt das, dass ich in diesem Leben möglichst schnell noch alles mitnehmen muss, was die Welt hier zu bieten hat? Möglichst viele Länder bereisen, möglichst viele Erfahrungen noch machen, möglichst wenig verpassen, bevor das Leben zu Ende ist?

Wenn es so wäre, dass mit dem Tod alles zu Ende ist, dann würde ich vielleicht so denken. Aber als Christin weiß ich, dass der Tod nicht das Ende ist. Er ist eher – wie es hier im Vers heißt – das Ziel. Die große Ziellinie zwischen diesem und dem nächsten Leben. In diesem Ziel wird es nicht darum gehen, was ich alles erlebt, gesehen oder gekauft habe. Sondern eher darum, was ich mit dem, was Gott mir im Leben geschenkt hat, gemacht habe. Hinterlasse ich eine Schneise der Verwüstung – oder bleibt von mir etwas zurück, was in anderen Menschen heilsame Spuren hinterlässt?

Heute ist wieder ein Tag, den Gott mir schenkt. Ob morgen noch so einer kommt, weiß ich noch nicht. Aber heute habe ich wieder einmal mehr die Möglichkeit, ein gutes Leben zu führen, richtige Entscheidungen zu treffen, etwas zu bewirken, was Spuren hinterlässt. Vielleicht macht mich gerade der Gedanke an den Tod ja erst so richtig lebendig.

Memento Mori. Die alten Mönche haben damals in ihrer Kirche Gewaltiges in Bewegung gesetzt. All der Prunk, das Geld und die Macht der Kirchenleute wurden mit diesem Gedanken bedeutungslos. Es geschah eine große Umwandlung der Kirche, eine geistliche Erneuerung. Auch die Kirche wurde neu lebendig.

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Kommentare (1)

G. W. /

danke für diese lebensnahen und -bejahenden Gedanken