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/ Wort zum Tag

Enttäuschte Liebe

Martin Knapmeyer über Hosea 11,3.

Ich hatte Ephraim laufen gelehrt und sie auf meine Arme genommen. Aber sie merkten nicht, dass ich sie heilte.

Hosea 11,3

Er schüttelte den Kopf. Er war ratlos: „Ich habe mir doch so viel Mühe gegeben mit meinem Sohn! Ich habe ihm das Laufen beigebracht – ich erinnere mich noch gut daran, wie er seine ersten Schritte machte. Ich ging neben ihm, habe ihn ermutigt und ihn an der Hand gehalten. Ja, es ist richtig: Ich hatte schon Vorstellungen, was gut für ihn ist. Ich wollte doch, dass sein Leben gelingt, dass er einen guten Weg findet. Alles, was er dazu brauchte, habe ich ihm gegeben: innige Liebe - wie eine Mutter habe ich ihn an meine Wange gedrückt (Hosea 11,4b); klare Regeln, an denen er sich orientieren konnte, die ihn aber nicht überforderten (Hosea 11,4a).

Was hätte man als Vater noch für sein Kind tun können, das ich nicht getan hätte? Doch er scheint alles vergessen zu haben, was ich ihm mitgegeben habe. Er folgt ganz anderen Idealen und Idolen. Damit kann er nur auf die Nase fallen! Warum sieht er das denn nicht?“

Wer ist dieser Vater, der in seiner Erziehung gescheitert ist? – Es ist Gott selbst. Hosea, der Prophet, sieht ihn so. Der Sohn, den Gott erzogen hat – damit meint Hosea das Volk im damaligen Staat Israel – er nennt Israel oft „Efraim“ nach einem seiner Stämme. Efraim rennt anderen Göttern wie dem Baal nach. Die Enttäuschung Gottes darüber hören wir im Buch Hosea, Kapitel 11, Vers 3: „Ich war es, der Efraim das Laufen beibrachte. Ich habe das Volk an die Hand genommen. Doch sie wollten von meiner Fürsorge nichts wissen.“ (Hosea 11,3, BasisBibel)

Der Prophet fragt uns bis heute: Erkennst du dich wieder in dem Kind, das auf Abwege gerät und ganz woanders seinen Halt sucht als bei Gott? Lässt du dich anrühren von Gottes Klage und Trauer darüber?

Mir geht es so: Anders als die Israeliten damals verehre ich zwar keine Götter wie Baal. Ich möchte auf Gott vertrauen und ihm folgen. Doch im Alltag geschieht es unversehens, dass mir anderes wichtiger wird als mein Gott: dass ich zum Beispiel viel mehr Wert lege auf die Anerkennung bei anderen Menschen und ihr nachlaufe und mich abrackere, um sie zu erringen.

Oder dass ich mein Selbstbewusstsein auf meine eigene Leistung baue. Etwas leisten ist gut. Für gute Taten anerkannt werden ist auch gut. Aber davon abhängig sein ist problematisch. Dann ist mein Herz spätestens dann leer oder zerknirscht, wenn ich merke: Ich genüge meinen eigenen Ansprüchen nicht. Ich bin gerade nicht beliebt bei anderen.

Solche Abhängigkeit ist so, wie wenn ich anderen Göttern nachliefe. Es ist, als ob ich vergessen hätte, dass Gott mir zugesagt hat: „Ich habe ich dich doch angenommen als mein Kind. Mein Sohn Jesus hat dafür gesorgt, dass auch du mein Kind bist. Du gehörst zu mir, auch wenn du schwach bist. Ich halte zu dir, auch wenn andere auf dich herabschauen.“

Hosea lässt mich erkennen: Gott sehnt sich nach mir. Darum leidet er darunter, wenn die Verbindung abreißt.

Enttäuschte Liebe kann zornig machen – wenig später spricht Hosea auch vom Zorn Gottes auf seinen abtrünnigen Sohn. Aber der Zorn Gottes ist nur die Kehrseite seiner Liebe. In Gottes Herzen kämpfen die beiden gegeneinander: Zorn und Liebe (Hosea 11,8). Und die Liebe ist stärker. Sie setzt sich durch (Hosea 11,9). Weil Gott ein guter Vater ist, der seine Kinder einfach nicht im Stich lassen kann. Auf diese Liebe kann ich mich verlassen. Sie gibt mir einen Halt, den ich nirgends sonst finde.

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