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/ Wort zum Tag

Egal, was ist: Komm nach Hause!

Jürgen Werth über Lukas 15,20.

Als der Sohn noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.

Lukas 15,20

Keine Frage, es ist für mich die anrührendste Geschichte des Neuen Testaments. In keiner anderen Geschichte wird so nüchtern und gleichzeitig anschaulich erzählt, wie wir Menschen sind und wie Gott, der gute Vater im Himmel ist.

Einer hat sich aus dem Staub gemacht. Weg von Gott und Vater und Vaterland. Hat sich seinen Anteil am Erbe ausbezahlen lassen und damit zum Ausdruck gebracht: Ich wünschte, Vater, du wärest jetzt schon tot. Schlimmer gehts nimmer. Das ist ein Abschied ohne Wiederkehr. Das Tischtuch ist für alle Zeit zerrissen.

Das Erbe ist schnell durchgebracht. In der Fremde, weit weg vom Zuhause und von allem, was zu Hause gegolten hat. Plötzlich hat er nichts mehr. Buchstäblich nichts. Und keiner hilft ihm. Zum Glück findet er Arbeit als Schweinehirt - auch das zeigt, wie weit weg von Zuhause er ist - in der jüdischen Welt hält man keine Schweine, sie gelten als unreine Tiere.

Er hat kaum genug zum Essen. Geschweige denn zum Leben. Das Leben hat er zurückgelassen in der Heimat. Allmählich dämmert ihm das. Und im stinkenden Schweinedreck fasst er einen Entschluss: Der Sohn meines Vaters bin ich nicht mehr. Als Sohn kann ich nicht zurückkommen. Aber vielleicht gibt’s Arbeit für mich auf dem Hof. Ohne Tarifvertrag, klar. Als Tagelöhner vielleicht. Das wird zwar eine riesengroße Demütigung - aber schlimmer als das Leben hier kann das auch nicht sein.

Und er macht sich auf den Weg. Wird hundertmal überlegen, was er sagen kann. Und kommt dem heimischen Hof immer näher.

Was ist da inzwischen passiert? Der Vater hat seinen Sohn ziehen lassen, ja. Er hat Ländereien verkauft, um ihm das Geld zu geben, das er verlangt hat, ja. Es hat ihm das Herz zerrissen, dass der Sohn weg ist. Aber - er hat nie aufgehört ihn zu lieben. Er hat nie aufgehört zu warten. „Als der Sohn noch weit entfernt war“, erzählt die Geschichte, „sah ihn sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.“ Der alte Vater legt seine Hände um den verdreckten und verdorbenen Sohn und sagt: Du bist ab sofort wieder mein Sohn. Denn eigentlich hast du nie aufgehört, mein Sohn zu sein.

Moment mal! Bitte nicht so schnell! Kann das sein? Kann es das geben? Nein, das kann nicht sein, das gibt es auch nicht, so etwas passiert nicht! Die Nachbarn des Vaters damals werden so reagiert haben. Die Zuhörer von Jesus, der die Geschichte erzählt hat, genauso. Ist das Tischtuch einmal zerrissen, kann es nicht wieder zusammengenäht werden. Aus und vorbei!

Ja, so ist das bei euch, will Jesus sagen. So ist das bei den Menschen. Aber so ist das nicht bei Gott. Bei ihm kann man neu anfangen. Immer wieder. Ohne Vorstrafen. Gott ist bereit, seine Menschen neu aufzunehmen und anzunehmen, zu vergeben. Gott feiert ein Fest für jeden, der zurückkommt. Selbst wenn er zuvor Gottes Tod gewünscht hat, selbst wenn er von den Schweinen kommt.

Gott sagt das, was der Vater eines guten Freundes von mir einmal in seiner wilden Phase so zu ihm gesagt hat: „Egal, was ist, komm nach Hause!“

Mancher hat diese Geschichte das Evangelium im Evangelium genannt. Das ist wohl eine treffende Beschreibung. Und auch wenn ich sie hundertmal gelesen und gehört habe, und auch wenn ich schon oft über diese Geschichte geschrieben und gepredigt habe - ich will sie heute wieder neu hören. Ich will neu hören, wie mein Vater sagt: „Egal, was ist: Komm nach Hause!“ Und ich komme, kehre von allen kleinen und großen Abwegen und Irrwegen meines Lebens um und lasse mich zurückfallen in die starken und zärtlichen Arme meines Vaters. Er nimmt mich auf. Mich. Und, ob Sie’s glauben oder nicht, Sie!

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Kommentare (9)

Gertrud-Linde W. /

Danke lieber Jürgen Werth, daß auch Sie weiter mitwirken beim erf.

Bettina /

Der Jürgen Werth fand ich schon immer gut und er ist immer noch sehr gut. Ich bin auch ein großer Fan von ihm.

Ulrich H. /

Eine gute Kurz - Andacht, vielen Dank! Ich lese die "Worte zum Tag" sehr regelmäßig und ich finde, die Worte anderer Kommentatoren sind genauso gehaltvoll und erbauend und weit entefernt von "Allerweltswarheiten". Danke!

Ronald S. /

Danke für Ihre warmen Worte. Die Geschichte von dem verlorenen Sohn lese ich immer wieder gern. Aber Sie haben diese mit Ihrer Stimme ein neues Gewicht gegeben. Danke

Ruth N. /

Was für eine Liebe.....wow

Marion /

Ja, ich bin froh wieder aufgenommen zu werden. Eine Mutter, würde immer wieder ihre Tochter aufnehmen. Genau wie Gott. Danke

Günther D. /

»Ich will sie heute wieder neu hören!«
Ich habe sie heute wieder neu gehört. Ganz neu. Es ist meine Geschichte.
Danke, lieber Jürgen-

Anastasia /

Sehr anrührend!
Lebendig erzählt!
Wunderbar!
Endlich mal wieder eine gehaltvolle Andacht hier beim ERF ohne Allerweltsweisheiten und banalem Alltagseinerlei!
Gern mehr davon!

Leole /

Endlich mal was Frisches und FastNeues -nichts von UnGehorsam
Danke