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/ Wort zum Tag

Gabe und Aufgabe

Bernhard Heyl über Jesaja 61,1.2

Der HERR hat mich gesandt, zu verkündigen ein gnädiges Jahr des HERRN und einen Tag der Rache unsres Gottes.

Jesaja 61,1.2

Unser heutiges Bibelwort klingt ein wenig ambivalent – widersprüchlich – vielleicht auch, weil es sehr stark verkürzt und aus dem Zusammenhang herausgelöst worden ist. Im vollen Wortlaut ist da nämlich zu lesen: Der Geist Gottes des Herrn ist auf mir, weil der Herr mich gesalbt hat (zum Messias gemacht). Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit und den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen; zu verkündigen ein gnädiges Jahr des Herrn  und einen Tag der Vergeltung unseres Gottes, zu trösten alle Trauernden.

Also wen hat der Herr gesandt? Wer hat die Aufgabe und Vollmacht, so zu sprechen und zu handeln?

Im Lukasevangelium Kapitel 4 lesen wir, wie Jesus in der Synagoge von Nazareth die Thoralesung vornimmt und just diese Stelle aus Jesaja 61 aufschlägt. Es heißt dort: „Da wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben steht (Jes. 61,1-2): Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat und gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu predigen den Gefangenen, dass sei frei sein sollen und die Zerschlagenen zu entlassen in die Freiheit und zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn. Und wenig später sagt er weiter zu den Versammelten: Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren!“

Es ist also der Messias, der Gesalbte, der in unserem heutigen Bibelwort prophetisch von seiner Sendung spricht.  Einer Sendung zu den Elenden, den zerbrochenen Herzen, den Gefangenen und Gebundenen.  Als Johannes der Täufer aus dem Gefängnis heraus Jesus fragen lässt, ob er denn der Messias sei, erhält er die Antwort: „Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, und Armen wird das Evangelium gepredigt“. (Matt. 11,5) Das sind die Zeichen der messianischen Zeit! Johannes sollte diese Verbindung erkennen und seine Zweifel überwinden. Doch zurück zu Jesaja. Hier dürfte die babylonische Gefangenschaft des Volkes Israel im Hintergrund stehen. Gottes Eingreifen zur Befreiung der Gefangenen, zum Gericht über die Feinde seines Volkes, ja, die Verheißung eines Gnadenjahres deuten sehr darauf hin. Mit Gnadenjahr ist höchstwahrscheinlich das „Jubeljahr“ gemeint, das in der Geschichte des alttestamentlichen Israel jedes 50igste Jahr markieren sollte. In diesem Jahr der „Freilassung“ sollten die ursprünglichen Besitzverhältnisse des auf Freiheit, Gerechtigkeit, Familienbesitz angelegten Volkes Israel wiederhergestellt werden. Verlorener oder verpfändeter Besitz oder Schuldknechtschaft musste zurückgegeben bzw. aufgehoben werden. Ein Neuanfang in Freiheit sollte jedermann ermöglicht werden.

Das hieß für die Zeit Jesajas, dass Gott die Israeliten zurück ins Land bringen wird, dass sie – wie es in Vers 4 heißt:  „… die alten Trümmer wieder aufbauen … und die verwüsteten Städte erneuern …“.

Als Jesus in der Synagoge von Kapernaum genau diesen Text für sich und seine Sendung in Anspruch nimmt, beginnt das eigentliche „gnädige Jahr des Herrn“. Die Zeit der Gnade, in der jeder, der an Jesus glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat. Dazu wurde er gesandt, diese frohe Nachricht von Erlösung und Freiheit in die Welt zu bringen. Und damit sind wir bei uns heute, bei Ihnen und mir. Diese Botschaft ist Gabe und Aufgabe zugleich – in Wort und Tat. Wir empfangen und geben weiter. Auch uns gilt der Auftrag, so lange noch Zeit und Möglichkeit besteht,  in den Fußtapfen unseres Herrn   den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit und den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen; zu verkündigen ein gnädiges Jahr des Herrn  und einen Tag der Vergeltung unseres Gottes, zu trösten alle Trauernden.

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