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Gewissensfreiheit in der Praxis

Hans-Georg Filker über Apostelgeschichte 5,29

Dass Religion Ärger bringt, erfahren wir in unseren Tagen immer wieder einmal. Ich möchte Sie mit hineinnehmen in eine hitzige Debatte. Störung der öffentlichen Ordnung durch Petrus und seine Freunde. Was machen sie genau? Sie stören keinen Gottesdienst lautstark mit Trillerpfeifen. Sie wenden keine körperliche und keine psychische Gewalt an. Sie reden öffentlich im Tempel vom gekreuzigten und auferstandenen Jesus. Was die Zuhörer teilweise interessiert, teilweise belustigt – wer kann denn von den Toten auferstehen – reizt die politisch und religiös  zuständigen Stellen zur Weißglut. Und sie haben guten Grund dazu. Schließlich war dieser Jesus doch von ihnen zum Schweigen gebracht worden. Damit sollte das Problem seiner angemaßten religiösen Autorität doch behoben sein. Und nun das. Ernsthaft behaupten Petrus und seine Freunde, Gott – Gott! – habe Jesus, den Gekreuzigten, von den Toten auferweckt. Was für eine Vorstellung! Und was für eine Unruhe damit erzeugt wird. Die Anweisung war so klar wie nutzlos: „Hört auf, von Jesus zu reden“. Gott redet in der Heiligen Schrift. Die legen wir aus. „Genau“, sagt Petrus, „das hat Jesus gesagt: Forscht in der Schrift, sie ist die von mir Zeugnis abgibt“. „Schluss jetzt. Wir erwarten gehorsam gegen unsere Anweisungen.“

Jetzt wird Petrus prinzipiell. Er beruft sich nicht auf eine religiöse Gewissensfreiheit. Als von ihm Gehorsam verlangt wird, stimmt er zu, nur anders als ihm bedeutet worden ist: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Auch wenn es unter Umständen Ärger gibt, Verfolgung, Leiden.

Viele Christen erfahren das in unseren Tagen weltweit. „Hört auf, von Jesus zu reden“. Diese Aufforderung ist oft mit Einschüchterungen, Drohungen, Sanktionen verbunden.

Das wirft Fragen auf. Was ist an Jesus so gefährlich, bedrohlich, dass man meint, hier helfe nur Gewalt? Warum provoziert das Reden von und Verweisen auf Jesus so oft merkwürdige Reaktionen?

Übrigens nicht nur in Ländern ohne christliche Tradition. Ich lade Sie ein, einmal einen Praxistest zu machen. Reden Sie mal öffentlich von Jesus im Alltag. Bitte ohne Pathos in der Stimme, ohne stillen Vorwurf, einfach: „Was denken Sie, würde Jesus dazu sagen?“

Das ist schon manchmal in der Familie schwierig. Oft genug gibt’s einen schnodderigen oder süffisanten Kommentar.  „Bin ich Jesus?“ Eben nicht!

Aber wir haben doch Vorstellungen, die wir an den Geschichten, die von und mit Jesus berichtet werden, überprüfen können. Woher kommt die Häme, das verlegene Grinsen, der Spott, die Sprachlosigkeit bis hin zu richtig aggressiven Reaktionen? Was hat Jesus den Leuten getan?

Damit wir uns recht verstehen. Ich denke, seine Leute, also ich und vielleicht auch Sie, haben eine Menge Mist verzapft und viel - viel zu viel -  Anlass gegeben, dass sich Leute  über Christen und das Christentum mit Recht ärgern. Aber Jesus?

Das hat Petrus begriffen: In Jesus kommt Gott selbst zu uns, sehr konkret. Und damit wird die sorgfältig geteilte, ja getrennte Welt des Religiösen und des Weltlichen durcheinander gebracht.

Wenn aus dem richtigen „Sonntagsglaube“ ein praktizierter Alltagsglaube wird, gibt es manchmal Konflikte, über die man sich nur wundert.

„Ihren Idealismus lassen Sie mal in der Kirche“ wird mir gesagt, wenn ich darauf hinweise, das zum Beispiel Geflüchtete auch Menschen sind, deren Würde wir zu achten und deren Aussehen wir nicht zu reglementieren haben. Dass „Penner“ ein Anrecht auf eine anständige Behandlung haben. Dass die Nächstenliebe nicht an Parteigrenzen gebunden ist. Und auch nicht an nationale Grenzen. Dass Ordnung  nicht das letzte Wort hat, sondern Liebe. Hier lohnt es sich noch einmal neu das Neue Testament zu studieren. Damals wie heute: wie haben sich die Leute über Jesus aufgeregt.

Und manchmal haben seine eigenen Leute sehr wenig von seiner Botschaft, von seinem Leben begriffen, weil die Einschüchterung des „so machen wir das eben hier“ so stark zu sein schien. Doch es gibt auch die, die sich nicht mundtot machen lassen. Ich glaube das Beste für uns alle wäre, ein wenig  mehr Mut zu fassen, um mit Takt und wahrhaftig davon zu reden, dass in Jesus unsere Zukunft, die Zukunft Gottes schon angefangen hat. Heute können wir Schritte dahin gehen.

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